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Cranachs Helden

Falsche Datierung unverständlich! nach oben

Mit einer Ausstellung des Kupferstichkabinetts im Kabinett in der Gemäldegalerie vom 09.09.2014 bis 16.11.2014 präsentieren die Staatlichen Museen Berlin Cranachs Helden - Von Lucretia bis Luther auf Zeichnungen und Druckgraphik.

 


Eine kleine, für die Cranach-Forschung dennoch wichtige Korrektur sei an dieser Stelle angemerkt: Werner Schades Datierung "um 1525" aus dem Jahr 2003 für die sich durchbohrende (noch hat sie es nicht getan) Lucretia (Inv. Nr. 506), der hier unverständlicherweise stattgegeben wurde, ist nicht nachvollziehbar! Zweifellos bildet diese mit der nach links gewandten Lucretia (Inv. Nr. 504) ein Paar. Diese jedoch zeigt eindeutige italienische Stilmerkmale wie sich am Haupt kreuzende Haarbänder sowie seitliche Haarknoten, die bei Cranach und seiner Werkstatt nur auf Gemälden in der Zeit zwischen 1509 und 1512 vorkommen und deutlichen Bezug auf die Stilistik Peruginos nehmen (zudem ist das Blatt mit 1509 datiert). Als Beispiel sei die Madonna mit Kind und Johannesknaben genannt (Bodo Brinkmann (Hrsg.): Cranach der Ältere, Katalog Ausstellung Frankfurt am Main und London, Ostfildern 2007, S. 1465/147, Nr. 17). Vgl. auch Michael Hofbauer: Cranach – Die Zeichnungen, Berlin 2010, S. 100/101, Nr. 16.

Es sollte also im Sinne wissenschaftlicher Redlichkeit zumindest auf die Datierung 1509 Bezug genommen werden.

 

 

2 Kommentar(e)

  • Michael Hofbauer
    08.10.2014 10:35
    Argumente sind nicht von der Hand zu weisen

    Obwohl bekannt war, dass "einiges für die Datierung 1509 spricht" und mein Hinweis (der seit 2011 nachzulesen ist) ein weiteres Argument darstellt, hat man sich also für die weniger belegbare Datierung Werner Schades entschieden... Es geht mir nicht um Rechthaberei, sondern die Grundpfeiler kunstgeschichtlicher Forschung, genauer: deren Legitimation als ernst zu nehmende Wissenschaft. Nix gegen Kennerschaft, aber sie ist nur ein (!) Werkzeug unter vielen und der Ruf eines Kenners wird auch nicht dadurch beschädigt, dass einmal ein Argument von dessen Hand gewiesen wird, - im Gegenteil!
    Im 21. Jahrhundert sollte es nicht mehr Jahre dauern, bis Topoi neu gepflastert werden. Liegt nicht das eigentliche Problem darin, dass Museen kein (gar kein) Interesse daran haben, dass ihre Schätzchen angefasst werden und möglichst alles so bleiben soll wie es (schon immer) ist? Als potenzieller Arbeitgeber werden sie mit dieser Politik auch jeden Kunsthistoriker milde stimmen.

  • Benjamin Rux
    01.10.2014 11:03
    Cranachs Lucretia

    Lieber Herr Hofbauer,
    vielen dank für den Hinweis und Ihr genaues Studium unserer kleinen Ausstellung. Über die Datierung des Blattes haben wir uns am Haus im Vorfeld von "Cranachs Helden" viel unterhalten, in der Tat spricht einiges für die Datierung auf 1509, Ihr Hinweis auf die gekreuzten Haarbänder und Haarknoten fügt dem noch ein Argument hinzu. Die italienischen Vorlagen drängen sich auf, Evans glaubt an eine Italienreise Cranachs im Frühjahr 1509 und argumentiert mit dem Berliner Blatt (Mark Evans in:Brinkmann (Hrsg.), Cranach der Ältere, Katalog Ausstellung Frankfurt am Main und London, Ostfildern 2007, S. 52-57). Doch sind die Argumente Werner Schades auch nicht von der Hand zu weisen. Bitte berücksichtigen Sie, dass es sich bei der kurzen Besprechung des Blattes auf dem Objektlabel nicht um einen Katalogbeitrag handelt und auf Vollständigkeit und ausführliche Bezüge zu anderen Blättern verzichtet werden musste, ohne den Pfad der "wissenschaftlichen Redlichkeit" zu verlassen.
    Viele Grüße!

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