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Elfriede Lohse-Wächtlers Briefe in der Sammlung Prinzhorn

Die Malerin und Zeichnerin Elfriede Lohse-Wächtler (1899–1940) gilt heute als eine wichtige weibliche Position der deutschen Kunst zwischen den Weltkriegen. Sie fehlt mittlerweile in kaum einer Überblicksausstellung zu Kunst und Kultur in diesem Zeitraum.

 

Der Nachlass der Lohse-Wächtlers konnte 2021 mit Hilfe großzügiger Unterstützung einer Stiftung und einiger Privatpersonen vom Museum Sammlung Prinzhorn erworben werden. Er umfasst über 250 Zeichnungen, Lithografien und Gouachen, vor allem aus dem Früh- und Spätwerk der Künstlerin, dazu einige kunsthandwerkliche Objekte, zahlreiche Fotografien und Schriftdokumente der Künstlerin, ihrer Familie und Freunde sowie eine Reihe von Memorabilien.

Die Briefe Lohse-Wächtlers an Freunde und ihre Familie, die dank der Kooperation mit der UB Heidelberg in digitaler Form online zur Verfügung stehen, sind neben ihren künstlerischen Werken der wichtigste dokumentarische Teil des Nachlasses. Hier gibt sie Einblicke in ihre Sorgen und Nöte, aber auch in ihre Arbeitsprojekte, und nicht zuletzt in ihren Humor.  

 

Die Dresdnerin entwickelt sich künstlerisch im Kreis um Otto Dix, Conrad Felixmüller und Otto Griebel. Nach 1925 findet sie in Hamburg zu einer eigenen expressiven Variante der Neuen Sachlichkeit, hat aber kaum finanziellen Erfolg. Einem ersten kurzen, Psychiatrieaufenthalt 1929 folgt eine besonders produktive Schaffensphase, doch auch weiterer sozialer Abstieg. 1931 geht sie zu den Eltern nach Dresden zurück und kommt 1932 dauerhaft in die Landes-Heil- und Pflege-Anstalt Arnsdorf, wo sie weiterhin als Künstlerin arbeitet. 1940 wird sie in der Tötungsanstalt Pirna-Sonnenstein ermordet, als Opfer der so genannten „Euthanasie“ [Aktion T4 – Wikipedia].

Lohse-Wächtlers Bruder Hubert bewahrt den künstlerischen Nachlass und veranstaltet seit 1959 gelegentlich kleine Ausstellungen. Doch erst nach seinem Tod 1988 wird das Werk bekannter. Seit Anfang der 1990er findet es immer mehr Beachtung, auch in einer Reihe von Einzelausstellungen, die teils umfangreiche Publikationen begleiten.

Dr. Thomas Röske

Sammlung Prinzhorn
Klinik für Allgemeine Psychiatrie
Universitätsklinikum Heidelberg
Voßstraße 2, D-69115 Heidelberg

Weitere Veranstaltungen und Infos:
Ausstellung im Barlach Haus Hamburg: Elfriede Lohse-Wächtler. "Ich als Irrwisch". Hommage zum 125. Geburtstag
Kalenderblatt Deutschlandfunk: NS-Krankenmorde. Elfriede Lohse-Wächtler: Eine Künstlerin, die Opfer wurde vom 4. Dezember 2024
Digitale Edition Heidelberg: Elfriede Lohse-Wächtler, Briefe
arthistoricum.net: Elfriede Lohse-Wächtler: Briefe in der Sammlung Prinzhorn 

Abbildungen:

  • Elfriede Lohse-Wächtler, Ohne Titel [Selbstbildnis im Halbporträt], um 1929, Pastellkreide auf Karton, Inv. Nr. 8600/B 20 (2024) recto
  • Elfriede Lohse-Wächtler, "Ein frohes und gesegnetes Osterfest" [Postkarte an die Mutter Sidonie Wächtler], Bleistift, Wasserfarben auf Postkarte, um 1935, Inv. Nr. 8600/08.0050 (2020)
  • Elfriede Lohse-Wächtler mit ihrem Bruder Hubert im Treppenhaus in der Voglerstraße 15, 1931, Fotografie, Inv. Nr. 8600/F0085 (2020)

Alle Werke © Sammlung Prinzhorn, Universitätsklinikum Heidelberg

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