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Publish first - filter later II
Ich habe hier schon mal ueber die neue Zeitschrift geschrieben, die sich dem Prinzip des "open peer reviewing" verschrieben hat. Dass das Konzept nicht ganz so verrueckt ist, wie mancher denken sollte, sieht man daran, dass es zuletzt auch an anderer Stelle realisiert wird. Allerdings sollte man ehrlich sein und auch Schwachstellen benennen. Die wichtigste duerfte darin bestehen, dass viel zu wenige Leser den Mut (oder die Lust) haben, einen eigenen Kommentar abzugeben, obwohl der natuerlich im Fall eines nachgeschalteten reviewings von ungleich hoeherer Bedeutung ist als in traditionellen Zeitschriften. Offenbar haben wir es hier doch mit einem Wandel im wissenschaftlichen Publikationswesen zu tun, der tiefgreifender ist, als ich das selber vermutet hatte. Dabei scheint mir diese Form der Veroeffentlichung im digitalen Medium eine grosse Zukunft zu besitzen. Und jeder Kommentar kann wie eine eigene Veroeffentlichung zitiert werden! Uebrigens: hier in diesem blog wird erheblich eifriger kommentiert (obwohl es auch noch mehr sein koennte)! Warum wohl? Mein Appell daher: Geben Sie sich einen Ruck! Waere es nicht ein tolles Ding, wenn ausgerechnet die Kunstgeschichte auf einmal zur Avantgarde gehoeren wuerde?
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- Ansichten: 1969
- Allgemein, digitale kunstgeschichte, Publizistik, Sonstiges
4 Kommentar(e)
@Anika Meier: Vielen Dank für den Link zum Mittelalter-Blog, dessen Kommentare viele Denkanstöße bieten.
@Hubert Kohle: zu 1: die von mir genannten Beispiele sind in diesem Sinn mit dem kunstgeschichte-ejournal natürlich nicht vergleichbar. Es handelt sich um naturwissenschaftlich ausgerichtete Blogs, z. T. von Einzelpersonen aus der Forschung, denen keine gedruckten Magazin o.ä. gegenüberstehen und damit auch kein (Open-)Peer-Reviewing. Mit diesen Beispielen ging es mir vor allem darum, auf die Bereitschaft zur Diskussion und zur öffentlichen Darstellung anspruchsvoller Themen hinzuweisen.
Das Thema wird auch an anderer Stelle diskutiert, einige der Kommentare sind sehr interessant:
http://www.inthemedievalmiddle.com/2010/08/peer-to-peer-networks-guest-post-by.html
Und auch die New York Times berichtete kürzlich:
http://www.nytimes.com/2010/08/24/arts/24peer.html?_r=3&emc=eta1
zu 1: Ich meinte die Geisteswissenschaften. Dass die Naturwissenschaften in einer anderen Liga spielen ist sowieso klar. Jetzt höre ich schon wieder: Ja, das sind die zwei Kulturen ... Quatsch! :-)
zu 2: da könnte was dran sein, obwohl man ja dagegen halten könnte, dass alle diejenigen, die in dem Journal publizieren, schon durch diese Entscheidung ihre Diskussionbereitschaft signalisieren.
Mit der Avantgarde wird das wohl nichts mehr - in naturwissenschaftlichen Blogs lässt sich eine höhere kommunikative Durchlässigkeit s. http://www.scilogs.de/ oder http://www.scienceblogs.de/ beobachten, hier werden auch anspruchsvolle Themen gerne und häufig kommentiert. Zumal die Autoren einfach originell schreiben.
Um das Web nicht nur einseitig als Publikationsmedium (auf welchem Niveau auch immer) zu nutzen, würde ich mir wünschen, dass Autoren ihre Diskussionsbereitschaft viel stärker signalisieren. Und die Zeit für Reaktionen mitbringen. Was das Kunstgeschichte E-Journal angeht, bin ich mir nicht sicher, ob das dort so einkalkuliert wird. Aus den Texten kann ich es jedenfalls nicht herauslesen. Damit wäre der Schwarze Peter vom Rezipienten an den Produzenten zurückgereicht ;-)