blog.arthistoricum.net

Auf den Spuren der Nazarener

Eines der wahren Meisterwerke der Neuen Pinakothek in München ist das scheinbar perfekte Bild der Vittoria Caldoni von Friedrich Overbeck. Am Ende eines kurzen Kommentars in seiner bahnbrechenden Monographie, The Nazarenes (1964), bemerkt Keith Andrews: „Die frontale Anordnung des Bildes zieht den Betrachter hinein und – mit Absicht – drängt ihn, eine Bedeutung zu suchen, jenseits einer bloßen Porträtdarstellung“. Mehr schreibt Andrews nicht! Dennoch entspricht seine Beobachtung restlos, wenn auch eher zufällig, dem Ziel meines Versuches, das Bild neu zu lesen. So versucht die hier gebotene Bildlektüre, eine Frage zu beantworten, die in einem anderen Zusammenhang Overbeck selbst gestellt hat: „was denn das Bild eigentlich vorstelle?“
NB: An English version of the blog is found below.

 

Overbecks Vittoria Caldoni (1821) wird üblicherweise lediglich als ihr Porträt bezeichnet, aber paradoxerweise ist Overbeck in seiner Darstellung bemüht, das Mädchen aus Albano einer sozialen Rolle in der Arbeitswelt zuzuordnen, die sie gar nicht ausführte, der Rolle einer Arbeiterin in den Weizenfeldern. Dieser Umstand wird klar gemacht durch ihre sehr einfache Kleidung, durch die Sichel rechts im Bild, durch den Weizensack, auf dem sie sitzt, und letztlich durch das Weizenfeld, das hinter ihr wächst, alle vier Bildgegenstände gedacht als zeitlose Attribute, die die Figur kennzeichnen.

Ende 1821, als das Bild in München ankam, wurde es in den Schriftquellen einfach als „die Bäuerin“ bezeichnet. Es gibt auch bislang übersehene Indizien, dass das Overbeckische Bild bei der Ankunft starker Kritik begegnete.

Im größten Teil der sehr zahlreichen Bildnisse von Vittoria Caldoni, die überkommen sind, erscheint sie als eine recht feine junge Dame, obwohl ihr Vater von Zeitgenossen ausnahmslos als arm beschrieben wurde. Unter diesen Porträts ist das Bild von Overbeck eine absolute Ausnahme: er allein stellt sie als eine Feldarbeiterin dar, fast als ein plebejisches Mädchen, das arbeiten geht.

Tatsächlich war Vittoria eine Winzerstochter. In Overbecks Porträt fehlen trotzdem jegliche plausible Attribute einer Winzerstochter, die aus der früheren Malerei abzuleiten wären: keine Weintrauben, kein Wein, keine Weinranke, kein Weinstock, keine Weinlaube, keinen fiasco Wein oder eine Weinflasche, kein Weinglas in der Hand, kein Weinfass, nicht mal eine osteria oder cantina di vino als Bühne, oder ein paar Weinblätter. Die Wirtschaft Albanos war schon immer maßgeblich vom Weinbau geprägt, heute wie durch die lange Geschichte der Stadt.

Wenn nun aber Vittoria die Rolle einer Feldarbeiterin bei der Ernte spielen sollte, so wäre es ihre Aufgabe, die Weizenhalme zu schneiden, in Garben zu binden und diese in Stapeln zu häufen. Warum sitzt sie dann auf einem Sack Getreide? Das Bündel oder der Sack mit Weizenkörnern ist Attribut der Ährenleserin.

Die ‚autorisierte‘ Biographin Overbecks – die junge Engländerin Margaret Howitt – überliefert, vor ihrer ‚Entdeckung‘ im Sommer 1820 habe Vittoria das Elternhaus nur verlassen, um in die Kirche zu gehen oder „zur Arbeit in den Weingarten“ (Howitt, 1886). Schon 1850 hat August Kestner, der selbsternannte‚Entdecker’ Vittorias, berichtet: „Sie hatte außer einigen weiblichen Arbeiten nie etwas gelernt, als die Gebete in ihrem Gebetbuch zu lesen, und denn die Hacke im Weingarten zu führen und die Weinranken im Juni abzupflücken“.

