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Interaktive Museen

Ein Trend? nach oben

Bei dem Begriff "Interaktivität" werden Sie an das Digitale denken. Und es würde mich nicht wundern, wenn die Tendenz, den Besucher und die Besucherin aktiv ins Ausstellungswesen einzubeziehen, vom Web 2.0 mit angeregt worden ist. Aber gemeint ist ein ganz realer Trend, der aus kulturhistorischen Museen schon länger bekannt ist, zuletzt (?) aber verstärkt auch in die Kunstmuseen einzieht. Zwei aktuelle Beispiele: 

In der Ausstellung "afritecture" (genialer Titel !) werden Tendenzen der modernen afrikanischen Architektur gezeigt, die mit bescheidenen Mitteln öffentliche Architektur für eine arme Bevölkerung schafft. Entscheidend dabei: Die Bevölkerung wird in die architektonische Planung in der einen oder anderen Form mit eingebunden. Dieser Kollektivmechanismus
(Untertitel der Ausstellung: Bauen mit der Gemeinschaft, nicht etwas Bauen in der Gemeinschaft), der auf so erfreuliche Art Abstand nimmt vom Stararchitektentum der zeitgenössischen westlichen Baupraxis, scheint von den Münchener Ausstellungsmachern in die Konzeption der Ausstellung mit hineingenommen worden zu sein: Besucher werden aufgefordert, auf einer Art post-its Kommentare abzugeben, die dann in der Nähe der Schautafeln befestigt werden. Die Möglichkeit wird reichlich genutzt. Am Schluss der kleinen Ausstellung kann man sogar einen gefilmten Kommentar abgeben, der dann den anderen Besuchern gezeigt wird.

In der Kölner Ausstellung "Geheimnisse der Maler" (zur Kölner Malerei des Spätmittelalters) finden sich immer wieder Schilder "Bitte berühren". Dass dies im Museum eine ungewöhnliche Aufforderung ist, merkt man daran, dass Besucher dazu neigen, eben dieses Schild zu berühren. Gemeint ist aber, dass Sie bei den Ausstellungsstücken richtig zugreifen sollen. Ein Punziereisen in die Hand nehmen und auf Metall klopfen. Die unterschiedlichen Holzqualitäten prüfen, die von den spätmittelalterlichen Malern als Bildträger verwendet wurden. Auf einem touchscreen stilkritische Vergleiche unternehmen. Wenn es in der Theorie des interaktiven Museums immer wieder heißt, dass Interessierte sich heute nicht mehr mit der linearen Belehrung zufriedengeben, sondern selber mittun wollen, dann scheint diese Einsicht auch bei den Machern zumindestens dieser beiden Ausstellungen angekommen zu sein. 

 

 

 

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