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The Yellow Book - ein Schmuckstück im art journals-Projekt

Ein Gastbeitrag der Kunsthistorikerin Sarah Debatin (Universitätsbibliothek Heidelberg)
art journals – Kunst- und Satirezeitschriften

Die Literatur- und Kunstzeitschrift The Yellow Book, erschien von 1894 bis 1897 vierteljährlich in London und wurde für 5 Schilling pro Ausgabe verkauft. Anfangs wurde sie von Elkin Mathews und John Lane verlegt, dann von Lane alleine. Herausgeber war der in London lebende amerikanische Schriftsteller Henry Harland, ein Vertreter des Ästhetizismus. The Yellow Book unterschied sich schon äußerlich stark von anderen zeitgenössischen Journalen: Auffällig waren die gelbe Farbe und der hochwertige Leineneinband, der tatsächlich eher an ein Buch als an eine Zeitschrift erinnerte, das relativ große, annähernd quadratische Format, die Verwendung der anachronistisch wirkenden Schrifttype Caslon, die asymmetrisch platzierten Überschriften, die aufwändig dekorierten Marginalien und der großzügige Umgang mit freien Flächen.
Im Prospekt zur ersten Ausgabe wurde The Yellow Book wie folgt beworben: „as a book in form, a book in substance; a book beautiful to see and convenient to handle; a book with style, a book with finish; a book that every book-lover will love at first sight; a book that will make book-lovers of many who are now indifferent to books.“

Neben unterschiedlichen literarischen Genres und Beiträgen von Autoren wie Henry James, William Butler Yeats, H.G. Wells, Max Beerbohm enthielt The Yellow Book Illustrationen, Porträts und Reproduktionen von Kunstwerken. Die beiden Gattungen wurden voneinander getrennt dargestellt, d.h. die Kunst diente nicht zwangsläufig zur Illustration der Literatur, sondern stand oft für sich selbst.
Unter der künstlerischen Leitung von Aubrey Beardsley konnten u.a. John Singer Sargent, Walter Sickert, Charles Conder, William Rothenstein und Philip Wilson Steer als Beitragende gewonnen werden. Nennenswert ist zudem der hohe Frauenanteil sowohl bei den Autoren als auch bei den Illustratoren. Genannt seien Ella D’Arcy, Ethel Colburn Mayne, George Egerton, Rosamund Marriott Watsin, Ada Leverson, Netta und Nellie Syrett und Ethel Reed.
Der Name The Yellow Book bezieht sich wahrscheinlich auf Oscar Wildes Roman Das Bildnis des Dorian Gray (1891), in dem einem gelben Buch eine zentrale Rolle zukommt. Hierbei spielte Wilde offenbar auf Joris-Karl Huysmans Skandalbuch Gegen den Strich (À rebours) an, das in den Pariser Buchhandlungen in gelbes Papier verpackt wurde, um die Kunden vor dem schlüpfrigen Inhalt zur warnen. Die Assoziation mit verruchten französischen Romanen war gewollt und sollte Erwartungen seitens der Leser wecken. Diese wurden nicht erfüllt, vielmehr waren die meisten literarischen Beiträge eher konservativ und Oscar Wilde urteilte nach Erscheinen der ersten Ausgabe, The Yellow Book sei „not yellow at all“.

Aubrey Beardsley versuchte immerhin auf Seiten der Kunst zu provozieren, indem er Impressionisten zur Mitarbeit einlud und in seinen eigenen Illustrationen immer wieder die Grenzen des Zeitgeschmacks und der bürgerlichen Moralvorstellungen auslotete. Das war dem Verleger John Lane ein Dorn im Auge und er versuchte stets, die Zeichnungen Beardsleys zu entschärfen, was ihm nicht immer gelang. Als Illustrator von Oscar Wildes Salome galt Beardsley als Vorreiter des Ästhetizismus und der Dekadenz, der das viktorianische Schönheitsideal in Frage stellte und verunglimpfte und im Gegenzug von der zeitgenössischen Presse und den Satirikern karikiert wurde. Nach der Verhaftung Wildes im April 1895 wurde Beardsley, auch aufgrund der andauernden Querelen mit John Lane, seines Postens enthoben. Lane selbst und der Künstler Patten Wilson traten gemeinsam Beardsleys Nachfolge an.

Weiterführende Literatur:

Sarah Debatin, M.A.
Universitätsbibliothek Heidelberg
Plöck 107-109
D-69117 Heidelberg

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