Daher stellen sich einige Fragen: warum sitzt eine Winzerstochter vor einem Weizenfeld anstatt vor einem Weinberg? Warum unter einem Feigenbaum und nicht unter einer Weinlaube? Warum ist sie nicht als „Vittoria, die schöne Winzerin von Albano“ dargestellt, wie August Kestner, „Ph. D.“, sie in seinen Römische Studien (Berlin 1850) benannte. Gewiss wussten die Künstler der Zeit, wie man die Tochter eines Weingärtners darzustellen hatte.

Es wird häufig fast beiläufig erwähnt, dass Overbecks Porträt eine Sonderstellung unter den vielen Darstellungen der Vittoria Caldoni einnehme, obwohl die Unterschiede selten genau bestimmt werden. In unserem Zusammenhang scheint es bedeutsam, dass im Vergleich mit ihren anderen Bildnissen Vittoria stark entindividualisiert wird: die Zeichen ihrer eigenen spezifischen Identität sind ausgelöscht. Nicht nur sind die Züge ihres Gesichts viel stärker idealisiert als sonst, sie sind mit einer viel grösseren Monumentalität ausgeführt, mit einer ausgeprägten Plastizität. So erscheint Vittoria vor allem viel älter als ihre fünfzehn Jahre. Ihr nach allen Berichten graziler, fast zu schmaler Körper erscheint bei Overbeck als robust und erdverhaftet. Die wesentlichen Volumina ihrer Formen sind betont, um das Modell zu idealisieren.

Oft wird hervorgehoben, dass Overbecks ‘Bäuerin’ die lokale Tracht von Albano trägt, wie es häufig auf anderen Porträts von ihr der Fall ist. Nun ist aber kaum zu übersehen, dass die gleichmäßigen Oberflächen der Materialien, aus denen ihre Bekleidung gestaltet ist, in einer flachen und unspezifischen Manier gemalt sind, alle in den von Overbecks bevorzugten kontrastreichen Lokalfarben und grossflächigen Gewändern. Das Kostüm wird in verallgemeinernden Umrissen und universalen Eigenschaften dargestellt. Das relativ kleine Bild – es ist weniger als einen Meter hoch – zeigt eine ganze Figur in einer beinahe unnatürlichen Nahsicht, obwohl sie nirgendwo vom Rahmen beschnitten wird. Trotz ihrer Nähe bleibt Vittoria vollkommen in sich geschlossen und etwas distanziert. Auf uns wirkt sie monumental und abstrakt, letzterer Zug scheint sich auch in ihrem fast abwesenden Seelenzustand widerzuspiegeln. Es scheint als habe Overbeck sein Modell nicht in einem herkömmlichen Porträt festzuhalten, sondern zur Trägerin einer anderen Aussage umzugestalten gesucht.

Zuerst wird man nach Zeichen der vermuteten neuen Identität in einfachen, doch womöglich symbolhaltigen Bildattributen suchen. Das Weizenfeld hinter Vittoria, ein klassisches Landschaft- oder Hintergrundattribut, ist der Ort der Arbeit des Mädchens. Dies wird bestätigt durch das Arbeitsinstrumente neben ihr, die Sichel. Der weisse Sack unter ihr – sie sitzt halb darauf und schützt ihn so gleichzeitig vor Dieben – ist ihr Weizensack mit den Früchten ihrer Arbeit. Der Stamm des Feigenbaums scheint eine große Rolle zu spielen; er ist groß und besetzt einen bedeutenden Teil der Bildfläche. Wir sehen einen offenbar nicht gesunden, verfallenden Baum: ein grosser Riss klafft im Baumstamm. Oben im Baum ist rechts ein Ast abgebrochen, man sieht das rohe Holz.

Als Antwort auf die Anregung von Keith Andrews (1964), “to seek a meaning beyond mere portrait representation”, hat die Forschung nur drei Vorschläge anzubieten: eine Allegorie der Jahreszeiten (Spätsommer/Herbst oder ‚Fruchtbarkeit’), oder vergleichsweise Pomona, oder aber Maria. Der erste beiden Vorschläge scheint dem Bild nicht angemessen, der dritte sichtlich falsch.

Den offenen Fragen zum Bild folgend, wird hier eine neue Lektüre angeboten (für die vollständige Fassung siehe ART-Dok: http://archiv.ub.uni-heidelberg.de/artdok/2253/; URL: http://archiv.ub.uni-heidelberg.de/artdok/volltexte/2013/2253 ).

