blog.arthistoricum.net

Keine Nackedeis auf dem iPhone und was Apple sonst noch zensiert

Es klingt unglaublich, ist aber leider wahr: Apple verändert das Eigentum seiner Kunden. Wie DIE ZEIT in der Ausgabe vom 14. Juni 2012 berichtet, ist es bei Apple üblich, anstößige Texte in Musikstücken durch Kratzgeräusche zu ersetzen. Das betrifft nicht nur Titel, die über iTunes heruntergeladen wurden, sondern auch Musik von Drittanbietern oder selbst überspielte CDs, die der Anwender auf sein iPhone geladen hat. Das alles geschieht mit Hilfe des Dienstes iTunes Match, der sämtliche Musikdateien des Kunden auf allen dessen Endgeräten synchronisiert.

 

Doch damit nicht genug: Der James-Joyce-Comic Ulisses Seen musste von seinem Schöpfer Rob Berry geändert werden, weil Apple die Darstellung einer nackten gezeichneten Figur missfiel.

 

Auch die App zur aktuellen Ausstellung "Frauen. Pablo Picasso, Max Beckmann, Willem De Kooning" in der Pinakothek der Moderne in München war für Apple ein Problem. Erst nachdem Beckmanns Bild der nackten Schlafenden aus der Vorschau entfernt und die App mit einem Warnhinweis versehen wurde, erhielt sie die Genehmigung des Computerherstellers.

 

Dieses Zensur-Gebaren halte ich für höchst bedenklich und folgendes Szenario in Zukunft für möglich: Bei Anwendungen von Museen, die ihre Audioguides auf die modischen iPhones umgestellt haben, werden – schwupps – alle Bilder und Texte zu Gemälden mit Nackten entfernt. Einfach so. Oder das: ARTigo lässt sich nur noch eingeschränkt auf dem iPad spielen, weil Akt-Darstellungen herausgefiltert werden oder noch besser, dank bildbasierter Ähnlichkeitssuche werden entsprechende Bereiche im Bild mit einem schwarzen Balken versehen (was dann zu noch mehr Taggings von "schwarz" führen würde).

 

Da hilft nur geballter Protest der Kunden oder die Überlegung, ob es beim nächsten Kauf unbedingt ein Apple sein muss. Allerdings verwässert der kulthafte Status dieser Geräte den Kunden (noch) den Blick.

1 Kommentar(e)

  • Hubertus Kohle
    20.06.2012 06:37

    Anstatt zweifelhafte Appelle gegen open access zu veröffentlichen, sollte das deutsche Pressewesen seine Macht mal lieber dafür einsetzen, solche skandalösen Praktiken anzuprangern. Orwells "1984" kommt, wenn auch nicht so, wie dieser sich das vorgestellt hat!

Kommentar

Kontakt

Kommentar

Absenden