blog.arthistoricum.net

Ernüchterung im Musentempel. Der Besucher als Eindringling

Der aktuellen und überschaubaren Sonderausstellung zu „Mythos und Geschichte der Löwenburg“ wollte ich auf meiner Durchreise durch Kassel wenigstens die wenige Zeit, die ich noch hatte, widmen. Dass ich dieses Unterfangen jedoch besser hätte planen müssen, machte mir netterweise das Personal an der Kasse deutlich: Warum ich denn nun noch ins Museum wolle, wurde ich in kühl-distanzierter nordhessischer Manier gefragt; denn ich wüsste ja schon, dass das Museum in einer Stunde schließen würde und zudem, was ich mir denn in dieser kurzen Zeit überhaupt ansehen wolle. Denn alles würde ich ja nun auch nicht mehr schaffen! Da bleibt einem doch die Spucke weg. Liebe Museen, ja es gibt Menschen, die sich für Kunst interessieren auch wenn Sie gerade nicht alle Bilder ansehen wollen oder können und sogar nur eine Stunde Zeit haben.

 

Übertroffen wird dieses Verhalten nur von Personal eines anderen Museums in eben dieser Stadt. Nachdem wir uns artig als Kunsthistoriker auswiesen, bekamen wir zunächst im schroffen Ton zu hören, dass es keine Ermäßigung gebe. Richtig, die wollten wir auch gar nicht, sondern freien Eintritt. Aber dies musste auch erst lange verhandelt werden. Nachdem eine Liste zur Hand war, erkannte das kundige Personal tatsächlich, „ach, Sie sind Künstler“. Im zweiten Anlauf landeten wir dann immerhin bei: „ach, Sie machen so Kunstzeugs“.

 

Liebe Museen, ja Kunsthistorikerinnen und Kunsthistoriker besuchen ihre Einrichtungen – manchmal sogar nur eine Stunde und machen offenbar so „Kunstzeugs“. Vielleicht erklären sie das bei Gelegenheit auch ihrem Personal.

3 Kommentar(e)

  • ...

    Ich denke in Kassel ist man davon ausgegangen, dass Sie ein "normaler Museumsbesucher" sind und sich nicht nur einzelne Werke anschauen möchten, sondern die ganze Ausstellung. Denn einem regulären Museumsbesucher hätte die eine Stunde nicht gereicht. Außerdem wussten sie auch nicht, dass Sie nicht in Kassel wohnen. Wenn Sie ihre Situation gleich am Anfang erklärt hätten, wäre es vielleicht anders verlaufen....und eine Stunde vor der Schließung sind die meisten Mitarbeiter schon müde und genervt. Höflichkeit wäre natürlich in beiden Fällen angebracht, aber ich ignoriere solche Vorfälle meistens. Ich denke die Arbeit an der Museumskasse ist kein Traumjob und die Mitarbeiter wechseln oft und wissen eben nicht alle Einzelheiten. Insbesondere bei Sonderausstellungen werden schnell Leute gesucht, die an der Kasse aushelfen könnten und sie bekommen solche Details gar nicht mit.

  • nputz
    15.01.2013 13:00
    Kaugummis und schwaben

    Mir passierte in Hamburg neulich etwas ähnlich Skurriles: Bei der Besichtigung des Museums für Kunst und Gewerbe, das bekanntlich seit Kurzem die SPIEGEL-Kantine beherrbergt, wurde ich Zeuge, wie sich zwei ältliche Schwaben darüber unterhielten, ob man wohl ein Kaugummi unter einen Stuhl kleben könne. Das fand ich zunächst noch witzig. Da holte der Manfred (Schnauzbart, dunkle Lockenpracht) tatsächlich eine Packung Wrigleys hervor und schob sich ein Kaugummi zwischen die Zähne, das er flugs wieder herauszog. Völlig verdutzt sah ich zu, wie der Mann sich ernsthaft daran machte, sein Vorhaben in die Tat umzusetzen. Ich herrschte ihn also an, er solle das gefälligst unterlassen, das sei ja wohl das Letzte und überhaupt. Plusterte mich noch ein wenig mit dem Kunsthistorikerdasein auf. In dem Moment kam ein Museumswärter und fragte, worum es ginge. Ich schilderte die Auseinandersetzung, und daraufhin sagte mir der Wärter "Hören Sie mal, das hätte schon gepiept, wenn der geklebt hätte. Regen Sie sich mal nicht so auf, das ist ja wohl nicht Ihr Bier." Ich entgegnete dann nur "es hätte sicher gepiept, aber erst in dem Moment, in dem das Kaugummi bereits AUF dem Designstück gehaftet hätte." Der Wärter zuckte die Achseln...

  • Hubertus Kohle
    08.01.2013 19:46
    Solche und solche

    Die Museen verkünden ja immer stolz, dass sie gelernt hätten und inzwischen sehr an Besuchern interessiert seien. Aber das stimmt eben doch nicht bei allen!

Kommentar

Kontakt

Kommentar

Absenden