Das Bild ist, wie Andrews ahnte, kein echtes Porträt. Bei der Ausführung des Auftrages des Kronprinzen Ludwig von Bayern wurde Overbecks Porträtbegriff durch seine Konzeption der Kunst, d. h. einer streng christlichen Kunst, und durch seine Konzeption von religiöser Malerei bestimmt. Man hat behauptet, Overbeck habe hier „das Porträt-Genre ins Allegorische“ erweitert. Doch eher als in eine Allegorie von Sommer oder Herbst scheint mir Vittoria Caldoni in eine christliche Allegorie umgewandelt, in die Rolle der biblischen ‚Ruth’ am Fuß eines Feigenbaums, einer arbeitstüchtigen Vorfahrin Christi. In dem Moment, in dem sie als Rollenporträt gesehen wird, wird verständlich, warum sie so ganz anders ist als die Frauen der Schönheitengalerie König Ludwigs I. von Bayern. Viele der Figuren in den heiligen Geschichten von Overbeck und anderer Nazarener sind Porträts der Maler selbst, ihrer Familien und Freunde. So nimmt auch Vittoria Caldoni eine sakrale Identität an. Sie sitzt auf dem Boden vor uns, gleichsam ihrer Rolle im Heilsplan Gottes unbewusst, aufgehoben in ihrer eigenen Innerlichkeit, vergleichbar den nomadischen Vorfahren Christi an der Decke der Sixtinische Kapelle.

Zugleich ist Overbecks Vittoria Caldoni wiederum nicht ein Rollenporträt im Sinne der Porträts von Lady Hamilton als Circe, eine Bacchantin, Kassandra oder Ariadne mit klassischen Posen und zeitgenössisch erotischen Attitüden. Ungleich auch der Stilisierung von  Joseph Stielers Lady Spence als Erato in Ludwigs ‚Schönheitengalerie’. Overbeck malte Vittoria wie ein Modell, was sie auch war, und wie Julius Schnorr von Carolsfeld sie auch in seinem Ruth auf dem Weizenfeld von 1826 verwendet. Auch dort ist Ruth ein Porträt von Vittoria.

Wo Schnorr Vittoria als Modell für seine Ruth benutzt, verwandelt Overbeck sein Porträt von ihr in eine Figuration der biblischen Ruth. Keins der beiden Bilder passt genau in eine der klassischen Bildgattungen. Schnorrs Ruth findet ihre Vorbilder in den religiösen Gemälden der Nazarener, wo die Heiligen disguised portraits von Zeitgenossen der Maler sind, wie etwa  in Overbecks Zeichnung Ruth und Boas für seine Familie in Lübeck. Wo Schnorrs ‘Ruth=Vittoria’ eine verborgene Vittoria ist, ist Overbecks ‘Vittoria=Ruth’ eine versteckte Ruth, die denn auch dem Münchner Publikum völlig entgangen ist. Aber, wie schon gesehen, ist das Bild kein einfaches Rollenporträt, in dem die Übernahme einer erfundenen Identität zu einer anspruchsvollen Selbstdarstellung wird, gleichsam eine schmeichelhafte Doppelidentität. Overbecks Vittoria wird zu einer Art romantischer Doppelgängerin erhoben, die ihre eigene Identität verliert.


ENGLISH TEXT:

Re-reading Vittoria Caldoni: Friedrich Overbeck’s ‘Portrait’ in the Neue Pinakothek

One of the indubitable masterpieces of the paintings displayed in the Neue Pinakothek in Munich is Johann Friedrich Overbeck’s seemingly perfect Vittoria Caldoni. In the conclusion to his brief commentary upon this painting in his seminal book of 1964, The Nazarenes, Keith Andrews remarks, “The frontal disposition draws the spectator into the picture and forces him, intentionally, to seek a meaning beyond mere portrait representation.” This observation, if inadvertently, corresponds to the agendum of the present essay. It attempts to answer a question that, in another context, Overbeck himself posed: “was denn das Bild eigentlich vorstelle?” (‘What does the picture really mean?’).

