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Rosen pflücken ist immer ein Risiko. Aber wer Angst vor den Dornen hat, wird sein Leben lang Tomaten ernten.

...sagte einst der Journalist Peter Hohl.

Vor kurzem war ich bei einer Auktion von Christie's zugegen, bei der 300 Objekte der "Fashion through the Ages" versteigert wurden. Dort kamen Beinkleider aus dem 18. Jahrhundert, Geldkatzen aus dem Ancien Régime, Spitzentaschentücher des Biedermeier und auch Tea Gowns des späteren 19. Jahrhunderts unter den Hammer. Mich interessierte nun, was eigentlich den Preis treibt bei dieser Form von Objekten. Ich lernte zweierlei: Zum einen - man sollte nie davor zurückschrecken, mitzubieten - es gab auch Bücher für 20 Pfund, und zweitens - das Gegenteil dessen, was ich erwartet hatte, trifft zu. Ich hätte nämlich beinahe gelangweilt den Blick vom Bildschirm abgewendet, als ein Paar löcherige Pantalons aus der Zeit der französischen Revolution angeboten wurden. Materialwert ca. 18 Euro (Leinengemisch gestreift), Schnitt im Nu mithilfe von Burda nachgenäht - das Modell erinnerte stark an die Unterhosen, die man in Norddeutschland im Trachtengebrauch "Freischieters" nennt. Ein Unhold, wer so etwas denkt: Diese Hosen erzielten 22.000 Pfund. Zwei Telefonbieter sprangen sich halb an die Kehle wegen jener Beinkleider. Die Erklärung meines Sitznachbars war, es handele sich wohl um zwei städtische Museen, die die Abteilung zur Französischen Revolution erweitern wollten. Mit den Symptomen eines pavlovschen Hundes, die sich ergeben, wenn man einer Textilverliebten eine bestickte Seidenrobe aus der Zeit der Pompadour vorhält, erwartete ich den Endbetrag der genannten Seidenkreation. 1800 Pfund. Wieso? Weil das Stück nicht VON der Pompadour getragen wurde und an ihm demnach weder Blut noch illustrer Name klebte. Der Materialwert betrug allein aus heutiger Sicht in der nachgeschneiderten Version zweifellos über 8000 Euro, nicht mitgerechnet der historische Wert derart alter und intakter Seide.

Soeben lese ich folgenden Artikel in der Zeit, der mir verdeutlicht, dass meine Erfahrung aus der Textilversteigerung sich inzwischen auch bei Gemälden nachweisen lässt:

http://www.zeit.de/2011/02/Kunstmarkt

Merke: 1.) Vielleicht sollten Sie Ihre Kunstwerke wieder einmal schätzen lassen.

2.) Sollten Sie eine hässliche alte Hose beherrbergen, die Sie namentlich zuordnen können oder die erwiesenermaßen im Krieg gekämpft hat, dann entsorgen Sie sie nicht in der Altkleidersammlung. Es gibt lukrativere Lösungen.

2 Kommentar(e)

  • http://www.welt.de/debatte/henryk-m-broder/article13412551/Wie-eine-Kuenstlerin-einen-Modekonzern-besiegte.html

  • http://www.sueddeutsche.de/panorama/kleid-von-kate-middleton-versteigert-ein-ikonisches-stueck-1.1073812

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