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Lucas Cranach der Jüngere - Entdeckung eines Meisters nach oben

Seit 26.06.2015 feiert Sachsen, nein, die ganze Republik, den 500. Geburtstag vom jüngeren Cranach, der eigentlich Lucas der Mittlere heißen müsste. Und die Verantwortlichen behaupten unter anderem standhaft, es gäbe nur ein (!) Bildnis des Geburtstagskindes in Gestalt eines Mundschenks auf einem Altarbild in Dessau (Wittenberg beansprucht hingegen einen weiteren Mundschenk auf einem heimischen Altar als legitimes Bildnis). Daran ist zunächst nichts Verwerfliches und auch nicht daran, dass man den Ärmsten postum zum Genie erklärt. Unappetitlich wird die Inszenierung erst dadurch, dass in großem Stil zensiert wird, was nicht in das vorgefertigte Bild vom neuen Apelles passt: der Cranach-Sohn war weder ein Genie noch ist er der, den man erkennen will.

Es gibt sehr wohl ein stattliches Bildnis des ebenso stattlich beleibten Malersohns, und er hält sogar einen Brief in Händen auf dem er sich zu erkennen gibt,  zweifelsfrei. Der Mundschenk hingegen ist allenfalls dessen Sohn, der Enkel des Meisters Lucas. Die berechtigte Frage, wen das interessiert, außer ein paar Cranach-Spinner, wird dann brisant, wenn man weiß, dass sowohl die Autorin der heute im MDR ausgestrahlten "Doku" http://www.mdr.de/geschichte-mitteldeutschlands/filme/lucas-cranach-dj/cranach-der-juengere102.html als auch die Kuratoren vor Beginn der Ausstellungen auf ihre Fehleinschätzungen aufmerksam gemacht wurden und trotzdem die Unwahrheit sagen. Denn weil nicht sein kann, was nicht sein darf, wird einfach so getan, als existierten diese Infos nicht. Gab es sowas nicht schonmal? Und die internationale Presse folgt andächtig der Märchenstunde der Ausstellungsmacher und rezipiert brav die Hochglanzpressemappen. Es lebe die "Medienpartnerschaft"... Einzig die FAZ fällt durch eigene Denkleistung positiv auf. http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/kino/lucas-cranach-ausstellung-im-schatten-des-vaters-13677788-p2.html

Es ergeht deshalb an die Wissenschaft die Bitte, wieder mehr Fragen zu stellen als Antworten parat zu haben.

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