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Denkmalpflege und Energiewende

Zwischen Kunst und Wirtschaft nach oben

Der VDK hat einen "Greifswalder Appell" veröffentlicht, in dem er die Forderung formuliert, dass beim Bau von Windkraftanlagen die Belange der Denkmalpflege berücksichtigt werden. Es steht außer Frage, dass die Energiewende grauenhafte Verschandelungen verursachen kann. Aber ist die hier gezeigte Fotomontage nicht pure Polemik? Der Umbau verzögert sich schon jetzt massiv, weil alle möglichen Spezialinteressen Berücksichtigung finden wollen. Andererseits: Wenn jeder Gartenbesitzer protestieren kann, weil ihm die Anlage zu sehr auf die Pelle rückt: Sollten dann noble Interessen wie die der Denkmalpflege nicht erst recht gehört werden? Ihre Meinung würde mich interssieren.

5 Kommentar(e)

  • Anne Fischer
    12.07.2013 10:58
    Schützen kommt von Schätzen

    Ich kann nur schützen, was ich auch schätze! Das ist einer meiner Lieblingssätze (und der ist geklaut aus einem Gesundheitspräventivprogramm gegen Aids ... ) Gilt aber genauso für Kulturschutz. Denkmalpflege beinhaltet maßgeblich die Erklärung der Nutzung. Das ist eine der Hauptaufgaben hierbei: Konzepte entwickeln und voranbringen. Da fehlts leider - gemessen an dem, was ich vor Ort, also im schönen Fürstenfeldbruck erlebe http://www.bayregio-fuerstenfeldbruck.de/nachrichten/nachricht-2.php?id=39112 oder http://www.gartenstadt-ffb.de/index.php. Es dauert alles viel zu lange, während der Zahn der Zeit seinen Lauf - gerade - an den Architekturkunstwerken nehmen kann. Für mich spielt die Frage nach dem in nächster Nähe aufgestellten Windrad dabei die geringste Rolle. Ganz ehrlich! Da gibt es doch viel wichtiger Fragen zu klären und Dinge zu tun. Die zweite Hauptaufgabe besteht also in der Vermittlung eines Bewusstsein dafür, dass es sich um einen Schatz handelt, den es zu erhalten gilt. Das setzt tatsächlich im Kindesalter an und hat wohl sehr viel mit einer Liebe zu den Dingen oder wenigstens den Personen um diese Dinge herum zu tun. Ich finde, dass die Energie, die gegen etwas verwendet und verschwendet wird besser in Energie für etwas umgewandelt werden sollte.
    Ich bin spät dran mit diesem Beitrag, wie im Denkmalschutz ...

  • Sebastian Jung
    08.05.2013 12:39
    Was bringt der Denkmalschutz eigentlich noch?

    Vielleicht ist mein Kommentar an dieser Stelle etwas fehl am Platz, aber mir scheint der Greifswalder Appell in seiner Fokussierung auf die Energiewende etwas zu kurz gefasst.

    Ein viel bedeutenderer Skandal, der leider am VDK vorbeizugehen scheint, spielt sich derzeit in Duisburg ab. Wie letzte Woche in der Zeit zu lesen war (Judith Innerhofer im Feuilleton vom 02.05.2013, leider nicht online), wird dort das historische Jugendstilviertel Bruckhausen dem Erdboden gleichgemacht. Darunter befanden sich viele "denkmalswerte" Häuser. Eine Siedlung von Max Taut aus den 1950er-Jahren soll in den nächsten Monaten folgen. Die wenigen Stimmen der Kunsthistoriker und Denkmalschützer scheinen nichts zu nützen und auch im Netz findet sich wenig formierter Widerstand. Lediglich der Blog http://bruckhausen.blogspot.de/ dokumentiert den Abriss des Stadtviertels aus der Bürgerperspektive und hält diese kulturelle Zerstörung zumindest für die Nachwelt fest.

