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Tatort Uni: "Wenn der Professor abschreibt"

Die Affäre-Guttenberg hat seiner Zeit grosse Aufregung ausgelöst. Die Frage – „Wie redlich ist die Wissenschaft?“ – geht aber weiter. Mit Bezug auf den Bundestags-Ausschuss zur Plagiats-Debatte schreibt die taz am 9.11.2011 über die dunkle Seite der Wissenschaft (vgl. auch 

Financial Times Deutschland am 10.11.2011). Die Uni Bayreuth veranstaltet am 25./26. November eine Fachtagung zum Thema „Plagiate, Wissenschaftsethik und Geistiges Eigentum“. Es geht nicht nur um Politiker und um den wissenschaftlichen Nachwuchs, sondern auch um Fragen der akademischen Redlichkeit im Allgemeinen. „Wo beginnt das wissenschaftliche Fehlverhalten? Was können wir aus den bisherigen Fällen lernen? Welche möglichen Gegenmassnahmen gibt es?“

„Wenn der Professor abschreibt“ ist der Titel eines Artikels in der Zeit über den Rechtsprofessor Volker Riebel und sein Buch: Volker Rieble: Das Wissenschaftsplagiat. Vom Versagen eines Systems, Frankfurt am Main: Vittorio Klostermann: 2010; 120 S.

Das Buch deckt eine ganze Reihe von Plagiaten auf. Der Autor untersucht mögliche Sanktionsmöglichkeiten sowie das institutionelle Versagen des Wissenschaftsbetriebes. Für die effektivste Plagiatabwehr hält er die öffentliche Diskussion, weil nur diese den Plagiator ernstlich bedrohe. Für Rieble werden die Selbstreinigungversuche der Wissenschaft versagen, weil sie bei der Aufklärung von Plagiaten die breite Aufmerksamkeit eher scheut.

Unter den verschiedenen Arten von Plagiaten ist das einfache Plagiat der klarste Fall: Texte werden im Wortlaut ohne Quellenangabe übernommen – das ist einfach geistiger Diebstahl. Dies ist durch Wortvergleiche nachweisbar. Die Grauzonen des wissenschaftlichen Fehlverhaltens sind vielleicht interessanter – die unbefugte Verwertung unter Anmassung der Autorschaft, die Ausbeutung von Forschungsansätzen und Ideen, insbesondere als Gutachter (Ideendiebstahl), die unbefugte Veröffentlichung und das unbefugte Zugänglichmachen gegenüber Dritten, solange das Werk, die Erkenntnis, die Hypothese, die Lehre oder der Forschungsansatz noch nicht veröffentlicht ist.

Mehrere Institutionen und Webseiten haben Positionen zu dieser Frage öffentlich gemacht. 

 

Links zum Thema:

 

Als Vorreiter, die Max-Planck-Gesellschaft: Verfahrensordnung bei Verdacht auf wissenschaftliches Fehlverhalten der Max-Planck-Gesellschaft  (http://www.mpg.de/229489/Verfahrensordnung.pdf)

 

Zum Umgang mit wissenschaftlichem Fehlverhalten in den Hochschulen - Empfehlung des 185. Plenums der Hochschulrektorenkonferenz vom 6. Juli 1998: http://www.hrk.de/de/beschluesse/109_422.php

 

http://www.laborjournal.de/wordpress/?category_name=wissenschaftliches-fehlverhalten

http://plagiat.htw-berlin.de/ff-alt/01definition/allesplag.html

http://www.hochschulverband.de/cms1/532.html

 

Ferner: 

http://de.wikipedia.org/wiki/Betrug_und_F%C3%A4lschung_in_der_Wissenschaft

http://de.wikipedia.org/wiki/Wissenschaftliches_Fehlverhalten

http://de.guttenplag.wikia.com/wiki/Wissenschaftliches_Fehlverhalten_(Materialsammlung)

 

2 Kommentar(e)

  • Ich verstehe nicht, wie man in den Geisteswissenschaften diese Grenzen ziehen soll? Einiges kann man sicherlich abgrenzen, aber wo wären die Humanwissenschaften heute ohne Ideentransfer? Ich plädiere ja nicht für Diebstahl, es ist mir nur ein Rätsel, wie das funktionieren soll? Das Internet kommt dann noch dazu. Ich lese jetzt rechts zum Beispiel auf dieser Seite den Titel "Die Kunst auszustellen". Das ist ja phantastisch! Das ist toll formuliert, da ist eine Idee oder mehrere sogar darin, was mache ich jetzt, wenn ich das verwenden und ausbauen will? Kunsthistoriker als Künstler, die Arbeit des Kurators als kreativer Akt, Kunst an der Kunst, Präsentationsmodelle von Kunst nicht weniger kunstvoll usw. usw. usw. Wie soll ich also verfahren? Wer hat die Urheberschaft dieses(r) Gedanken(s)? :)

  • Orkus
    15.11.2011 06:29

    Wenn es nur nicht darauf hinausliefe, dass die Ehrlichen die Dummen sind in diesem unüberschaubaren System.