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Boltanskis unbekannte Seite

Auf arte läuft gerade die Serie „Die Geheimnisse der Meisterwerke“. Dabei können Kunstexperten Gemälde, die im Louvre aus ihren Rahmen genommen wurden, betrachten. Es werden dadurch Bereiche sichtbar, wie z.B. die Rückseite, die dem Auge sonst verschlossen sind.

 

So etwas Ähnliches kann man mit einem digitalen Internet-Kunstwerk auch machen: es „umdrehen“ und sich die „Rückseite“ anschauen. Dazu klickt man im Browser mit der rechten Maustaste in eine Webpage und wählt aus dem Menü „Seitenquelltext anzeigen“ (Firefox) aus. Jetzt wird der Code, aus dem die Seite eigentlich besteht, angezeigt. Hier tun sich dem Auge Absichten den Künstlers auf, die man auf der „Vorderseite“ zwar sehen, aber nicht immer deuten kann.

 

Auf der Internet-Seite von Christian Boltanski (www.christian-boltanski.com), auf die ich durch den Beitrag „Boltanskis Abo-Falle“ von Matthias Weiß auf diesem Blog aufmerksam wurde, kann man auf der Unterseite „LEGAL SPECIFICATIONS“ zwei Leerzeichen erkennen:

 

Abbildung 1: Zwischen „them“ und „belong“ stehen zwei Leerzeichen auf der Seite LEGAL SPECIFICATIONS

 

Dazu muss man wissen, dass im Browser mehrere White-Space-Zeichen als einzelne Zeichen ignoriert und zu einem einzigen Leerzeichen zusammengefasst dargestellt werden. Um zwei aufeinander folgende Leerzeichen wiedergeben zu können, muss man eines davon mit dem HTML-Element „ “ bewusst setzen (sh. Abbildung 2). Solch ein zusätzlich zu einem üblichen Leerzeichen eingesetztes „ “ – Element ist kein Versehen. In einem HTML-Editor müsste man von der WYSIWIG- in die HTML-Ansicht umschalten und dort die Zeichenfolge „ “ eintippen, damit man zwei aufeinanderfolgende Leerzeichen erhält. Ich kenne keinen HTML-Editor, der eines von zwei Leerzeichen automatisch in „ “ umsetzen würde.

 

 Abbildung 2: Erzwingung von zwei Leerzeichen mit HTML

 

An solch einem kleinen Detail kann man also schon etwas über die Intention des Künstlers erfahren, zumindest, dass es sich um eine Intention handelt, und nicht um Nachlässigkeit.

 

Deshalb ziehe ich die Schlussfolgerung, dass die teilweise abenteuerliche Typographie (von Leerzeichen umgebenes Komma, Kleinschreibung nach Punkt) vollkommen beabsichtigt ist, woraus sich wiederum schließen lässt, dass die Erscheinungsform der gesamten Website in voller Absicht dilettantisch gestaltet wurde. Einen weiteren diesbezüglichen Hinweis erhält, wer dem Link auf die für die Seite verantwortliche Agentur folgt (oliv.fr), denn hier kennt man sich mit Webshops, Farbe und Typographie aus.

 

Schließlich gibt es auch noch eine Code-Ästhetik unter der man den Code betrachten könnte: Dies schließt z.B. seine intuitive Verständlichkeit oder elegante Lösungen ein, worauf sich Programmierer am besten verstehen und ich hier nicht näher eingehe.

An diesem Beispiel zeigt sich, dass bei der Betrachtung von digitalen Kunstwerken auch deren „Rückseite“ mit einbezogen werden muss, um das Werk vollständig erschließen und die Absicht des Künstlers richtig erfassen zu können.

