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Inflation der Volontariatsstellen

Wieder höre ich von einer Stelle, die vormals halbtags durch eine Fachkraft besetzt war und nun umgewandelt wird in ein Vollzeit-Volontariat mit auf zwei Jahre befristetem Vertrag. Das ist leider besonders häufig bei Pressestellen der Museen der Fall. Die Volontäre, von denen bereits bei der Einstellung erwartet wird, dass sie über Erfahrung im Bereich der Öffentlichkeits- und Pressearbeit verfügen, tragen oftmals die ganze Last dieses doch so wichtigen Bereichs. Und das für einen Nettolohn, der kaum über 7 Euro pro Stunde liegt.

 

Da fragt man sich doch, wie jemand, der eigentlich eine Ausbildung macht (s. Leitfaden für das wissenschaftliche Volontariat am Museum), gleichzeitig diese verantwortliche Position im Hause einnehmen kann? Wo bleibt die soziale Verantwortung der Direktionen? Und wo die der Politik? Um es mal beim Namen zu nennen: Das ist nichts anderes als Ausbeutung! Wo sollen denn die "Ausgebildeten" einmal arbeiten, wenn mögliche Stellen in Volontariate umgewandelt werden?

 

Ob es sinnvoll für ein konsequentes Außenbild der Museen ist (und unter denen, von denen ich weiß, dass sie in dieser Weise verfahren, sind nicht gerade unbekannte Häuser), wenn alle zwei Jahre der Ansprechpartner für die Pressevertreter wechselt, sollte hier einmal bedacht werden. Oder handelt es sich gar um die Geringschätzung der Öffentlichkeitsarbeit? Dann weiß ich nicht, warum die Leiter und Leiterinnen so scharf auf vielfältige Presseresonanz und hohe Besucherzahlen sind!

7 Kommentar(e)

  • Bleistifterin
    06.12.2011 10:19

    Habe mich auch mal auf eine Volontariatsttelle beworben, in einem kleinen aber feinen Museum. Mir war von vorneherein klar, dass ich für den engen inhaltlichen Rahmen des Museums falsch qualifiziert war, aber eine interessante Erfahrung war das Vorsprechen schon.
    Man soll schon alles können - das zeigt sich ja auch an der Voraussetzung: Promotion - aber verdient nichts (800 brutto oder so).
    Da das alles schon klar war, und ich die Chance auf Zusage schon nach 7 Minuten in die Luft geschrieben hatte, erlaubter ich mir die freche Nachfrage: Das ist doch hier sowas wie ein Trainee-Programm mit Ausbildungsinhalten- aber wie wollt Ihr mich eigentlich ausbilden? Gibt es Workshops? Kurse? Mentoring? irgendeine Simulation eines strukturierten Programms? Darauf verdutzte Blicke, ein äh-gesteuertes: learning on the job (wobei man ja schon alles können soll) --- und ein sehr anerkennendes, verständnisvolles Grinsen der anwesenden kommunalen Frauenbeauftragten... letzteres rettete mir den Tag.
    Alles in allem eine sehr ernüchternde Erfahrung.

  • boja
    03.12.2011 19:10

    Das Problem betrifft traurigerweise nicht nur die Presseabteilungen, sondern jegliche Tätigkeitsfelder im Museum, bei denen die Beschäftigten leicht ausgetauscht und Neuzugänge schnell eingearbeitet werden können. Volontäre ersetzen heutzutage fast alle Positionen in Kulturinstitutionen, außer Führungspositionen natürlich.

    Wie dann mögliche zukünftige reguläre Stellen im Kulturbereich aussehen sollen, wenn die Kulturbetriebe auch von Volontären am Laufen gehalten werden können, ist mir auch ein Rätsel...

  • Ein Nachtrag noch und damit höre ich auf:
    Der Museumsbesucher, den das Museum haben will und über die eigene Presseabteilung anspricht, ist doch der Autofahrer, der Werbebroschüren seiner Lieblingsmarke liest. Oder? Also, warum holt man ihn nicht dort, bei dieser Lektüre ab? Nur weil in einem Museum die Marketingabteilung von der Presseabteilung getrennt arbeiten? Haben sie gar gegensätzliche Interessen? Das wäre natürlich fatal bzw. ist es auch!

  • Ja, wie ich schon sagte, schlechte Kommunikation intern und extern. Mehrere Stellen, mehrere Personen, mehrere Geldquellen und dazwischen keine Kommunikation bzw. ein erbitterter Kampf um die Beibehaltung des eigenen Kompetenzbereichs. Ich nehme an, dass es daran liegt und nicht nur an einem Ort sondern leider mit wenigen Ausnahmen fast überall. Deshalb Dank, dass es inzwischen die sozialen Netzwerke gibt, weil sich nur noch so etwas ändern kann. Andere Wege scheinen schon längst in Sackgassen geführt zu haben und sind gescheitert. Wenn sich auch so, mit den neuen Kommunikationsmöglichkeiten und -techniken nichts bewegen wird, dann wäre das schlimm. Aber ich bin da eigentlich ganz zuversichtlich. Eine Mail an einen Kollegen aus der Wirtschaft geht allemal leichter von der Hand als ein formvollendeter Brief. Ein Treffen lässt sich per sms leichter vereinbaren als per Telegramm. Also: nur keine Angst, es ändert sich was, wir ändern es ja auch mit jedem (kommentierten) Posting! :)

