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Eine großartige Veranstaltungsreihe ging zu Ende: Warhol in Frankfurt

Am letzten Donnerstag, 17. Juli 2014, endete mit einer Podiumsdiskussion eine zweisemestrige Veranstaltungsreihe, die in vielerlei Hinsicht ein dickes Lob verdient. 15 Abendvorträge von internationalen Wissenschaftlern, Autoren und Kritikern erläuterten Aspekte des filmischen Werkes von Andy Warhol unter dem (auch ironisch zu verstehenden) Titel „Easier than Painting“. Daran schloss sich jeweils eine Filmvorführung mit restaurierten Kopien, allesamt Leihgaben aus dem Museum of Modern Art in New York, im 16-mm-Format auf der Kinoleinwand des Frankfurter Filmmuseums an. Es war eine einmalige Gelegenheit, die Filme in angemessener und guter Projektion zu sehen, denn zu oft werden sie im Ausstellungskontext auf einem Monitor in schlechter Qualität präsentiert. Die Konzentration auf die Filme erneuerte den Blick auf Warhols Schaffen, ist er doch durch die massenhafte Reproduktion von Suppendosen und Marilyns gesättigt und gelangweilt.

 

Die Reihe wurde durch eine Kooperation möglich gemacht, die schon zuvor mit einer Jean-Luc-Godard-Reihe begonnen hatte und ab dem Wintersemester 2014 mit Pasolini weitergeführt wird: die Frankfurter Kunstgeschichte mit Henning Engelke und Regine Prange, das Frankfurter Institut für Theater-, Film- und Medienwissenschaft mit Vinzenz Hediger und Marc Siegel sowie das Filmmuseum Frankfurt, namentlich Urs Spoerri, das die Leihgaben besorgte. Die Vorträge hielten u.a. Amy Taubin, Michael Diers, Brigitte Weingart, Juan Suárez, Juliane Rebentisch, Douglas Crimp, Diedrich Diederichsen. "Easier than Painting" war aufgrund der Leihgaben eine teure Veranstaltung, sie war sehr gut besucht, auch wenn sie mit der an die Vorträge und Filme sich anschließenden Diskussionen oft erst spät endete und die Geduld von universitätsfern tätigen Frühaufstehern herausforderte. Die sechsstündige Aufführung von Sleep  (1963) beispielsweise wurde gar zu einem „Event“: Der Film erweiterte sich in den Zuschauerraum, man holte sich Getränke, kam und ging. Das sich stets nur wenig verändernde, flackernde Bild des Schlafenden faszinierte, erhob das genaue Hinsehen zu einer heilsamen Ausweg aus dem permanenten, schnellen Bilderwechsel unserer Tage. In den Resümees, die am Donnerstag von den vier Organisatoren Engelke, Hediger, Prange und Siegel gezogen wurden, erschienen das Mediumspezifische, das Expended Cinema, die amateurhafte Gesamterscheinung/die Thematisierung des Scheiterns, das Narrative vs. das Nichtnarrative, die Offenheit im Hinblick auf die Filmkultur und die Stellungnahme gegen europäische Kunsttraditionen als die Punkte, die im Hinblick auf Warhols filmisches Schaffen weiterzuverfolgen sind.

Eine Interdisziplinarität ist unabdingbar, wenn man sich mit Warhols Filmen beschäftigt. Die Kunstgeschichte hat diesen Teil seines Werkes stets ausgeblendet, was, so hieß es in der abschließenden Podiumsdiskussion, auch in der Abwertung des Films gegenüber der bildenden Kunst, in der weniger kommerziellen Verwertbarkeit von Film generell begründet liegen mag - und sicherlich auch mit den „schmutzigen“ Sujets der Filme angesichts einer allgemeinen Homophobie einhergeht, wie Marc Siegel bemerkte. Die Kunstgeschichte beginnt zu Recht – in Frankfurt ist das Regine Prange zu verdanken – ihre Kompetenzen auf den Film hin zu erweitern.

Die Veranstaltung wird in ein Buch münden, das im nächsten Jahr im Fink Verlag erscheinen soll und die Vorträge mit zusätzlichen Texten einbindet. Auf dem Youtube-Kanal des Deutschen Filminstituts kann man einige der Vorträge nachholen. Idealerweise sollten auch die Filme online sein, aber das wird wohl kaum mit der Marke Warhol und den Rechteinhabern zu machen sein – es widerspräche allerdings auch der einzig adäquaten Präsentationsform: der Großprojektion im Kinosaal.

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