21 Kommentar(e)

  • Ich will nicht mit der Tagung "aufbruch museen und web 2.0" nerven, aber ein Redner erwähnte gestern den Fall zweier Menschen in den Vereinigten Staaten, die die letzten zwanzig Jahre in vollkommener Abgeschiedenheit gelebt haben. Es bedurfte psychologischer Hilfeleistung, um ihnen das Internet behutsam beizubringen. Viele wissen nicht mehr, wie sie die Kontrollmechanismen umgehen sollen, die das Herunterladen von Texten und Bildern aus dem Internet eindämmen, andere wissen nicht einmal, wie ein Text aussieht, wenn man ihn sich aus dem Internet herunterlädt... Ich muss gestehen, dass ich auch nur sehr eingeschränkt mit der rasanten Entwicklung Schritt halte und es schon längst aufgegeben haben, so etwas wie einen Durchblick zu erlangen. Was heute Kommunikation noch ist, ist es morgen schon nicht mehr. Manchmal wundert es mich, dass noch so etwas wie ein Dialog zustande kommt. Aber wer kann noch sagen, was ein Dialog ist? Was er mal war - vielleicht, aber was er heute ist?! Unsere Nachkommen werden darüber noch Forschungsarbeiten schreiben... :)

  • Orkus
    21.04.2012 07:34

    <>

    Es soll nicht wie anmaßende Polemik gegen die "minimalistische Betrachtungsweise" (vulgo: Erbsenzählerei) erscheinen, aber nur weil ich das in der vergangenen Woche wirklich so erlebt habe, und ich nicht umhin kann, gewisse Parallelen zu entdecken:

    In einem Philosophie-Hauptseminar wurde ein Text verteilt und er sollte gleich erstmals von jemanden unvorbereitet laut vorgelesen werden.
    Da kam es dann zu jener Stelle: "... Seine Pflicht gegen sich ist insofern teils seine phy-sische Erhaltung; ..." [Aha, auch Hegel schon!] Der Vorlesende setzte ein ganz eindeutiges akustisches Staccato an dieser "-"Stelle, um nur ja seine Achtsamkeit im Lesevorgang walten zu lassen. Die still Mitlesenden schweigen. Es geht weiter.
    Nächste Stelle: "Es ist z.B. ungebildet, wenn der Mensch sich seinem Zorne überlässt und blind nach diesem Affekt handelt, weil er darin eine Beleidi-gung oder Verletzung für eine unendliche Verletzung ansieht und sie durch eine Verletzung des Beleidigers oder anderer Ge-genstände ohne Maß und Ziel auszugleichen sucht. ..." [Donnerwetter, gleich zweimal "-"! Dieser Hegel!] Wieder betont der Lesende diese beiden markanten Textstellen mit seiner Vortragsstimme, so dass jetzt der Letzte in der Runde die Pointe mitbekommen haben muss.
    Da greift dann doch der Dozent ein und merkt an, dass die Trennungsstriche lediglich technische Übersetzungsfakten des Herunterladens aus dem Internetskript in die ausgedruckte Printversion seien.
    Eine "-" kommt noch ein drittes Mal vor, der Lesende liest nun flüssig darüber hinweg. Und was war nun eigentlich die Aussage der Textstelle von Hegel? (Quellentext übrigens: Hegel, Philosophische Propädeutik, 1.Pflichten gegen sich, §41).

    Ein kleiner Morgen-Scherz ;-)

  • ... außer, was Goya schon wusste: "Der Schlaf der Vernunft...". Ein Kunstwerk sollte man in all seinen Facetten analysieren, bevor man sich über Details unterhält. Das ist zumindest meine Meinung. Da ich mich aber damit nicht weiter beschäftigen will, enthalte ich mich weiterer Kommentare zum Thema. Sorry! :)

  • Ich halte mich lieber an die "Mentions Légales", die jede Form der Verbreitung des Inhalts der Seite untersagen, und sage zu dem Thema nichts mehr! [:)]

  • Sabine Scherz
    20.04.2012 18:20

    >Versucht sich Christian Boltanski mit ähnlichen Szenarien (nur er via Internet) in Beckett’scher Manier?
    >Dass es etwas mit “bis zum Tod des Künstlers” zu tun hat, ist wohl recht wichtig.

