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Von Ostereiern und Suppenlöffeln: Dürer-Kitsch als Sammlungsobjekt

Ein handbemaltes Ei mit einem ruhenden Hasen, zum Gebet gefaltete Hände auf einem selbst geknüpften Kissen: diese doch eher kuriosen Objekte sind nicht nur Zeugnisse privater Handarbeit, sie zeigen zugleich zwei über die Kunstwelt hinaus berühmte Motive, die in der Werkstatt Albrecht Dürers ihren Ursprung haben. Vorbild sind zwei Zeichnungen des Nürnberger Künstlers, die beide in der Albertina in Wien verwahrt werden: das Aquarell des „Feldhasen” von 1502 (Inv.-Nr. 3073) und die Pinselzeichnung der „Betenden Hände” (Inv.-Nr. 3113) von 1508, die als vorbereitende Studie des Altars für Jakob Heller entstand.
Beide Blätter zeugen vom außergewöhnlichen Beobachtungssinn des Zeichners, von seinem akribischen Bemühen, die Natur möglichst detailgetreu nachzubilden.
Kunst - Kitsch - Kunst nach oben

Die Faszinationskraft der Darstellungen ist bis heute ungebrochen, sodass Hase und Hände tausendfach als Kunstdruck, Kalendermotiv, auf Bettwäsche, Socken und Brillenetuis, als Wandrelief, Sammelteller und Plunder jeder erdenklichen Art zu finden sind. Aus ihrem ursprünglichen Kontext herausgelöst, werden Tier und Hände abgebildet auf Gegenständen der Alltagskultur, hauptsächlich zur Verschönerung oder Illustration, sogar zu Werbezwecken – und dies nicht ohne einen gewissen Beigeschmack von Kitsch. Auch derartige Objekte finden schließlich wiederum Eingang in kulturhistorische Sammlungen und Museen. Eine Sonderstellung kommt hier der Albrecht-Dürer-Haus-Stiftung e.V. zu. Neben einem eigenen Bestand an originaler Druckgraphik hat der bereits seit 1871 bestehende Verein es sich zur Aufgabe gemacht, Zeugnisse der Dürer-Rezeption und Verehrung bis in die Gegenwart hinein zu sammeln und so einen Beitrag zur Erforschung der Wirkungsgeschichte Dürers zu leisten.
Nachleben in duerer.online nach oben

Einige Stellvertreter dieser facettenreichen Spezialsammlung sind bereits jetzt Teil des virtuellen Forschungsnetzwerks duerer.online, ein seit 2020 von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördertes Kooperationsprojekt der Universitätsbibliothek Heidelberg und der Museen der Stadt Nürnberg/ Albrecht-Dürer-Haus-Stiftung e.V.. Unter Einsatz der Wissenschaftliche Kommunikationsinfrastruktur (WissKI) entsteht eine Forschungsumgebung, die perspektivisch ein vollständiges Werkverzeichnis der Druckgraphik, Gemälde und Zeichnungen des Künstlers sowie Nachleben aufnehmen soll. Für die Abbildung der Wirkungsgeschichte Dürers richtungsweisend dient neben dem „Feldhasen” und den „Betenden Händen” und auch das „Selbstbildnis im Pelzrock von 1500” als Initialwerk (München, Bayerische Staatsgemäldesammlungen, Inv.-Nr. 537). Denn auch Darstellungen des Künstlers selbst fanden offenbar einen gewissen Absatzmarkt, etwa silberne Suppenlöffeln mit dem Antlitz Dürers oder solche mit dessen Standbild, die auf das Nürnberger Dürer-Denkmal von Christian Daniel Rauch Bezug nehmen.
Über die Objektvielfalt in duerer.online, die Erschließung von kulturhistorischen Sammlungsgegenständen sowie verschiedene Suchmöglichkeiten geht es im nächsten Termin von Tür auf! bei duerer.online. Ganz im Sinne von Dürers Familienwappen öffnet das virtuelle Forschungsnetzwerk duerer.online für alle Interessierten jeden 3. Donnerstag im Monat, um 13.00 Uhr, seine Türen.
Ob Dürer-Fan, Student:in oder Wissenschaftler:in – fühlen Sie sich herzlich willkommen!
Nächster Termin:
Do, 17. April 2025
13.00–14.00 Uhr
Raum-Link: heiconf.uni-heidelberg.de/9awa-rxha-6xux-m6jm
Eine vorherige Anmeldung ist nicht erforderlich.
Gerne können Sie uns spezifische Fragen, die Vorbereitung erfordern, bereits vorab zukommen lassen.
info@duerer.online
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