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ARTstor

Gastbeitrag von Charles Davis, München

 

EIN BILDARCHIV FÜR ZUHAUSE UND UNTERWEGS

 

Die Hiobsbotschaft heisst: Phototheken schliessen überall, oder mindestens leiden sie unter stark reduzierten Öffnungszeiten. Dennoch haben Bildforscher oft eine unbändige Lust auf Bilder. Man kann lange über die Vor- und Nachteile unterschiedlicher Gestaltungen von Bilddatenbanken reden, aber weiterhin werden alle Bilder gebraucht, die man finden kann. Für das post-postmoderne, ja das ‚digimoderne‘ Auge bieten die grossen Bildsuchmaschinen die reichste und anregendste Ernte. Für Bildrecherchen stehen zahlreiche Bilddatenbanken zur Verfügung: nicht nur Wikipedia Commons, sondern auch kostenlose Webseiten wie EuropeanaArtcyclopedia und das Marburger Bildarchiv. Außerdem kommen andere  Bilddatenbanken wie Prometheus (mit inzwischen fast 800.000 Bildern) in Frage. Für die Nutzung von Prometheus – das verteilte digitale Bildarchiv für Forschung und Lehre – muss eine persönliche oder institutionelle Lizenz vorliegen. Die meisten deutschen Universitäten stellen ihren Mitgliedern eine für den kostenlosen Campus-Zugang zur Verfügung. Lizenzierte Institutionen liegen fast ausschliesslich im deutschsprachigen Raum, zu den sehr wenigen Ausnahmen zählen das Harvard College und die Universität Ca’ Foscari in Venedig. In München zum Beispiel befinden sich vier institutionenelle Lizenzen und achtundziebzig persönliche Konten.  In der neusten Diskussion über Prometheus in diesem Blog (mit zahlreichen Kommentaren) wird ARTstor gelegentlich erwähnt, meistens aber als ein eher teurer, subskriptionspflichtiger Dienst, oder schlicht und einfach als “der falsche Weg” (unter den vielen ‘falschen’).

 

Trotzdem erfahren schon seit einer Weile die Besucher der Homepage des Zentralinstitutes für Kunstgeschichte, dass das “ZI  JSTOR und ARTstor” lizenziert. Es wird berichtet, dass “von den Computerarbeitsplätzen innerhalbs des ZI nun auch ARTstor nutzbar” ist. Was nicht verraten wird, ist, dass im Unterschied zu subskriptionspflichtige Datenbanken wie gerade JSTOR, ARTstor allen ein sehr benutzerfreundliches Feature bietet: “remote access”, also ein Fernzugriff. (Bei JSTOR ist dies gelegentlich möglich aber nur mit Zugang zu einem Proxy-Server.) Bei ARTstor bekommen alle den Fernzugriff durch eine kinderleichte Registrierung – man braucht nur eine email Adresse und ein Passwort seiner Wahl. Die erste Registrierung muss am Ort, in einer der lizenzierten Institutionen bzw. Bibliotheken durchgeführt werden: im ZI München, z.B. mit den Publikumscomputern oder über die ZI W-Lan. Dann geht’s los: 120 Tage lang braucht man sich nur einzuloggen – “anywhere, anytime” laut ARTstor – im Inland, im Ausland, zuhause, unterwegs. Die 120 Tage müssen nie zu Ende kommen: es reicht, nur einmal innerhalb der 120 Tage bei der Bibliothek wo man sich ursprünglich registriert hat, sich wieder einmal anzumelden (mit ‚Log in’ zum persönlichen Konto) und die 120 Tage fangen wieder vom Anfang an. Im Notfall können Dritte dieses durchführen. Die ursprüngliche Planung von ARTstor legte offenbar grossen Wert auf eine intensive Benutzung der Datenbank. Das „anywhere –  anytime“ Angebot wird von ARTstor jetzt grossgeschrieben.

 

Die Registrierung ist wirklich sehr einfach: bei der Startseite klicken Sie erstens “GO”, und dann auf “Register” anstatt “Log in”. Auch wenn dies nicht open access ist – und man braucht aus open access keinen Fetisch zu machen –, ist es mindestens eine sehr liberales Benutzungsangebot, ein Angebot, dass einem erlaubt, Bildrecherche ausserhalb der Bibliotheköffnungszeiten an anderen Orten zu unternehmen.