    Unter den eben zitierten Aspekten stimmt es mich wirklich nicht gerade fröhlich:
    Im Internet, das keine Steigerung von Möglichkeiten und Schnelllebigkeit kennt und das unendlich zu sein scheint, ein "Produkt" bis zum Tode anzubieten, ist ein Gipfel, der in seiner Endgültigkeit selbst nicht mehr steigerungsfähig ist.

  • Sabine Scherz
    20.04.2012 16:31

    @weiss
    >>alles wirkt zusammengestoppelt und nicht aufgeräumt
    Dann stehen sich in diesem Sinne die „Vorder-„ und „Rückseite“ stilistisch nicht entgegen. Mit anderen Worten: die den ästhetischen Sinn nicht in besonderem Maße ansprechende Vorderseite hat eine eher unauffällige und mehr oder weniger normale Rückseite. Das ist zumindest kein Widerspruch.
    Übrigens wäre ich nicht auf die Idee gekommen, die Site auf einem Smartphone auszuprobieren. Nicht nur, weil ich ein solches nicht besitze. Zu sehr widersprechen sich für mich die Ästhetik des Geräts und die der Site. Aber im Sinne einer genaueren Untersuchung ist so etwas nötig; schließlich werden Websites und Spiele normalerweise für die verschiedensten Ausgabegeräte programmiert, so dass eine Site/ein Programm auf möglichst vielen Geräten sauber dargestellt wird und gut zu bedienen ist. Eine Vernachlässigung der Smartphone-Besitzer einer Homepage würde ein Verstoß gegen die eben genannten Konventionen bedeuten.

  • Orkus
    20.04.2012 15:14

    Also wenn ich das hier richtig verfolgen kann, hat Boltanski mit seinem Internet-Kunstwerk STORAGE MEMORY genau das realisiert, was ich am 4. April auf die Schnelle für ARTigo fingierte, wollte es den Status des Kunstwerks für sich einfordern (siehe im Thread: Was kann die Psychologie für ARTigo leisten?).
    Nur ich stand da gerade unter dem aktuellen Einfluss der Beschäftigung mit Bruce Nauman und den bewußt evozierten Zuständen der Beklemmung, die er durch seine ganzheitlichen Inszenierungen auslösen will.
    Versucht sich Christian Boltanski mit ähnlichen Szenarien (nur er via Internet) in Beckett'scher Manier?
    Ob da nicht doch noch jemand anderer mitmischt?

  • Matthias Weiß
    20.04.2012 08:44

    Javascript nicht Lavascript :-/

  • Matthias Weiß
    20.04.2012 08:44

    Kleine Korrektur ohne Relevanz für die spannende Diskussion: das mootools-Framework basiert natürlich auf Lavascript und nicht Java ;-)

  • Sabine Scherz
    19.04.2012 17:21

    Korrektur:
    Bitte die erste Zeile meines Kommentars von gerade streichen (diese Computerei macht mich langsam blind).

  • Ich glaube nach wie vor, dass Boltanski in seiner Art spielt. Er macht Zusagen, schafft Komplizenschaft, verspricht, aber gibt nichts preis... Spielerisch oder verspielt stellt er jeden Besucher der Seite vor ernsten Fragen: Vertrauen? Angst? Geld? Spiel? Verlust? Ein umsichtiger Umgang mit den Menschen auf der anderen Seite des Bildschirms, oder ein Plädoyer dafür? Das kann jedenfalls die digitale Welt manchmal auch sein... :)

  • Sabine Scherz
    19.04.2012 14:38

    Der klassische Vorführeffekt , habe wieder was gelernt :-).

    >…weil ich nicht die Summe für eine Registrierung investieren will.