    Dabei ist die Argumentation der Stadtplaner und Abrissfirma fadenscheinig, denn die Sanierung einzelner Objekte würde je um die eine Million Euro kosten, wie der Projektleiter der Rückbaufirma vorrechnet. Okay, das ist kein Pappenstiel. Wenn allerdings das gesamte Abrissprojekt bereits 72 Millionen kostet, wie zu lesen ist, dann ließen sich nach Adam Riese doch damit mindestens 72 Häuser sanieren oder? Die Kosten des Neubaus, sind hier noch gar nicht erwähnt.

    Duisburg und das Bundesland NRW (wie in der Diskussion zu folgendem Beitrag zu lesen ist: http://blog.arthistoricum.net/beitrag/2013/04/29/die-koelner-kunst-und-museumsbibliothek/) scheinen mir nur ein Beispiel für das hemmungslose Ignorieren der Denkmalplaketten zu sein. Auch in Leipzig wurden nicht nur in Vorbereitung auf die Fußball-WM 2006 gnadenlos denkmalgeschützte Bauten abgetragen. Die Hauptargumente seitens der Städte und Investoren sind immer wieder wirtschaftlicher Natur.

    Es bleibt die Frage, ob wir als Kunsthistoriker und Historiker aktiv gegen dieses geschichtsvergessene Wüten vorgehen können oder ob uns nur die nachträgliche Aufarbeitung und Rekonstruktion verlorener Güter bleibt?

  • Katja Kwastek
    04.04.2013 13:26
    Vortrag Gunzelmann

    ...ich habe auf der Verbandssitzung auch meine Bedenken geäußert und betont, dass gerade Kunsthistoriker zunächst einmal als vehemente Verfechter der Energiewende auftreten sollten. Denn alternative/bisherige Energieformen schaden letztlich dem kulturellen Erbe viel nachhaltiger, weil nicht reversibel (Schäden durch sauren Regen / Atomunfälle etc.). Allerdings spricht dies natürlich nicht dagegen, aesthetische Belange bei der Frage zu berücksichtigen, wo genau Windkraftanlagen positioniert werden, d. h. die Denkmalpflege einzubeziehen, anstatt solche Belange völlig außer Acht zu lassen. Der Vortrag von Dr. Gunzelmann vom Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege auf dem Kunsthistorikertag war in dieser Hinsicht übrigens äußerst differenziert - gerade auch im Hinblick auf obigen Kommentar: er begann mit holländischen Landschaftsgemälden, deren Windmühlen heute wohl kaum als störend empfunden werden dürften. Aber seine Argumentationen bzgl. Größenverhältnissen etc. waren durchaus bedenkenswert.

    • Marcello Gaeta
      08.04.2013 11:41
      Vortrag Gunzelmann online

      http://thomas-gunzelmann.net/2013/03/28/vortrag-auf-dem-kunsthistorikertag-in-greifswald.html

  • Franz Hefele
    03.04.2013 11:11
    Vielleicht ...

    ... kommt da der Futurist in mir durch, von dem ich nichts weiß; vielleicht bin ich einfach nicht Wald-und-Wiesen-Mensch genug, aber: ich finde diese Diskussion - wenigstens in der Art, wie sie zumeist geführt wird - etwas ermüdend. Jedes Mal das Gleiche: egal ob es sich nun um die klinkernen Schornsteine der Industrialisierungszeit, einen gewissen Turm, der anlässlich einer Weltausstellung errichtet wurde, die Elbphilharmonie, die zu hoch und zu mächtig sei, oder – wie eben jetzt – um Wind- (und Solar)Anlagen geht – stets gibt es einen großen Aufschrei von Natur- und Kulturschützern und großen Verteidigern des Erhabenen der Landschaft und am Ende zeigt sich: alles gar nicht so schlimm. Klar: Exzesse gehören vermieden und ich will auch nicht, dass man dem Kölner Dom ein Windrad aufpfropft, aber man muss ja nicht gleich aus allen Richtungen „Naturverschandelung“ schreien, sobald die Ebene um ein paar Senkrechte ergänzt werden soll. Abgesehen davon bin ich der Meinung, dass diese Maschinen ausgesprochen elegant und formvollendet sind. Doof nur, wenn der ein oder andere Betreiber meint, es sei eine gute Idee, sie mit einem „naturnahen“ wiesengrünen Anstrich zu verschönern ...

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