Mit diesem jüngst bewilligten Projekt soll ab Frühjahr 2018 das designgeschichtlich hoch relevante, schwer zugängliche historische Fotoarchiv des Rat für Formgebung von der Deutschen Fotothek (SLUB) in Kooperation mit der Stiftung Deutsches Design Museum digital erschlossen und der Forschung zugänglich gemacht werden. Gegenstand sind 20.000 Aufnahmen des ursprünglich vorrangig für Publikations- und Lehrzwecke angelegten Archivs, die als signifikante fotografische Zeitzeugnisse des deutschen, z.T. auch internationalen Produktdesigns der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts einzustufen sind. Diese in Zusammensetzung und Umfang einzigartige fotografische Designsammlung dokumentiert umfassend die Konsum- und Lebenswelt der 1950er bis 1980er Jahre, mit einem Schwerpunkt auf der Nachkriegsmoderne. Die Bandbreite reicht von Alltagsgegenständen des Konsumgüterbereichs wie Bestecken und Geschirr über Produkte der Arbeitswelt, z.B. Büromaschinen, bis hin zu Personenkraftfahrzeugen und Produkten aus dem Investitionsgüterbereich.
Darüber hinaus spiegelt der Bestand ebenso die Entwicklung der elaborierten Sachfotografie in diesem Zeitraum wider. Das authentische, zweckgebunden gewachsene Bilderkonvolut belegt in seiner Gesamtheit auch die Entwicklung der Marken- und Produktkommunikation der 1950er bis 1980er Jahre. Entscheidend für die interdisziplinäre wissenschaftliche Erforschung der fotografischen Sammlung ist nicht zuletzt die Tatsache, dass sich die Fotoabzüge in ihrem Originalzustand erhalten haben, nicht zugeschnitten, bearbeitet oder auf Trägermaterialien verklebt sind. Die Einträge auf den als Informationsgrundlage ebenfalls zu digitalisierenden Registermappen zu einzelnen Bildmotiven und deren rückseitige Beschriftungen geben zudem Aufschluss über Nutzungspraktiken und die Kommunikationsgeschichte der Abzüge.
Max & Moritz. Salz und Pfefferstreuer. Entwurf: Wilhelm Wagenfeld, Herstellung: WMF. 1954
Im Mittelpunkt des Erkenntnisinteresses stehen das gestaltete Produkt und seine EntwerferInnen – gleichermaßen aber auch die fotografischen Bilder. Der Erschließungsstrategie der Deutschen Fotothek folgend werden die Aufnahmen nicht nur als bildlicher Beleg für Entwurfs- und Produktpräsentation, Marken- und Unternehmenskommunikation behandelt, sondern auch als eigenständiges Objekt eines interdisziplinären Forschungsfeldes erschlossen, das Methoden und Fragestellungen der Design- und Kunstgeschichte sowie der Wirtschafts- und Unternehmensgeschichte umfasst. Mit dem immer auch autoren- und provenienzorientierten Ansatz wird hier ebenfalls der Mehrschichtigkeit der Bildinhalte Rechnung getragen. So werden sowohl Produktgestalter als auch Bildurheber und Auftraggeber vermerkt und die auf Begleitmaterialen dokumentierten Entstehungs- und Nutzungsprozesse der einzelnen Fotografien für die Recherche sichtbar gemacht.
Die Digitalisierung dieser erstrangigen Primärquelle richtet sich an Historiker, insbesondere Kunst- und Fotografiehistoriker, aber auch an Produkt- und Industriedesigner und soll deshalb bedarfsorientiert in das Angebot des "Fachinformationsdienstes Kunst, Fotografie, Design" integriert werden.
Ascher 7346. Entwurf: Günter Kupetz, Herstellung: WMF. 1957
Erste Beispiele aus zwei Pilotprojekten sind bereits in der Bilddatenbank sichtbar: So wurden 2016 als proof of concept von beiden Partnern gemeinsam 578 Fotografien von "WMF-Produkten" erschlossen, wobei sowohl die Aufnahmen als auch die abgebildeten Objekte mit begleitenden Informationen angereichert wurden: Verweisungen zwischen Schwarzweißvergrößerungen, zu beschrifteten oder gestempelten Rückseiten sowie zu den Registermappen, in denen die Fotografien abgelegt sind.
2017 wurden außerdem, mit Unterstützung der Stiftung Flughafen Frankfurt/Main, etwa 1.400 Kleinbilddias als Kontextmaterial digitalisiert und mit dem zugehörigen, in den Digitalen Sammlungen der SLUB in zwei Ausgaben recherchierbaren Diakatalog (Loseblattsammlung) seitengenau verknüpft:
Projektpartner der SLUB
Der Rat für Formgebung mit Sitz in Frankfurt am Main hat seit seiner Gründung als gemeinnützige Stiftung 1953 bis in die 1980er Jahre hinein ein umfangreiches fotografisches Positivarchiv aufgebaut, das heute eine einzigartige historische Sammlung von Zeitzeugnissen zum deutschen und europäischen Produktdesign zwischen 1950 und 1990 sowie zur zeitgenössischen Sachfotografie darstellt. Die Stiftung Deutsches Design Museum erhielt 2015 den Auftrag, diese Sammlungsobjekte konservatorisch sowie digital dauerhaft zu sichern, nach wissenschaftlichen Standards zu erschließen und der Forschung wie auch der gesamten interessierten Öffentlichkeit online zugänglich zu machen.
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