    Boltanski verfügt auf seiner Seite der Website über große Transparenz: Er weiß von wo ein Besucher kommt, wie lange er auf welcher Seite bleibt und ob er etwas kauft. Der Besucher auf der anderen Seite hingegen weiß gar nichts. Worum es inhaltlich in den Videos geht, wird nicht einmal verbal beschrieben. Hier gibt es einfach keine Information.
    Überhaupt kann man nur ein Produkt kaufen. Wie oft haben Sie schon ein Geschäft gesehen, in dem es nur einen einzigen Artikel zu kaufen gibt? Im Internet ist man an eine Masse von Produkten gewöhnt und auch daran, Information in verschiedener Form zu einem Artikel, den man kaufen möchte zu erhalten. Es gibt meist Links, die zu immer detaillierterer Information führen. Sternchen visualisieren die Beliebtheit eines Artikels. Rezensionen von Kunden beschreiben die Zufriedenheit oder Unzufriedenheit. All das verschafft uns – wie wir meinen – Transparenz und Information. Wir erfahren immer mehr über einen Artikel und halten das für wahr. Aber fragen wir uns auch wie wahr das wirklich ist? Wie kommen die Sternchen zustande? Könnte es nicht sein, dass der Verkäufer im Internet an einem Produkt besonders gut verdient und es deshalb besonders viel Beliebtheitssternchen aufzuweisen hat? Wer schreibt Produktrezensionen? Sind es immer die Kunden oder mischt sich der Hersteller darunter, der auf diese Weise eine weitere Plattform für die Bewerbung seiner Ware findet?

    Was ist wahr – was sieht nur so aus, als könnte es wahr sein?

    Boltanski verzichtet ganz auf Manipulation. Man kann sich weder an einer Produktbeschreibung orientieren, noch auf Grundlage der Beschreibungen von anderen Kunden seine Kaufentscheidung treffen. Man ist ganz auf sich allein gestellt. Auch ich investiere nicht 120 Euro, wenn ich nicht weiß, was ich dafür bekomme. Aber würde ich es tun, wenn ich wüsste, dass so und so viele Käufer die Videos toll finden? Wie frei bin ich in meiner Entscheidung?

    -----

    >Ich kenne ihn als sehr ernsthaften Künstler, der sich den schwermütigen Themen unserer Geschichte gewidmet hat.
    >Der Vergleich des Besuchers der betreffenden Website mit einem "Versuchskaninchen im Terrarium", das man beobachtet, fand ich nicht unbedingt lustig.

    Das ist ein wahrlich schwermütiges Thema! Denn was mit den Daten geschieht, die wir unfreiwillig als Spuren im Netz hinterlassen (hier meine ich nicht die Boltanski-Site, ich unterstelle ihm keinen Argwohn) und freiwillig von uns preisgeben, ahnen wir oft nicht mal.

    >Kurz vor Schluss noch die Script-Einbindung von Google-Analytics. Das ist vorfabriziert bzw. muss den Spezifikationen von Google entsprechen.

    Tja, so weit sind wir schon, es "muss den Spezifikationen von Google entsprechen", einer Firma, die Transparenz und Datenschutz hauptsächlich für sich beansprucht.

    Das alles macht mich sehr nachdenklich und mein Eindruck von Boltanskis Site hat sich sehr geändert!

  • p.s. Mein Einwand zielte nicht auf die spielerische Komponente des Kunstwerks (an die ich nicht zweifele) sondern auf ihre Auslegung. Der Vergleich des Besuchers der betreffenden Website mit einem "Versuchskaninchen im Terrarium", das man beobachtet, fand ich nicht unbedingt lustig. Sich damit zu beschäftigen, ist aus meiner Sicht auch ziemlich plump, geistlos und Menschen verachtend und ich glaube nicht, dass ein Künstler vom Format Boltanskis das tut. Es ging mir ums Prinzip bei der ganzen Exegese wenn Sie so wollen, nicht um eine völlig neue Interpretation. Von mir aus wird Boltanski so eine Beobachter-Praxis mit seinem Kunstwerk offen legen (wäre ja auch verständlich und aktuell), vielleicht ironisiert er sie, vielleicht kritisiert er sie auch, aber dass darin sein "Spiel" bestehen sollte, glaube ich nicht.

