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Eine Tagung zum deutsch-deutschen Verhältnis von Kunst und Kunstkritik

Kunst/Kritik in Ost und West

eine deutsch-deutsche Geschichte

Historische und gegenwärtige Differenzen und Besonderheiten von ost- und westdeutscher Kunstgeschichte seit 1945 stehen im Mittelpunkt einer Tagung in Dresden. Die deutsche Sektion des Internationalen Kunstkritikerverbandes AICA lädt gemeinsam mit den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden (SKD) zu einer vom Institut für Soziologie der Technischen Universität Dresden organisierten Debatte über diese Themen am 24. und 25. Juni 2022 in das Dresdner Albertinum ein.

 

Freitag, 24. Juni 2022 – 16.00 Uhr bis 19.00 Uhr

Samstag, 25. Juni 2022 – 11.00 Uhr bis 18.00 Uhr

 

Aktuell rückt vor dem Hintergrund des russischen Überfalls auf die Ukraine in Dresden auch die Problematik des kulturellen Dialogs zwischen Ost und West verstärkt in den Blickpunkt. Werden die neu erforschten grenzüberschreitenden „kulturellen Territorien“ nun durch die kriegerischen Entwicklungen und die damit einhergehenden geopolitischen Veränderungen wieder verstärkt zu Nationalismen führen? Vor diesem Hintergrund erscheint die programmatische Fragestellung der diesjährigen AICA Tagung von besonderer Relevanz. Denn auch in der Kunst wie in der Kunstkritik spiegeln sich solche national-politischen Parameter. Dies betrifft ebenso die AICA und ihre Historie.


Die Kunstexperten und Kunstexpertinnen beschäftigen sich auf der Dresdener Tagung gut 30 Jahre nach der deutschen Wiedervereinigung daher mit der unterschiedlichen Rolle von Kunst und Kunstkritik in den ehemals beiden deutschen Staaten. Eingeschlossen ist dabei die Frage der nicht erfolgten pauschalen Aufnahme der AICA-Mitglieder aus der DDR in einen gesamtdeutschen Kunstkritikerverband. Unterstützt wird das öffentliche Treffen von der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb). Die Übertragung der Vorträge und Diskussionen per Live-Stream ist ebenso vorgesehen wie die Dokumentation auf YouTube.

Zur kostenlosen Tagung ist eine Anmeldung bis spätestens zum 20. Juni 2022 unter https://dud-poll.inf.tu-dresden.de/AICA-Dresden2022/

Das Tagungsprogramm zum Herunterladen.


Bewusst gewählt wurde das Albertinum als Veranstaltungsort für die öffentlichen Vorträge und Diskussionen, weil hier in den Jahren 2017/18 der „Dresdner Bilderstreit“ als späte und politisch aufgeladene Fortsetzung des bereits 1990 einsetzenden deutsch-deutschen Bilderstreits ausgetragen wurde. Der Kultursoziologe Prof. Karl-Siegbert Rehberg (TU Dresden) wird zum Auftakt des Treffens zeigen, dass die deutsch-deutschen Kunstkontroversen weit über das Fachpublikum hinaus in den neuen Bundesländern auf starke Resonanz stießen. Daher ist dieser Streit als stellvertretender Diskurs über die schwierigen Aspekte der Wiedervereinigung einzuschätzen.


Hierzu wollen auch die SKD-Generaldirektorin Marion Ackermann sowie die Albertinum-Direktorin Hilke Wagner sprechen. „Es geht uns um ein Verständnis der Andersartigkeit unserer jeweiligen Erfahrungen“, betont die Präsidentin der deutschen AICA, Danièle Perrier: „Und es geht um eine Anerkennung, dass gerade diese Diversität einen Reichtum darstellen kann.“
Die damaligen Entscheidungen, AICA-Mitglieder aus der DDR nicht pauschal in die neue gesamtdeutsche AICA aufzunehmen, sollen im Lichte heutiger Bewertungen der Wiedervereinigung diskutiert werden. Ergebnisse ihrer Archivarbeit mit AICA-Dokumenten der „Wende-Zeit“ zu diesem Thema präsentiert die Kunsthistorikerin und Autorin Isa Bickmann in Dresden.
Neben dem Kunstwissenschaftler Wolfgang Ullrich referiert auch der Berliner Kunsthistoriker Eckhard Gillen, Experte für die Kunst Ostdeutschlands in der Nachkriegszeit, über den Umgang mit westlicher und östlicher Moderne nach 1990; er plädiert „für eine ungeteilte Annahme des künstlerischen Erbes“.


Bei der Bewertung und Einordnung der zwischen 1949 und 1991 in Ostdeutschland entstandenen Kunst können „die Betrachtung transnationaler Peripherien, genderbasierte Analysen und intersektionale Kritik“ geeignet sein, einen isolierten "Sonderforschungsbereich DDR" zu vermeiden, erklärt die Kunsthistorikerin Susanne Altmann (Dresden), die das Thema im Gespräch mit weiteren Expertinnen bei der AICA-Tagung diskutiert. Bislang werde die Kunst Ostdeutschlands meist im Abgleich mit westlichen, speziell westdeutschen Phänomen oder nach bereits etablierten Kategorien beurteilt.
Ein kurzfristig organisiertes Tagungsthema widmet sich den gravierenden Konsequenzen des russischen Einmarsches in die Ukraine für den kulturellen Diskurs zwischen Ost und West. Gefragt wird danach, ob die Bemühungen gescheitert sind, die mittel- und osteuropäischen Kulturen nicht mehr nach den geopolitischen Maßstäben des Kalten Krieges zu beurteilen, sondern sie vielmehr als transnationale, kulturelle Territorien zu verstehen. Der Kunsttheoretiker und Kritiker Carsten Probst diskutiert mit Experten Versäumnisse und Perspektiven des Kulturaustausches in schwierigster Zeit.


Zur deutschen AICA-Sektion zählen mehr als 200 Autoren, Kritiker, Journalisten und Publizisten. In der internationalen AICA, einer von der UNESCO anerkannten Nicht-Regierungsorganisation (NGO), sind weltweit in 95 Ländern über 5000 Mitglieder organisiert. Der Zweck des in Deutschland 1951 gegründeten Vereins ist die Förderung von Kultur und Bildung sowie der Kunstkritik und der Schutz von Presse- und Meinungsfreiheit.

AICA Deutschland: www.aica.de

 

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