Overbeck’s Vittoria Caldoni is universally referred to as her portrait, but, paradoxically, in his representation Friedrich Overbeck is at pains to attribute to the young girl from Albano a social rôle in the world of work which she did not perform. This rôle is that of a worker in the wheat fields. The circumstance is made clear first by the simple clothing that she wears, and then by the sickle, by the grain sack on which she sits, and by the field of wheat behind her, all images conceived, in the realm of the painting, as timeless pictorial attributes to identify the figure represented. Upon its arrival in Munich in late 1821, very soon after its completion, the painting was identified simply as the “Bäuerin”. In most of the very numerous portraits of Vittoria Caldoni, she is shown as a fairly fine young lady, although her father was identified by contemporaries as poor. Among the portraits of Vittoria, Overbeck’s is an absolute exception: he depicts her as a field labourer, an almost plebeian ‘working girl’.

In reality, the young Vittoria Caldoni was the daughter of a vineyard keeper, a wine-maker. In Overbeck’s portrait every plausible attribute that earlier paintings might have suggested for a daughter of the vineyard are missing: no grapes, no wine, no grape vines, stalks or leaves; and further there is no wine-fiasco or bottle, no glass of wine in hand, nor a wine cask, nor even a setting in an osteria or a cantina di vino; or at the very least some grapes or a few grape leaves, and possibly a slightly plunging neckline, all of which might be associated with a Wine-Princess. The economy of Albano is overwhelmingly tied to the production of wine and to the cultivation of vineyards, as it has been in most of its long history.

Even if Vittoria were merely cast, inexplicably, as a field worker, her task would be to cut the stalks of wheat and to bind them into sheaves. Why then does she sit on a grain sack? The bundle or sack containing wheat belongs instead to gleaners.

Overbeck’s ‘authorised’ biographer observes that prior to her ‘discovery’ Vittoria never left her parents’s house except to go to church, or to work in the vineyard (Howitt, 1886). In 1850, August Kestner, who claims to have discovered her in 1820, had reported more extensively: “Sie hatte außer einigen weiblichen Arbeiten nie etwas gelernt, als die Gebete in ihrem Gebetbuch zu lesen, und denn die Hacke im Weingarten zu führen und die Weinranken im Juni abzupflücken” (Römische Studien).

Thus the question: why does a daughter of a vineyard keeper sit before a field of wheat instead of before a vineyard? And why beneath a fig tree, and not under a grape arbour? Why is she not „Vittoria, die schöne Winzerin von Albano“, as August Kestner, “Ph. D.”, identified her in his Römische Studien. Certainly artists of the time were not at a loss to find images suitable to identify a daughter of the vineyard.

It is often mentioned in passing that Overbeck’s portrait occupies an exceptional position among the many portraits of Vittoria Caldoni: his portrait appears different from the others – although the differences are seldom specifically identified. In the present context, it seems significant that Vittoria Caldoni is, in comparison with other portraits of her, ‘de-individualised’ in Overbeck’s painting – the marks of specific identity are erased. Not only are the features of her face far more idealised than in most other portraits, but they are rendered with greater monumentality and with an emphatic volumetric plasticity. Thus Vittoria Caldoni appears at first much older than her fifteen years. Her, according to all reports, too slender and delicate body appears in the painting sturdy and earthbound. Further, Overbeck seems to have emphasized the essential volumes of her forms so as to produce an idealisation of his sitter.

It is also often emphasized that Overbeck’s ‘Bäuerin’ wears the local costume of Albano, as she does in very many other portraits of her. But it can scarcely be overlooked that the broad surfaces of the materials from which her clothes are fashioned are painted in a flat and unspecific manner, all executed in Overbeck’s favoured contrasting local colours, and the costume is portrayed in terms of generalised outlines and universal features. The relatively small picture – less than a metre high – shows a full-figure in an almost unreal close-up view, although the figure is nowhere truncated by the frame; despite her closeness, she remains complete and somewhat removed. In her entirety Vittoria appears monumental and slightly abstract, the latter quality reflected even in her remote, abstracted, almost absent mental state – all this as if Overbeck has declined portraying the figure he represents in a conventional portrait, as if he has sought to transform her into someone else.