  • Margarete Kaufmann
    19.04.2012 10:09

    < Warum also sollte Boltanski das alles gemacht haben?
    Die Frage könnte der Künstler beantworten. Ich kann nur vermuten: Ist diese Seite Ironie? Kritik an der bunten Konsumwelt des Internet? Ein Spiel? Ein Spaß? Oder von allem etwas?>>

    Wenn man das bisherige Lebenswerk von Christian Boltanski betrachtet, würde es schon sehr verwundern, dass er sich nun ironisch äußert.
    Ich kenne ihn als sehr ernsthaften Künstler, der sich den schwermütigen Themen unserer Geschichte gewidmet hat.
    Wie sollte er jetzt im Alter zur Ironie finden? Und soll man dann auch rückwirkend seine früheren Arbeiten ironisch interpretieren? Hoffentlich nicht.
    Die optische Aufmachung seiner neuen Internet-Präsenz finde ich für ihn angemessen. Ich kann das nicht weiter verfolgen, weil ich nicht die Summe für eine Registrierung investieren will. Dass es etwas mit "bis zum Tod des Künstlers" zu tun hat, ist wohl recht wichtig. Mich gemahnt das mehr an memento mori und mir fällt etwa Roman Opalka ein.

    Ich finde aber die Darstellung von Sabine Scherz toll, woraus ich - auch optisch - gleich ihre Aussagen nachvollziehen konnte, wenn ich auch nicht mit ihren Interpretationsvorschlägen kongruieren kann.

  • Matthias Weiß
    19.04.2012 06:36

    Interessante Debatte. Ob es wirklich sein muss, den Künstler nach seinen Absichten zu befragen? Vielleicht lässt sich das auch durch ein genaueres Hinschauen erfahren. Ein Beispiel: Wenn ich korrekt gezählt habe, sind auf den (englischen) Seiten zwei Vorkommen des speziellen "non-breaking-space" (nbs, http://de.wikipedia.org/wiki/Gesch%C3%BCtztes_Leerzeichen) im Code. Diese sitzen übrigens in den beiden Sprachen je an verschiedenen Stellen im Text. Das wäre im Falle einer Aussage schon extrem subtil. Könnte die Funktion schlicht sein, den Textblock bei Verkleinerung des Fensters einfach nicht weiter umbrechen zu lassen, als bis zum nbs? Warum, darüber lässt sich nur spekulieren. Vielleicht weil der Künstler es dem Smartphone-Nutzer erschweren will? Nein, bei meinem Android wird umbrochen, was geht. Selbst bei allergrößter Vergrößerung. Im Chrome und Firefox auf dem PC nicht. Warum also diese seltsamen Code-Ostereier? Ihre Funktion erschließt sich nicht. Einsame, kontextlose Elemente... Funktionslosigkeit in der Abteilung Totalfunktion und Determinismus? Ich gebe zu Bedenken, dass sich hier Alexei Shulgin und sein Programmierer in "Form Art" (ca. 1997) und viele andere mehr ausgetobt haben.
    Der Code selbst ist nicht gerade von Eleganz, auch nicht von ihrem Gegenteil geprägt. Nach dem Kopfteil mit Meta-Elementen bindet ein spezielles Java-Framework (mootools.net) ein. Die Meta-Informationen werden mittlerweile von den Suchmaschinen nicht mehr hoch gewichtet (häufiger Missbrauch in der Vergangenheit), weil wieder stärker der Inhalt gecrawlt wird, also beinahe überflüssig. Im anschließenden Body des Dokuments folgt ein 940 Pixel breites Block-Element (div), in das die Überschrift beinhaltet. Dann der Container , der nicht über Breite definiert wird, sondern den Wert vom ersten div zwangsweise übernimmt. Darin dann der eigentliche Inhalt () mit diversen -Elementen (Paragraph). Usw. Daran ist nichts Elegantes, darin m.E. nichts Spektakuläres auffindbar. Kurz vor Schluss noch die Script-Einbindung von Google-Analytics. Das ist vorfabriziert bzw. muss den Spezifikationen von Google entsprechen.

