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Mutter und Sohn: Roberto Zapperi, Mona Lisa und Freud

Am Montag hat der renommierte Historiker Roberto Zapperi bei einem Vortrag in der Münchner Siemens-Stiftung vorgeschlagen, dass auf Leonardos Bild der „Mona Lisa“ in Paris eine gewisse Pacifica Brandani dargestellt sei. Dabei greift er eine schon seit Längerem bekannte Quelle auf, die den Auftraggeber mit Giuliano de’ Medici identifiziert. Zapperi schlägt nun vor, Giuliano habe für seinen unehelichen Sohn Ippolito, der aus der Liaison mit eben jener Pacifica Brandani hervorgegangen war, dieses Bild machen lassen. Das Bild sei auf die ständige Bitte des kleinen, vierjährigen Ippolito hin als Idealbild der Mutter entstanden. Nun fragt man sich natürlich, ob es irgendwo historisch belegt ist, dass es in der Renaissance üblich war, Mütter durch Gemälde zu ersetzen. Obwohl der Vorschlag historisch gut dokumentiert ist und einiges für sich hat, scheint mir hier doch ein gewisser Wiener Nervenarzt die Finger im Spiel zu haben, der die Gewohnheit hatte, seine Patienten durch eine ‚Talking Cure’ auf dem Sofa zu behandeln. Sigmund Freud, der ja auch ein gewisses Faible für Leonardo hatte, wäre sicherlich von Zapperis Deutung entzückt gewesen.

3 Kommentar(e)

  • qu'une larme dans l'océan...

  • keimelion
    03.11.2009 07:19

    Die Liebesgeschichte finde ich sehr romantisch. Was sie mit Papa Freud zu tun hat, verstehe ich zwar weniger, aber deshalb ist sie nicht minder zauberhaft. "Poesie besteht nicht darin, alles zu sagen, sondern über alles träumen zu machen." (Charles-Augustin Sainte-Beuve)

  • Leo Naphta
    31.10.2009 06:47

    und ein bekannter Professor der Kunstgeschichte hält es offensichtlich auch mit Freud:

    ZEIT: Die Mona Lisa wäre eine Muttersehnsucht, ähnlich wie die Marienbildnisse Leonardos?
    Bredekamp: Eine Spur konkreter, aber doch auf derselben Ebene zu betrachten.
    (das ganze Interview, siehe: http://www.zeit.de/2009/44/Interview-Mona-Lisa )