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Symposium Arts, Humanities, and Complex Networks 2013

Im Rahmen der Network Science Konferenz netsci fand am 4.6.2013 das Symposium Arts, Humanities, and Complex Networks in Kopenhagen statt. Komplexe Netzwerke sind eine sehr weitreichend interdisziplinär diskutierte Forschungsrichtung die Netzwerke als Modellierungsstruktur für verschiedenste Phänomene - soziale Beziehungen, Nahrungsketten, Infektionen, Informationen und Referenzen darin - verwendet Die stellt darin Berechnungen über Struktur und Verlauf an und leitet  Aussagen über den untersuchten Gegenstand statistisch ab. Neben diesen Anwendungen schaut theoretische Forschung auf mathematische Eigenschaften dieser Netze und der Prozesse darin.

 

Die Anwendungen finden immer an den Schnittstellen verschiedener Disziplinen statt. Die Informatik liefert die Maschinerie zur Datenhaltung und Berechnungen darin sowie zu deren Visualisierung. Das Kopenhagener Symposium war multidisziplinär besucht, neben den Informatiker nahmen Philosophen, Designern oder eben auch Kunsthistorikern teil und konnten hervorragend miteinander diskutieren. Zwei  Beiträge von Informatikern hatten Bezug zur Kunstgeschichte und zeigten exemplarisch erneut wie interessant und fruchtbar die Anwendung digitaler Methoden und auch statistischer Verfahren auf deren Fragestellungen sein können.

 

So gingen Merkl, Goldfarb, Froschauer, Weingartner und Arends der Frage nach ob sich die Darstellung der Entwicklung moderner Kunstströmungen von Alfred Barr 1936 aus dem in Wikipedia vorhandenen Wissen um Künstler und Kunstrichtungen rekonstruieren lässt. Dazu erstellten sie aus den entsprechenden Wikipedia Seiten ein Netzwerk der Zugehörigkeit von Künstlern zu Kunstrichtungen. Sie nahmen an dass die Zugehörigkeit eines Künstlers zu mehreren Richtungen bedeutet dass zwischen diesen Richtungen eine Entwicklungsbeziehung besteht. Tatsächlich ergibt das kollektiv gesammelte Wikipedia Wissen eine Struktur die mit dem Ergebnis von Barrs individuelles Expertenwissen vergleichbar ist. Dies bestätigt die Annahme dass das öffentlich verteilt gesammelte Wissen qualitativ hinreichend ist, damit auch ernsthaft zu arbeiten.

 

Lombardi untersuchte ikonographisch die Entwicklung mittelalterlicher Darstellungen von Heiligen. Mit Gesichtserkennung auf Gemälden stellte er fest welche Personen zusammen dargestellt werden. Er vermerkte diese Beziehungen in einem Netzwerk und konnte dann rechnerisch feststellen dass Christus, Maria und der heilige Franziskus darin die Knoten mit den meisten Verbindungen sind. In einer temporalen Analyse ist festzustellen dass Franziskus besonders gut und häufig mit anderen bekannten Heiligen verbunden wurde. Insgesamt ist die Entwicklung des Netzwerks vom preferential attachment geprägt. Dabei entstehen bevorzugt Verbindungen zu Knoten die schon viele Verbindungen haben. Dieses Prinzip des "the rich get richer" läßt sich in vielen Netzwerkprozessen feststellen, z.B. in Zitationsnetzen oder der Linkverteilung im Web. Dass es auch für Heiligendarstellungen gilt lässt sich in der Präzision mit digitalen Methoden recht leicht zeigen.

 

Die weiteren Beiträge beschäftigten sich neben der Visualisierung mit Netzwerken in Film, Musik oder historischen Briefen. Insgesamt hat die sehr inspirierende Veranstaltung aufgezeigt wie wertvoll die Diskussion über Disziplinen hinweg sein kann.

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