  • Isa Bickmann
    02.12.2011 13:38

    Sie verwechseln Marketing und Öffentlichkeitsarbeit, zu der auch die Pressearbeit streng genommen gehört. Die Pressestelle kümmert sich allein um die Information der Presse (Print und Online) per Text, Bild und Pressekonferenz.
    Große Häuser, wie z.B., um mal hier in Frankfurt/M. zu bleiben, Städel und Schirn Kunsthalle, haben selbstverständlich eine Marketingabteilung und sind sehr raffiniert, was die Akquise solche Sponsoringaktivitäten der Wirtschaft angeht. Kleinere Häuser oder finanziell schlecht ausgestattete verzichten auf Mitarbeiter fürs Marketing und Fundraising. Diese Aufgabe übernehmen dann die Kuratoren bzw. die Leitung.

  • p.s. Um es vielleicht deutlicher zu formulieren und an den Posting zu knüpfen: Arbeitet denn irgendwo die Pressestelle eines Museums mit der Pressestelle von Toyota beispielsweise zusammen? Kennen sich der/die VolontärIn vom Museum und der/die LayouterIn vom BMW über kollegiales Händeschütteln und nichtssagender Plauderei hinaus? Tauschen sie sich zufällig wenigstens auch über Inhalte aus? Ich wette: Nein! Weder aus eigener Initiative noch im Auftrag "von oben" gibt es das. Wieso nicht? Das ist eben meine Frage. Warum kein Fotoshooting für den neuesten Türgriff der Marke X in einem vollen Rubens-Saal der Alten Pinakothek mit der Option des Museums das Bild auch für eigene Werbezwecke zu verwenden? Zu teuer? Für wen? Zu groß der Aufwand? Für wen? Kurz: ich verstehe es nicht!

  • Ja, es ist einfach schlechter Management, wenn Kunst- und Kulturvermittlung nicht ernst genommen wird, das denke ich auch! Manchmal verstehe ich auch nicht so richtig, warum die Kommunikation auf der höchsten Ebene von Unternehmen nicht funktioniert und/oder die Ergebnisse nicht nach unten dringen, bzw. sich nicht konkretisieren. Denn die Kontakte gibt es ja oftmals zwischen Kulturinstitutionen und Wirtschaft. Das sieht man ja bei Ausstellungen, wenn die Geldgeber dankbar aufgelistet werden. Entweder sind das jedes Mal andere Abteilungen, andere Töpfe oder andere Ansprechpartner, ich verstehe es nicht. Ich glaube inzwischen, dass es einen Kommunikationsdefizit intern wie extern bei manchen (vielen?) Museen gibt. Ich hatte die Möglichkeit in den letzten Jahren mir alte wie auch die neuesten Werbebroschüren von prominenten Automobilherstellern in Europa und weltweit anzusehen. Italienische Unternehmer (Autofirmen wohlgemerkt!) der 1950er und 1960er Jahre brachten regelrecht Beilagen zur Kunstgeschichte aus. Einfach so! Sei es, dass Denkmäler, Bildwerke oder sonstige alte Kunst vorgestellt wurde, die wurde einfach in der damals besten Qualität neben dem Werbeheft oder der regelmäßigen Zeitschrift der Firma herausgebracht (und ich bin mir da ziemlich sicher auch "konsumiert"). Seit kurzem ist dieser Trend in Deutschland wieder aktuell, sah ich zufällig und nahm es mit Überraschung wahr. Es gibt zwar keine Beilagen zur Kunst, aber die neuesten Automodelle werden in Verbindung zu Kunst präsentiert. Das gab es früher nicht. Also das Layout der Broschüre oder der Publikation sieht so aus, dass alte, mehr oder minder bekannte, aber immer gut aussehende Kunstwerke oder historisch und kulturell bekannte und wertvolle Architekturrahmen verstärkt als Gegenpol zu den neuesten Markenkreationen herangezogen werden. Zuweilen hatte ich den Eindruck, dass diese Werbebroschüren von Automobilmarken allemal besser für den Konsum von Kunst werben, als es Kultureinrichtungen hierzulande tun. Es mag ein subjektiver Eindruck sein, aber wenn es die Bereitschaft seitens der Wirtschaft gibt, sich für diese Kunst - sicher aus rein kommerziellen Überlegungen - zu öffnen, warum steigen da die Vertreter von Kunst und Kultur nicht ein? Mir bleibt das ein Rätsel zumal, wie gesagt, man immer wieder feststellen kann, dass es die Kontakte gibt. Sind die denn so oberflächlich, nur zur Schau oder fürs PR? Das glaube ich kaum. Ich glaube, es wird einfach nicht oder nicht richtig kommuniziert.

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