    Alles in allem kann ich nicht erkennen, dass es sich im Sinne Donald E. Knuths um eine Verkehrung oder Ironisierung der Code-Ästhetik handelt. Es wirkt zusammengestoppelt und nicht aufgeräumt, nicht aber darin einem anästhetischen Prinzip folgend. Es bleibt nach dieser zugegebenermaßen recht oberflächlichen Untersuchung im Unklaren, ob dieser Code des nbs eine artifzielle Funktion erfüllt - oder eben nicht. Wenn, dann wäre das schon eine extremer Minimalismus. Bis zur Unkenntlichkeit und Undeutbarkeit? Das wäre wirklich witzig, nur nicht mehr so wirklich zum gegenwärtigen Zeitpunkt.

  • Ja, das denke ich auch! Es gibt Spiele und Spiele, manche sind Kunst, andere nicht, aber der humanistische Gedanke dahinter sollte schon erkannt werden, weil nur der zählt. Es gibt ihn gelegentlich beim Entwurf (s.a. ARTigo), im Idealfall auch bei der Auslegung. ;)

  • Sabine Scherz
    16.04.2012 11:08

    > Warum also sollte Boltanski das alles gemacht haben?

    Die Frage könnte der Künstler beantworten. Ich kann nur vermuten: Ist diese Seite Ironie? Kritik an der bunten Konsumwelt des Internet? Ein Spiel? Ein Spaß? Oder von allem etwas?

  • Sagen wir, es ist so ok, was wäre dann die "Absicht" des Künstlers Ihrer Meinung nach? Mit dem Besucher der Website zu spielen, wie Sie in Ihrem Blog fragend versuchen zu behaupten, scheint mir keine tragfähige Hypothese. Warum also sollte Boltanski das alles gemacht haben?

  • Sabine Scherz
    16.04.2012 09:35

    Die Seite wurde von einer Agentur gemacht, die ja unter dem Link "Credits" erwähnt wird. Sie stellt normalerweise einen ersten Entwurf (Prototyp) her. Danach wird zusammen mit dem Kunden festgestellt, ob das Projekt auf dem richtigen Weg ist. Im weiteren Verlauf geht es immer hin und her: Die Agentur arbeitet, der Kunde beurteilt den Arbeitsschritt. Bei OK gehts weiter, wenn nicht, muss die Agentur nochmal nachbessern.

    Bei einem Künstler wie Boltanski, der ja nun wirklich kein visueller Laie ist, ist es für mich schlecht vorstellbar, dass er diese fehlerbehaftete Typographie übersehen haben soll. Dafür ist die Zusammenarbeit zwischen Kunde und Agentur, soweit ich das kenne, zu intensiv. Bezahlt wird, was bestellt wurde.

  • Ich würde sagen, auch Agenturen sind fehlbar.

  • Orkus
    16.04.2012 08:14

    Und wie kann man erkennen, dass diese Intention vom Künstler selbst stammt, hier also von Boltanski?
    Hat er keine Programmierer, die das alles gestalten oder sitzt er selbst am Computer?
    Da könnten ja wieder alt bekannte "Werkstatt-Debatten" aufkommen: was stammt originär vom Meister selbst, was von Ausführenden (heute demnach dann PC-Fachleute) und wo liegen die geistigen Urheberschaften? Also eventuell ist das ein Apercu eines Ausführenden, wozu dem Meister selbst das PC-Wissen fehlen würde, dass so etwas technisch überhaupt möglich ist.
    Nur mal so angedacht von einem Nicht-PC-Fachmann.

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