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Kreativität mit eBook-Geschäftsmodellen verunmöglicht

Zu Recht wird immer wieder die Forderung erhoben, Verlage mögen sich angesichts der Umbrüche im Kauf- und Leseverhalten der Kunden zeitgemäße Geschäftsmodelle einfallen lassen. Nun hatte ein Berliner Verlag eine höchst kreative und nach eigenen Angaben umittelbar erfolgreiche Idee: Er wurde umgehend anwaltlich zurückgepfiffen. Der Vorwurf: Ein eBook kostenlos anzubieten und dem Leser die Entscheidung zu überlassen ob und wie viel er zahlen will verstoße gegen die Buchpreisbindung. Auf Twitter ist die Unterstützung für den Verlag groß, Anwälte bieten ihre Hilfe an. Man darf gespannt sein.

5 Kommentar(e)

  • Dr. Klaus Graf
    16.02.2012 12:27

    Wer würde durch den Wegfall am meisten profitieren? Große Ramschanbieter, und die mittelständisch geprägte Buchhandelsstruktur sowie kleinere Verlage würden gefährdet. Das ist auf den ersten Blick nachvollziehbar.

    Aber wendet man sich den wissenschaftlichen Publikationen zu, so dominieren hochpreisige Produkte. Die wissenschaftlichen Verlage sind "Apotheken", die sich so statte Pfründen sichern. Wettbewerb findet nicht statt, es können sich eh nur die Bibliotheken die Bücher leisten. Auch die Bücher der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft, die eine höchst unrühmliche Position beim Streit um Google Books eingenommen hat, sind überwiegend sehr teuer. Und das ist meines Wissens der einzige wissenschaftliche "Buchclub". Im Wissenschaftsbereich profitieren die Urheber bekanntlich am wenigsten von den Buchabsätzen, es sei denn, sie liefern massentaugliche Ware. Open Access ist daher auch für Bücher naheliegend.

    Im vorliegenden Fall erscheint mir jedoch die Buchpreisbindung ein evidentes Innovationshindernis.

  • Warum gibt es eigentlich in Deutschland die Buchpreisbindung? Ich meine nicht die offizielle Erklärung - weil die auf "Schutz der Vielfalt" lautet, was mit dem oben geschilderten Verbot nicht gerade in Einklang zu bringen ist -, sondern die nicht offizielle. Was oder wen soll oder sollte einst die Buchpreisbindung schützen?

  • Lilian Landes
    16.02.2012 11:09

    Ja, ich stimme Ihnen vollkommen zu: Im Rückblick betrachtet werden wir diese Interventionen als letztes Aufbäumen einer Lobby betrachten, die sich nicht mehr darüber hinwegtäuschen kann, dass die Luft stetig dünner wird. Die Gefahr aber, dass wir ohnehin so netzskeptischen Deutschen (man denke an google streetview und unzählige andere Beispiele) uns ans Ende der Innovationsbewegung stellen, lese ich in Geschichten wie dieser hier mit. In vielen anderen europäischen Ländern gibt es keine Buchpreisbindung (z.B. Belgien, Finnland, Großbritannien, Irland, Island, Polen, Schweden, Schweiz), so dass notwendige Experimente wie dieses hier schon jetzt gelingen und auch dem Open Access Gedanken in der Wissenschaft nützen könnten.

  • Franz Hefele
    16.02.2012 10:07

    Ich finde es immer wieder interessant, wie jede Branche tapfer die Fehler der anderen wiederholt. Man hätte ja glauben können, dass die Buchbranche aus dem Debakel der Musik- und Filmindustrie gewisse Schlüsse zieht, aber die Strukturen zeigen sich hier in Teilen noch verkrusteter als dort. Freilich ist die Idee an sich gar nicht so neu, die Band Radiohead etwa hat auf diese Weise schon 2007 ihr Album "In Rainbows" veröffentlicht. Nun gut, die Entwicklung wird sich auf kurz oder lang durch derartige Querschüsse nicht aufhalten lassen.

  • Lilian Landes
    16.02.2012 08:29

    Update: Kollege Graf hat letzte Nacht auch berichtet http://archiv.twoday.net/stories/64976360/

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