First one must look for signs of a new identity in terms of simple pictorial attributes, the signs and symbols of identity. The field of wheat behind Vittoria functions as a classic landscape or background attribute. It is the place of the maiden’s work. This is confirmed by the presence of an instrument of labour at her side: the sickle for harvesting grain. The white sacco (‘sack’) beneath her, on which she half-way sits, at the same time, shielding  it from pilferers, is her sack of grain, containing the fruits of her work. On the other hand, the trunk of the fig tree, to the left, is quite large, and it occupies a notably significant portion of the picture surface. One sees what appears to be an unhealthy, wasting tree: a large gaping fissure extends vertically from the ground far up the length of the trunk. The outer layer of the trunk bends around the edges of this cleft. Above, at the right side of the trunk, a branch has broken off, leaving the raw substance of the tree exposed.

To Keith Andrews’s observation that the picture forces the beholder “intentionally, to seek a meaning beyond mere portrait representation”, students of Overbeck have, indirectly, offered only three answers; some have suggested an allegory of the seasons (late summer/autumn, or Fecundity/Copiousness), or similarly, Pomona, or the Virgin Mary. The first two suggestions seem inadequate, the third, incorrect.

Following the questions raised above a new reading of the picture is presented. What Overbeck has painted is not a portrait in the traditional sense. In Overbeck’s execution of his commission from the Crown Prince, it appears that his concept of portraiture was determined by his idea of his art as a strictly Christian art and by the conception of his religious painting. It has been claimed that, in his Vittoria Caldoni, Overbeck expands the genre of portraiture to include an allegorical dimension, but, rather than an allegory of summer or autumn, Vittoria Caldoni becomes a Christian allegory, cast as a ‘Ruth’ sitting at the foot of a tree, a figure of the genesis and generations of Christ. If she is to be seen as a Rollenporträt, it is not one like the fashionable portraits of Ludwig’s Schönheitengalerie. Like many participants in Overbeck’s religious histories and those of other Nazarenes who bear the features of the Nazarenes and their families and friends, Vittoria Caldoni assumes a sacred identity. She sits before us on the ground and appears unknowing, absorbed in her inwardness, much as many of the nomadic ancestors of Christ of the Sistina.

Overbeck’s Vittoria Caldoni is also not a Rollenporträt in the sense of those of Lady Hamilton as a Circe, a Bacchante, a Cassandra, or an Ariadne, combining classical poses with modern allure, or similar to Joseph Stieler’s Lady Spence as Erato in Ludwig’s Schönheitengalerie. Overbeck paints Vittoria as a model, as she was, as does Julius Schnorr von Carolsfeld in his Ruth of 1826.

But where Schnorr simply uses Vittoria as a model for his Ruth in the Fields, Overbeck transforms his portrait of her into a figuration of Ruth. The two artists depart from the opposite ends of a single spectrum, but the operation that they transact is nearly identical. Neither image fits exactly into a conventional genre: Schnorr’s Ruth finds its precedents in Nazarene sacred pictures where the sacred personages are portraits of contemporaries, above all in Overbeck’s drawing of Ruth and Boaz for his family (Lübeck). If Schnorr’s ‘Ruth=Vittoria’ is a concealed Vittoria, Overbeck’s ‘Vittoria=Ruth’ is a hidden Ruth, who was completely lost on her public in Munich. One of the two levels of meaning of the painting has been lost. But the painting is also not a simple Rollenporträt in which the assumption of a make-believe identity takes the form of a sophisticated form of self-presentation, in a flattering double-identity. Overbeck’s Vittoria becomes a kind of Romantic pictorial Doppelgängerin who loses her own identity.

Additional information:
The full discussion of Overbeck’s painting is found at ART-Dok (published: 12.09.2013; 101 pp. + 141 illus.):  http://archiv.ub.uni-heidelberg.de/artdok/2253/ ;
URL: http://archiv.ub.uni-heidelberg.de/artdok/volltexte/2013/2253 .

Comments may be made at this Blog: “Nutzen Sie hierzu einfach die Kommentarfunktion zu den einzelnen Beiträgen.” A selection of eventual comments may be included in a Nachtrag at ART-Dok. Das Weblog ist moderiert, d.h. die Kommentare werden durch das Redaktionsteam freigeschaltet. Bitte beachten Sie beim Schreiben unsere Blogregeln.

One or two more ‘Bildbesprechungen’ of pictures in public collections are in preparation for the series ‘Auf den Spuen der Nazarener’.

