Der Erste Vorsitzende und die Repräsentantin der Berufsgruppe Hochschulen und Forschungsinstitute im Vorstand des Verbandes Deutscher Kunsthistoriker e.V. haben am 16.01.2017 einen Brief an den Präsidenten der Universität Osnabrück zur Kunstgeschichte an der dortigen Universität geschickt. Wir hoffen, damit zu einer sachlichen und konstruktiven Lösung beitragen zu können.
An den
Präsidenten der Universität Osnabrück
Herrn Prof. Dr. Wolfgang Lücke
Neuer Graben / Schloss
49074 Osnabrück
Datum: 16.01.2017
Magnifizenz, sehr geehrter Herr Kollege Lücke,
mit Sorge beobachten wir die Debatte um die Schließung des Kunsthistorischen Instituts an der Universität Osnabrück.
Wir sind uns bewusst, dass jede verantwortungsvolle Hochschulleitung gegenwärtig die mittelfristigen Perspektiven und Herausforderungen nicht nur der eigenen Hochschule, sondern des gesamten Hochschulsystems in den Blick nehmen muss. Dazu zählen strategische Planungen, die Ressourcen und Profilbildung weit über das Tagesgeschäft hinaus bedenken und gestalten. Gerade vor dieser Folie allerdings ist – und deshalb erlauben wir uns einen nachdrücklichen Appell – kunsthistorische Expertise an der Universität Osnabrück unverzichtbar. So zählt die Hochschule zu den niedersächsischen Standorten für Lehrerbildung im Fach Kunst. Hier gehört das fachwissenschaftliche Studium der Kunstgeschichte gleichermaßen zum Standard einer seriösen Ausbildung wie zu den Voraussetzungen, um die curricularen Anforderungen im schulischen Unterricht erfüllen zu können. Diese Lehrveranstaltungen und Prüfungsverpflichtungen können aber nur von Kolleginnen und Kollegen verantwortet werden, die eine Venia Legendi für Kunstgeschichte besitzen oder anders formuliert: selbst in der Kunstgeschichte forschend tätig sind.
Auch andere Studiengänge des Fachbereichs Kultur- und Sozialwissenschaften an Ihrer Universität sollten nicht ohne kunsthistorische Anteile auskommen; im Falle des Master-Studienganges „Kunst und Kommunikation“ wäre ein Schwerpunkt Kulturelles Erbe/Heritage Education in hohem Maße zeitgemäß. Eine hier eingebundene Professur würde es auch erlauben, die wichtigen Forschungen zur Kunstgeschichte Niedersachsens fortzuschreiben – und hier sind insbesondere auch Forschungen zu den Bildkünsten des Mittelalters zu nennen, für die Osnabrück ein renommierter Standort ist.
Kaum vorstellen kann man sich weiterhin eine zeitgemäße Frühneuzeitforschung (Stichwort: „Materielle Kultur“), die die Denkmalüberlieferung nicht forschend einbezieht. Zukunftsweisend wäre es schließlich, die Fragen des Kulturellen Erbes (Stichworte: Überlieferung und Zerstörung; Welterbe vs. Bilderstürme; Kulturelle Identität und Zugehörigkeit) in die Fragen „Demokratie und Friedensforschung“ sowie „Migration“ profiliert einzubeziehen.
Wir appellieren daher an Sie, mit der Zukunft der kunsthistorischen Professuren an Ihrer Universität verantwortungsvoll umzugehen und empfehlen nachdrücklich, diese Situation – gerade auch vor den genannten Zukunftsaufgaben in Forschung und Lehre – in einer hierfür zu berufenen Kommission mit externen Experten zu beraten.
Mit vorzüglicher Hochachtung
Prof. Dr. Kilian Heck
(Erster Vorsitzender)
Prof. Dr. Barbara Welzel
(Repräsentantin der Berufsgruppe Hochschulen und Forschungsinstitute)
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