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Ausstellungskataloge

Ausstellungskataloge werden immer dicker. Manchmal hat man den Eindruck, dass sie wichtiger sind, als die Ausstellung, die sie begleiten sollen. Und auch inhaltlich frage ich mich manchmal, ob sie wirklich das Publikum bedienen wollen, für das sie eigentlich produziert werden. Nämlich in erster Linie doch wohl die Besucher/innen der jeweiligen Ausstellung. Oder ob sie eher Ersatzschauplatz für wissenschaftliche Aufsätze sind, die eigentlich in wissenschaftliche Zeitschriften gehören. Ein fast beliebig herausgegriffener Katalog ist der - schätzungsweise 3 Kilo wiegende - Begleitband zur großen David-Ausstellung, die 1989/90 im Louvre und im Schloss von Versailles stattgefunden hat. Der Katalogteil in diesem Katalog ist unbenommen Spitze und dient auch heute noch als Forschungsgrundlage. Aber die Aufsätze?! Es sind drei, dabei geht es im ersten um "David, seine Kritiker und (frühen) Verzeichnisse", im zweiten um "David als Zeichner", im dritten um "Münzen und Siegel. Zwei Aspekte des revolutionären David". Und das als einführende Abhandlungen zu dem großen Jacques Louis David und seiner Präsentation, die von locker 200.000 Besuchern frequentiert wurde!

3 Kommentar(e)

  • Ich glaube, es besteht nach wie vor das Bedürfnis nach Gegenständlichem. Um so flüchtiger und vergänglicher der Eindruck, den eine Kunstausstellung hinterlässt, umso stärker das Bedürfnis, sich an etwas festzuhalten. So wird Wissen möglichst kondensiert hineingepackt. Die Herausgeber sind überzeugt, Greifbares zu liefern, die Käufer sind ebenso davon überzeugt, Dauerhaftes erworben zu haben.

    Ich lese aber solche Texte auch nicht besonders gerne. Man weiß nie, ist es jetzt wissenschaftlich Abgesegnetes oder einfach nur kunsthistorische Literatur. Oftmals ist es keines von beiden, sondern nur so ein Dazwischen. Gute Literatur über Bilder ist es nicht und dann aber auch nicht unbedingt wissenschaftlich unbedenklich. Also kann ich in den seltensten Fällen etwas damit anfangen.

    Ich denke, es wäre getan, wenn man einfach nur Bildbeschreibungen liefern und auf diesem Weg die jeweils ausgestellte Kunst dem Betrachter oder Leser zusätzlich erschließen würde. Dann hätte man auch später noch Anhaltspunkte, um zur Kunst wieder zu zurückzukehren. Aber das Thema ist ja Tabu, das kann man nicht einmal im engsten Kreis unter Freunden besprechen, ohne ein Eklat befürchten zu müssen, geschweige denn unter Fachleuten. Bildbeschreibung gibt es nicht und wenn es sie hin und wieder gibt, dann wird darüber nicht gesprochen.

    Und gerade bei einem Künstler wie David! Allein schon seine Bilder sind für mich hermetisch abgeriegelt. Und dann auch noch die langen unverständlichen Katalogtexte... Der Fall ist für mich so gut wie erledigt, so ein Künstler ist für mich verloren, da finde ich nie Zugang dazu. Und ich bin sicher, dass ich damit nicht allein da stehe, sondern es vielen Besuchern von Ausstellung mit diesem oder mit anderen Künstlern ebenso geht.

  • Bickmann
    12.04.2012 11:06

    Mein/e Vorkommentator/in hat unbedingt recht. Hinzu kommt der Zeitdruck, der auf den Ausstellungsmachern lastet. Da ist es schwer, neben der ganzen Organisationsarbeit noch gute Texte zu schreiben. Also werden Spezialisten angeheuert, die natürlich nicht auf ihre alten Texte zurückgreifen, sondern Neuestes bringen wollen. Im Übrigen erhöht Letzteres ja auch die Verkaufszahlen der Kataloge.
    Außerdem ist eine Ausstellung nach zwei Monaten wieder abgebaut, was letztendlich bleibt, ist der Katalog.

    Ärgerlich sind solche Kataloge, die zwar schön gemacht sind, aber nicht vernünftig lektoriert wurden. Und solche, die dem aktuellen wissenschaftlichen Kenntnisstand nicht entsprechen.

    Doch es stimmt: Vieles ist überflüssig, gutes Bildmaterial würde manchmal ausreichen. Man sollte aber den gemeinen Ausstellungsbesucher auch nicht unterschätzen.

  • Ich denke, das hat auch damit zu tun, dass die Museen für die Katalogtexte renommierte Experten beauftragen. Diese wiederum, unter stetem Publikationsdruck, schreiben dann sehr spezielle Texte zu Themen, die sie gerade ohnehin bearbeiten. Mehr ist auch nicht zu leisten, denn für das Honorar, das ein Museum zahlen kann, kann man nicht viel Arbeitszeit in einen solchen Text stecken; ein Freiberufler könnte sich solch einen Auftrag in der Regel gar nicht leisten. Und die Museumskuratoren haben keine Zeit...
    Schade ist es, sicher. Und in vielen Fällen wäre das Publikum sicher glücklich und zufrieden, wenn es eine Broschüren mit den Raum- und Labeltexten sowie Abbildungen bekommen könnte; im Idealfall ergänzt durch die ausführlicheren Texte der Audioführung, so in der Ausstellung eine solche angeboten wird.

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