The illustrations include some ‘bible’ illustrations that some readers may consider as inappropriate Kitsch, but these were mostly undertaken with intentions not foreign to those of the Nazarenes, and in the study of meaning the concept of ‘Kitsch’ does not seem genuinely  relevant.

ART-Dok:

The publication platform ART-Dok is organised and provided by the Heidelberg University Library (UB Heidelberg) and affords academics worldwide the possibility to publish academic work and research online (e.g., monographs, articles, lectures) without cost and without access limitations (open access). An electronic publication of texts which have already been published in a printed version is also possible, and it is actively desired. All publications are stored permanently and are citable using standardized addresses and metadata. Furthermore, the electronic publications are listed in national and international catalogues and databases. A publication in ART-Dok does not exclude further publications of the same document in journals, monographs or at publication platforms. ART-Dok is as an open access repository for the theory and history of art and for visual studies and is supported by Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG).
 

2 Kommentar(e)

  • Charles Davis
    09.11.2013 12:22
    ADDENDA ZU FRIEDRICH OVERBECKS 'VITTORIA CALDONI' IN DER NEUEN PINAKOTHEK IN MÜNCHEN

    Friedrich Overbecks 'Vittoria Caldoni' wurde in den letzten Wochen umgehängt. Das Bild wird jetzt im Saal 4 der Neuen Pinakothek ausgestellt (früher im Saal 4a). Das Buch - Friedrich Overbeck und die Bildkonzepte des 19. Jahrhunderts - von Univ.-Prof. Dr. Michael Thimann (Göttingen) ist in der Planung (Schnell & Steiner, Regensberg: http://www.schnell-und-steiner.de/artikel_8030.ahtml ) und wird voraussichtlich demnächst veröffentlicht. Da wird eine Interpretation des Overbeck’schen Bildes als Rollenportrait im Kontext der Bibelepisode von Ruth und Boas entwickelt. Das Buch basiert sich auf eine Habilitationsschrift (Basel 2007/2008). Prof. Dr. Thimann ist der Verfasser zahlreichen Studien zu Overbeck. Eine Übersicht seiner Aufsätze, die möglicherweise gar nicht vollständig ist, folgt:

    THIMANN OVERBECK-BIBLIOGRAPHIE (nicht aufgelistet sind unzählige Katalog- und Handbucheinträge zu Gemälden und Zeichnungen von FO)

    Thimann 1999: Michael Thimann: „’Prima wird nun wohl ganz aussterben’. Der Maler Friedrich Overbeck zwischen Künstlertum und Katharineum“, in: Das Katharineum, 122, 1999, S. 20-22

    Thimann 2001: Michael Thimann: „Hieroglyphen der Trauer. Johann Friedrich Overbecks ‚Beweinung Christi’“, in: Marburger Jahrbuch für Kunstwissenschaft, 28, 2001, S. 191-234

    Thimann 2005: Michael Thimann: „Vitae parallelae. Friedrich Overbeck, Tommaso Minardi und die Reflexion über das religiöse Bild im Purismo“, in: Pittura italiana nell’Ottocento, hg. von Martina Hansmann und Max Seidel, Akten des Internationalen Kongresses am Kunsthistorischen Institut in Florenz, 7. – 10. Oktober 2002, Venedig 2005 (= Collana del Kunsthistorisches Institut in Florenz, Max-Planck-Institut; 9), S. 255-278

    Thimann 2005a: Michael Thimann: „Der Bildtheologe Friedrich Overbeck“, in: Religion Macht Kunst. Die Nazarener, hg. von Max Hollein und Christa Steinle, Ausst. Kat. Frankfurt am Main, Schirn Kunsthalle, 15. April – 24. Juli 2005, Frankfurt am Main/Köln 2005, S. 155-163

    Thimann 2006: Michael Thimann: „Die schwierige Geburt eines Bildtheologen: Klassizismus als formale Option im Frühwerk Johann Friedrich Overbecks“, in: Fictions of Isolation. Artistic and Intellectual Exchange in Rome During the First Half of the Nineteenth Century, hg. von Lorenz Enderlein und Nino Zchomelidse, Akten des Internationalen Kongresses am Danske Institut for Videnskab og Kunst i Rom/ Accademia di Danimarca vom 5.-7. Juni 2003, Rom 2006 (= Analecta Romana Instituti Danici. Supplementum; 37), S. 79-96

