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Franziskus gegen Rohani II

Überlegungen von Eva Troelenberg/ Florenz zur Untersuchung von Wolfgang Kemp

 

Vielen Dank an Herrn Kemp, der die ikonografische Regie eines Staatsbesuchs zur Diskussion stellte – anbei einige Gedanken dazu, die nicht ganz ins Kommentarfeld passten:
  
Das Motiv der Himmelfahrt ist zumindest prima vista gar nicht so schwer mit dem vereinbar, was Koran und außerkoranische Überlieferungen über den Propheten Isa Ibn Maryam (und seine Erhebung in den Himmel) sagen, auch wenn man da zugegebenermaßen kaum von Auferstehung sprechen würde, und die Bedeutung für beide Religionen sehr unterschiedlich ist. Aber sogar ikonografische Verwandtschaft lässt sich ausfindig machen, übrigens auch jenseits eines schiitisch geprägten Bereichs

Die Präsenz der Bibel (so es denn eine ist) muss vielleicht nicht aus jeder Perspektive der disguised symbolism eines Bilderstreits sein – sie ruft möglicherweise auch die Diskussion um die Ahl al-Kitab auf.  In ihren unterschiedlichen Ausprägungen liefert sie eigentlich eine ziemlich differenzierte Diskurspalette für das Verhältnis zwischen den Buchreligionen.

Das geschenkte Bilderbuch wiederum bewegt sich doch noch halbwegs auf der üblichen Stilstufe zeitgenössischer Staatsgeschenke – und, ehrlich gesagt: Die Sammlung moderner Sakralkunst, durch die die Besucherin der Vatikanischen Museen heute z.B. geschleust wird, besteht auch nicht nur aus Meisterwerken, die sich am großen Kanon messen lassen können. A propos Kanon, möglicherweise lohnte sich ein genauerer Blick auf den ebenfalls geschenkten Teppich, den wir leider nicht zu sehen bekommen. Wenn man einmal davon ausgeht, dass nicht allein die Malerei als satisfaktionsfähig gelten muss: Hochwertige Teppiche sind in manchen kulturellen Kontexten das größere Register, und der Austausch solcher Objekte spielte in der Materialästhetik diplomatischer Kultur historisch in der Tat eine große Rolle. Zahlreiche kapitale Teppiche, z.B. die so genannten Schah-Abbas-Teppiche in europäischen Sammlungen bezeugen es ebenso wie die Porträts solcher Textilien in der europäischen Malerei. Parallel dazu schrieb die Ästhetik des Teppichs sich nach und nach in unterschiedlichen Funktionen auch in eine sozial choreografierte Repräsentations- und Wohnkultur im Westen ein, das reicht kontinuierlich bis in die Moderne – am unteren Rand des offiziellen Fotos ist eine Standardsituation dieser ästhetischen Verschränkung übrigens sogar zu sehen.

Aber interessant: So scheinsymmetrisch sich die beiden „Gesandten“ zweifellos unterschiedlicher Mission auf dem Vatikan-Foto gegenüberstehen, so anamorphotisch scheint am Ende das ganze Bild: Je nachdem, aus welcher Perspektive man es betrachtet, werden unterschiedliche Motive sichtbar. Insofern auf jeden Fall ergiebiger als jede Verhüllungsintervention.

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