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#arthistoCast Folge 12: Digitalität und Kunstgeschichte – ein Theorie- und Metagespräch über aktuelle Debatten

Die digitale Kunstgeschichte ist nun kein neues Phänomen mehr. Publikationsformate haben sich etabliert, Forschungsschwerpunkte gebildet und es wurden die ersten (Junior-) Professuren besetzt. Und trotzdem scheinen sich die Kritikpunkte oder die Debatten an und über die Digitale Kunstgeschichte immer wieder um dieselben Themen zu drehen. Wie lässt sich da vernünftig miteinander reden, ohne dass man aneinander vorbeiredet?

In dieser Folge spricht Jacqueline Klusik-Eckert mit Katrin Glinka und Kilian Heck über die tiefgreifenden Veränderungen und aktuellen Debatten, die digitale Technologien in der Kunstgeschichte hervorgerufen haben. Dabei diskutieren die Gäste die unterschiedlichen Ebenen der Digitalität in der Kunstgeschichte: vom Scannen der Werke bis hin zu konkreten Anwendungen computationeller Verfahren eröffnet sich ein breites Spektrum. Es zeigt sich einmal mehr, wie vielschichtig die Perspektiven auf das Digitale sind. 


Es wird betont, dass viele in der Kunstgeschichte digitale Technologien noch immer auf die Digitalisierung von Material reduzieren. Die Potentiale digitaler Methoden werden dabei kaum gesehen oder vorschnell abgeurteilt. Unterstützungssysteme im Bereich Information Retrieval, die zu einer steigenden Zugänglichkeit und Auffindbarkeit von Forschungsmaterial sorgen, werden unreflektiert angenommen. Dagegen werden unter vorgehaltender Hand empirisch-statistische Verfahren als intransparent und verflachend abgeurteilt. Einig ist man sich hingegen wieder, wenn es um das Einsatzgebiet Provenienzforschung geht.

Doch diese scheinbare Transparenz von etablierten Wissensspeichern muss hinsichtlich der historisch belasteten Beschreibungskategorien hinterfragt werden. Gleiches gilt für die Beschaffenheit der aktuell genutzten technischen Lösungen wie beispielsweise Sammlungsdatenbanken, die aktuell nicht vollumfänglich eine Vielfalt an Interpretationen und die Koexistenz von Widersprüchen ermöglichen.
Hinzu kommt noch, dass sich Kunstgeschichtlerinnen und Kunstgeschichtler mit einer zunehmenden Komplexität und Vielfalt von Bildmaterial konfrontiert sehen. Das verlangt eine Anpassung der etablierten Analysemethoden und den Mut, sich außerhalb der traditionellen Komfortzonen zu bewegen. Es wird dafür plädiert, auch Fehler zu akzeptieren und tradierte, vorurteilsbehaftete Wissenssysteme kritisch zu reflektieren. Die Diskussion unterstreicht zudem die Bedeutung einer bildwissenschaftlichen Kompetenz und die anhaltende Notwendigkeit, die Fähigkeiten im Umgang mit modernen, auch KI-generierten Bildern zu schärfen. Schließlich wird auf die Rolle digitaler Technologien bei der Sicherung von Kulturerbe eingegangen, was die Relevanz und Dringlichkeit einer fortlaufenden Anpassung und Erweiterung der kunstgeschichtlichen Methoden und Curricula unterstreicht.
 

Abschließend wird die Herausforderung der Förderung innovativer Projekte, die digitale Technologien nutzen, thematisiert. Es wird kritisiert, dass solche Projekte oft aufgrund mangelnder Förderlinien oder fehlendem Verständnis für digitale Ansätze abgelehnt werden. Trotz der Potenziale dieser Forschungsansätze bleibt die Akzeptanz und Integration in die klassische Kunstgeschichte eine Herausforderung. Ob dies auch einer (unbegründeten) Sorge um die eigene Daseinsberechtigung herrührt, muss unbeantwortet bleiben. Es ist im Gespräch jedoch deutlich geworden, dass gerade die Koexistenz klassischer und digitaler Methoden notwendig ist. Denn am Ende haben wir als Wissenschaftlerinnen und Wissenschafler doch das gleiche Ziel: Wissen schaffen.

 

Dr. des. Katrin Glinka ist Kulturwissenschaftlerin und aktuell Head of HCC Data Lab an der Freien Universität Berlin bei der Forschungsgruppe Human-Centered Computing (HCC)

In ihrer Dissertation »Festgeschrieben« - Kulturtechnische Manifestationen musealer Sammlungsordnungenund transformative Effekte digitaler Technologien. widmet sie sich den Wissensräumen unserer Sammlungen.

​​Prof. Dr. Kilian Heck ist Kunsthistoriker und hat den Lehrstuhl für Kunstgeschichte an der Universität Greifswald inne. Seine Forschungsschwerpunkte liegen in der europäischen Kunstgeschichte vom 16. bis ins 21. Jahrhundert, auf der Kunst nach 1800, insbesondere den Erscheinungen der Romantik im europäischen und transdisziplinären Vergleich.

 

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