    Thimann 2006a: Michael Thimann: „Der ‚glücklichste kleine Freystaat von der Welt’? Friedrich Overbeck und die Nazarener in Rom“, in: Vom Künstlerstaat. Ästhetische und politische Utopien, hg. von Ulrich Raulff, München 2006 (= Edition Akzente), S. 60-103

    Thimann 2006b: Michael Thimann: „Kinder Apolls, Söhne Mariens. Positionen deutscher Malerei zwischen Klassik und Romantik“, in: Geschichte der bildenden Kunst in Deutschland, Bd. 6: Klassik und Romantik, hg. von Andreas Beyer, München/Berlin/London/New York 2006, S. 351-371

    Thimann 2009: Michael Thimann: „Historische Landschaften. Ferdinand Oliviers ‚Trauernde Juden an den Wassern Babylons’“, in: Ausst. Kat. Lübeck 2009, S. 23-39

    Thimann 2010: Michael Thimann: „Blick in das Gelobte Land: Zur Transzendierung der Naturform in der Landschaftsmalerei der Nazarener“, in: Landschaft am ‚Scheidepunkt’. Evolutionen einer Gattung in Kunsttheorie, Kunstschaffen und Literatur um 1800, hg. von Markus Bertsch und Reinhard Wegner, Akten der Tagung, Jena, Friedrich-Schiller-Universität, 28.-30. September 2006, Göttingen 2010, S. 355-378

    Thimann 2010c: Michael Thimann: „L’Italia, Germania, e i Greci. Concetti visivi all’inizio dell’Ottocento”, in: Italia immaginaria. Letteratura, arte e musica tedesca tra Otto e Novecento, hg. von Petra Brunnhuber, Firenze 2010, S. 159‐174

    Thimann 2011: Michael Thimann: „Kunst und Künstler. Die Erinnerungsgeschichte des ‚deutschen Rom’ in kunsthistorischer Perspektive“, in: Rombilder im deutschsprachigen Protestantismus. Begegnungen mit der Stadt im ‚langen 19. Jahrhundert’, hg. von Jörg Lauster, Martin Wallraff und Michael Matheus, Akten der internationalen Fachtagung am Istituto Svizzero di Roma und am Deutschen Historischen Institut in Rom, 18.-21. Juni 2009, Tübingen 2011, S. 223-247

    Thimann 2012: Michael Thimann: „Notwendige Arabesken bei den Nazarenern. Zu Friedrich Overbeck, Verkündigung und Heimsuchung (1814/1816)“, in: Das Münster, 65, 2012, S. 118-125

    Thimann 2013: Michael Thimann: „Eine antiklassizistische Programmschrift aus Rom: Johann David Passavants Ansichten über die bildenden Künste und Darstellung des Ganges derselben in Toscana (1820)“, in: Johann Heinrich Meyer. Kunst und Wissen im klassischen Weimar, hg. von Johannes Rößler, Alexander Rosenbaum und Harald Tausch, Göttingen 2013 (= Ästhetik um 1800; 9), S. 301-324 (im Druck)

    Thimann 2013a: Michael Thimann: „Friedrich Overbecks Deckengemälde Christus entzieht sich seinen Verfolgern. Zur Genese einer kirchengeschichtlichen Allegorie im Palazzo del Quirinale“, in: Kunst auf der Suche nach der Nation. Das Problem der Identität in der italienischen Malerei, Skulptur und Architektur vom Risorgimento bis zum Faschismus, hg. von Damian Dombrowski, Berlin 2013, S. 83-101

    Thimann 2013b: Michael Thimann: „’Josephs Trübsale und Herrlichkeit’. Der nazarenische Josephszyklus aus der Casa Bartholdy (1816/1817)“, in: 100 Jahre Bibliotheca Hertziana, Max-Planck-Institut für Kunstgeschichte. Der Palazzo Zuccari und die Institutsgebäude 1590-2013, hg. von Elisabeth Kieven, München 2013, S. 118-129 (im Druck)

    Für diese Hinweise bedanke ich mich bei Prof. Dr. Thimann.

  • Hubertus Kohle
    14.09.2013 11:55
    Plausibel

    ... finde ich das und werde mir jetzt ml die lange Version ansehen

Kommentar

Kontakt

Kommentar

Absenden