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Modern Academic Publishing
Ein neues Open-Access-Projekt nach oben
In einer Gemeinschaftsunternehmung der Universitäten Köln und München realisieren wir ein Projekt zur Open Access-Publikation von geisteswissenschaftlichen Monographien, genau genommen von Dissertationen. (MAP: Modern Academic Publishing) Dabei geht es um die Förderung herausragenden wissenschaftlichen Nachwuchses ("exzellent" nennt man das heute) und um den Nachweis, dass Open Access nicht nur etwas für Aufsätze ist, sondern auch für ganze Bücher. Angesichts der immer noch verbreiteten (und ja auch nicht an den Haaren herbeigezogenen) Auffassung, dass längere Texte am Bildschirm schlecht zu lesen sind, haben wir von vorneherein eine Druckkomponente mit eingebaut ("Hybridveröffentlichung"), so dass das Produkt jeweils auch als ganz normales Buch gelesen werden kann.Das Ganze läuft in Zusammenarbeit mit einem englischen Dienstleister, der in London beheimateten ubiquity press
Das Image von Open Access ist in den Geisteswissenschaften weiterhin bescheiden. Es geht nach dem Motto: Die Guten ins Töpchen (also als Buch veröffentlichen) und die Schlechten ins Kröpfchen (also ab ins Internet). Anstatt sich darüber aufzuregen, sind wir jetzt zu dem Schluss gekommen, dass es am besten ist, sich den Reputationsmechanismen anzuschließen und das Internet eben mit guten Sachen zu bedienen. Daher nehmen wir nur besonders gute Dissertationen zur Veröffentlichung an, in der Hoffnung, die vorhandenen Klischees durchbrechen zu können.
Die erste Arbeit ist inzwischen erschienen. Was man schon einmal sagen kann: Es ist eine Menge Arbeit, und es ist auch nicht billig. Für die Arbeit haben wir (vorübergehend) Mitarbeiter, für die Kosten die großzügige Unterstützung unserer Universitäten, in denen man inzwischen einsieht, dass sich am traditionellen wissenschaftlichen Veröffentlichungswesen etwas ändern muss. Beides ist aber nicht auf Dauer gesichert, so dass wir uns noch sehr intensive Gedanken um ein zukünftiges Geschäftsmodell machen müssen.
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6 Kommentar(e)
Klaus Graf
Vorbemerkung: Ich komme immer noch nicht mit dieser komischen Software zurecht. Der eine Kommentar ist jetzt doppelt drin.
Klaus Graf ist eben, wie er ist. Das Dumme: Häufig liegt er ziemlich richtig. Hoffentlich in diesem Fall nicht!
Genau!
Ich glaube, da haben wir ein bisschen aneinander vorbei geredet. Ich wuerde eben gerade auch stark (staerker!) machen, dass ihr genau das bietet: Verlagskompetenz in Open Access. Das wuerde dann auch der (ohne jede Umgangsformen vorgetragenen) Kritik des Herrn Graf den Wind aus den Segeln nehmen: Alle Dissertationen in OA waere vielleicht wuenschenswert - auch wenn die Konsequenzen, die das in Laendern wie UK, wo das schon weitgehend implementiert ist, wie gesagt nicht aus dem Blick zu verlieren sind. Aber das macht ein tolles Verlagsunternehmen wie MOA eben noch lange nicht "unsinnig", sondern vielmehr zu einem spannenden und wichtigen Kompromiss!
Die Sache ist eben vielschichtig
Ich bin nicht sicher, ob ich alle Implikationen des Kommentars überblicke oder überhaupt verstanden habe. Zum Unterschied Diss - Buch würde ich sagen: Anstatt nachher umzubauen, fände ich es noch besser, wenn gleich die abgegebene Arbeit so ist, dass man sie auch lesen kann bzw. will. Ansonsten wollen wir ja gar nicht, dass die Leute nach der open access-Publikation noch zu einem anderen Verlag gehen, weil wir selber der Verlag sind und auch die Druckkomponente mit versorgen.
Verlag ungleich Repositorium
Ich find's toll und bin gespannt, auch mal eines der gedruckten Exemplaren in der Hand zu haben. Der Lesemodus am Bildschirm ist ziemlich gelungen, aber ich vermute, die Typographie im Druck ist schon etwas schicker?
Das einzige was ich marketingtechnisch nicht gut finde ist, dass "Dissertationen" so prominent vorkommt. Nein, das sind BUECHER! Hochqualitative Buecher (hoffe ich einmal) die auf einer Diss beruhen - und damit ist das gerade nicht ein (durchaus wuenschenswerte) Repositorium, wo alle Dissertationen einfach eingestellt werden, sondern ein Verlag, der (hoffentlich) Autoren professionell betreut und damit im Vergleich zur Diss ein Produkt mit Mehrwert schafft.
Und letzteres ist entscheidend. In UK und in den USA gibt es ja zunehmend ein Problem, das durch Repositorien und Dissertationen in Open Access erzeugt wird: Naemlich, dass Verlage (z.B. Manchester UP) ALLE Buchproposals, die auch nur auf einer solchen oeffentlich verfuegbaren Diss beruhen, ablehnen. Und das behindert early career scholars und ihren Weg zum ersten Buch massiv. Umgekehrt macht es Autoren aber sensibel dafuer, dass ein BUCH anderen Anforderungen unterliegen sollte als eine akademisch Qualifikationsschrift - hinsichtlich Lesbarkeit, Zuspitzung, etc. Letzteres ist sicher etwas, das auch in der deutschen Academia etwas bewusster sein koennte.
Unsinn
http://archiv.twoday.net/stories/1022429949/
Empfehlungen zur Zukunft des wissenschaftlichen Publikationssystems
Dazu passt gut folgender Satz:
"Aufgrund ihrer Vorzüge ist die digitale Publikation der
gedruckten der Tendenz nach vorzuziehen."
Das Zitat entstammt dem Fazit der gerade veröffentlichten "Empfehlungen zur Zukunft des wissenschaftlichen Publikationssystems". Mehr Infos gibt es unter
http://konsultation.publikationssystem.de/node/1154