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Piratenpartei

Die Diskussionen um die soeben abgeschlossene Europawahl kreisen um das blamable Abschneiden der SPD. Dabei ist die eigentliche Sensation anderswo zu lokalisieren: In Schweden hat die Piratenpartei 7 % der Stimmen auf sich vereinigen können, in der Bundesrepublik immerhin 1 %. Für eine Partei , die gerade mal 3 Jahre existiert, ist das bemerkenswert. Gerade weil sie technologiefreundlich ist, fordert sie die Transparenz von Datenerhebungen ein und propagiert das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Sie strebt zudem eine Reformierung des Urheberrechtes im Sinne des öffentlichen Interesses an. Und sie kämpft gegen undurchschaubare Machtstrukturen im Sinne einer Demokratisierung des öffentlichen Lebens. Kurz: Die Piratenpartie setzt das Projekt der Aufklärung gegen alle Defätisten durch, die darin einen Triumph der Entmenschlichung erblicken.

 

Was hat das mit der Kunstgeschichte zu tun? Eine Menge! Wer im Bereich der Kunst des 20. Jahrhunderts arbeitet, weiss, wie schwierig (und teuer) es ist, geeignetes Abbildungsmaterial zu veröffentlichen. Durch den urheberrechtlichen Schutz von Werken, die von Künstlern und Künstlerinnen stammen, die vor weniger als 70 Jahren gestorben sind,   wird praktisch die gesamte Kunstgeschichtsschreibung des 20. Jahrhunderts erheblich behindert. Eine Reduktion dieser Sperrfrist - wie sie von der Piratenpartie gefordert wird - würde die Nutzungsrechte des Künstlers (oder besser: seiner/ihrer Erben) beschränken, aber das Recht der Gemeinschaft auf die Nutzung eines Erbes, das vom Kontext genauso abhängt wie vom persönlichen Genie, entschieden befördern

 

Die Linke sollte vielleicht mal darüber nachdenken, die Schlachten der Vergangenheit ad acta zu legen und ihr Interesse auf einen Bereich zu verlegen, der ihr gewöhnlich suspekt ist - also den der elektronischen Medien im allgemeinen und den des Internets im besonderen.

4 Kommentar(e)

  • Georg Hohmann
    18.07.2009 21:42

    Geschafft!

    "Die Piratenpartei darf bei der Bundestagswahl am 27. September antreten. Der Bundeswahlausschuss billigte ihr laut dpa am Freitag den Status einer Partei zu, damit steht den Piraten der Weg zu einer Kandidatur offen."

    http://www.heise.de/newsticker/Piratenpartei-darf-bei-Bundestagswahl-antreten--/meldung/142142

  • Georg Hohmann
    26.06.2009 13:09

    Es sollte noch darauf hingewiesen werden, dass die hiesigen Landeslisten der Piratenpartei nur dann an der Bundestagswahl teilnehmen können, wenn sie genügend Unterstützerunterschriften gesammelt haben. Hier gibt es mehr Informationen und die notwendigen Formulare:
    http://ich.waehlepiraten.de/

  • Matthias Weiß
    19.06.2009 13:01

    Warum die Linke? Ohne große Lobby-Faselei: Die Bündnisgrünen setzen sich seit einiger Zeit aktiv für die informationelle Selbstbestimmung ein. Allerdings ist gegen Zensursula und Co. kein Kraut gewachsen. Ich halte es vielmehr für zwingend erforderlich, eine Lobby-Gruppe aus CCC, Attac, Freiheitsredner etc plus Parteigängern und Abgeordneten zu bilden. Wir Kunsthistoriker/Geisteswiss. müssten dabei mal schauen, wo man andocken kann (inkl. institutioneller Vertretung!), also das Feld nicht nur von den Tekkies wie Pirates beackern lassen.

  • Boomel
    17.06.2009 20:17

    aus der Warte hab ich das noch garnicht betrachtet. Danke für deine Schlussfolgerungen!

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