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Ausstellung in der Universitätsbibliothek Heidelberg über die Gartenkunsthistorikerin Marie Luise Gothein (1863-1931)

Gastbeitrag von Karin Seeber, Freiburg i.Br. nach oben

Marie Luise Gotheins zweibändige „Geschichte der Gartenkunst“ gilt bis heute als Standardwerk. 1914, vor 100 Jahren, wurde das umfangreiche Werk veröffentlicht und hat seither nichts von seiner Faszination eingebüßt. Es liegt in zwei Übersetzungen – englisch und italienisch – vor und ging durch eine Neuauflage und vier Nachdrucke, der letzte stammt aus dem Jahr 2010.

Dieser außergewöhnliche Erfolg eines wissenschaftlichen Werkes ist der Anlass einer Ausstellung über Marie Luise Gothein und ihr Werk in der UB Heidelberg, die am 28. April eröffnet wurde und bis Ende August 2014 in den Ausstellungsräumen zu sehen ist.

Am Anfang der Präsentation steht die „Geschichte der Gartenkunst“ selbst, seine Publikationsgeschichte und wie das Buch von Wissenschaft und Nachwelt aufgenommen wurde. Es war für seine Autorin nämlich ziemlich schwierig, einen Verleger zu finden. Immerhin mussten über 600 Abbildungen von historischen Gärten aller Zeiten und Epochen finanziert werden. Die Ausstellung verortet das Werk in seinen historischen Kontext und setzt sich mit dem anhaltenden Erfolg des Grundlagenwerks auseinander.

Zwei weitere Sektionen behandelt Leben und Gesamtwerk der Wissenschaftlerin, die sich gegen alle Zeitkonventionen hinweg ein akademisches Leben erarbeitete.

In einer vierten Sektion geht es um die Studienreisen, die Gothein zur Erforschung der Gärten in Italien, England, Frankreich, Griechenland und Deutschland in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts unternahm und von ihren bibliophilen Quellen. Höhepunkte sind die Stichserien von Gärten und Brunnen Roms von Giovanni Battista Falda aus dem 17. Jahrhundert, ebenso wie modernere Schätze der britischen Gartengeschichtsschreibung wie Inigo Triggs’ „Formal gardens in England and Scotland“ von 1902.

Gothein beschäftigte sich aber auch mit den Gärten vor ihrer Haustür. So sehr sie sich um wissenschaftliche Neutralität bemühte, den Heidelberger Hortus Palatinus konnte sie nicht zu den gelungenen Werken der Gartenkunst zählen. Dafür bewertete sie den Wörlitzer Park gegen den Zeittrend: positiv. Das Spannungsfeld zwischen ihrem wissenschaftlich-neutralen Anspruch in der Darstellung der Gärten und der aktuellen Zeitströmung, die sich dem architektonischen Garten zuwandte, wird in dieser vierten Abteilung bearbeitet.

Die „Geschichte der Gartenkunst“ spielt eine zentrale Rolle bei der Etablierung des Bereichs „Gartenkunst“ innerhalb der Kunstgeschichte. Die Ausstellung über Marie Luise Gothein und ihr Werk trägt wesentlich zu einer kritischen Auseinandersetzung mit der Art, wie über Gärten geforscht und geschrieben wird, bei.

Alle Exponate der Ausstellung und die digitalisierten Schriften finden Sie in der „Virtuellen Ausstellung“.

 

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