Nicht nur das ZI in München bezieht ARTstor, auch –  über die Max Planck Digital Library – alle Max-Planck-Institute (Rom und Florenz aber auch die Max-Planck-Institute in Deutschland) und durch andere sogennante „participating institutions“ (die allerdings beachtliche Gebühren bezahlen) in Deutschland, Österreich und in der Schweiz: Weimar, Leipzig, Köln, Dresden, Berlin, Jena, Bamburg, Greifswald, München (auch die LMU), Münster, Mainz, Heidelberg, Wien, Bern, Zürich, Genève, Lausanne.

 

Was ist ARTstor denn und was findet man in ihm?

 

Man findet allerlei Fotos – über eine Million – fast immer erster oder sehr guter Qualität. Auch wenn manche die Bildauswahl bei ARTstor etwas konservativ finden mögen, ist die Welt-Kunstgeschichte von der Antike bis zum Gegenwart in vielen ihrer Facetten vertreten. (Die Rechte von Künstlern und ihren Erben begrenzen einigermassen die Einbeziehung von Werken aus der letzten Zeit.) Mit der Zoom-Funktion lassen sich die Bilder stark vergrössern, manche Gegenstände lassen sich fast besser als im Original studieren. So wird der Bildwissenschaftler sich von seiner Lupe bald verabschieden können!

 

Über die ARTstor Digital-Bibliothek:

 

ARTstor stellt sich als eine gemeinnützige digitale Bildbibliothek vor mit über einer Million Bildern aus den Bereichen Kunst und Architektur sowie Geistes- und Sozialwissenschaften. Diese Bibliothek bietet Wissenschaftlern und Studierenden die Möglichkeit, mit visuellem Materialzu lehren, zu studieren und zu lernen.  Sie bedient heute mehr als 1250 Bildungsinstitute weltweit. Gedacht ist vor allem an Benutzer in  akademischen Diszplinen: u. a., Kunst, Architektur, Musik, Religion, Anthropologie, Literatur, Weltgeschichte, sowie Studien über Amerika, Asien, die klassichen Antike, das Mittelalter, die Renasissance und andere mehr.

 

Unter den vielen Sammlungsschwerpunkte – Europäische Kunst der Vergangenheit ist sehr gut vertreten – können einige der Sondersammlungen von ARTstor ohne jegliche Ordnung erwähnt werden: Contemporary Architecture, Urban Design, Public Art, Asian Art, African Art, Latin American Art, Islamic Art, Classical Sculptures (Staatliche Museen Berlin), Modern Architecture, Frick Art Reference Library Photoarchives (19.000 Bilder), Gernsheim Photographic Corpus of Drawings (bislang 28.000 Bilder), The Illustrated Bartsch (komplett: 51.500 Bilder guter Qualität), Islamic Art and Architecture, Josef and Anni Albers Foundation, Contemporary Art, Mark Rothko, Museum of Modern Art (17.600 Bilder), Bodleian Library (Oxford), Handschriften und frühe Druckwerke (24.500 Bilder), QTVR Panoramas of World Architecture (Columbia University), Roy Lichtenstein (1.172 Bilder), Samuel H. Kress Collection, Scala Archives (Florenz), History of Women in America, The Black in Art, Fondazione Federico Zeri (Bologna; 28.200 Bilder).

 

Als schneller Überblick ist hier  eine Tabelle von einigen häufig im Internet gesuchten Künstlern beigefügt, einschließlich der Zahl der Bilder, die bei ARTstor zu finden sind.

 

Andy Warhol (696) 

Anselm Kiefer (9)

Claude Monet (838)

Damien Hirst (96)

Diego Velasquez (123)

Edgar Degas (666)

Francesco Clemente (10)

Georg Baselitz (3)

Gerhard Richter (25)

Giorgio Vasari (754)

Gustav Courbet (293)

Henri Matisse (282)

Jean-Michel Basquiat (55)

Jeff Koons (11)

Joseph Beuys (87)

Julien Schnabel (29)

Michelangelo (weit über 1000)

Nicolas Poussin (308)

Pablo Picasso (127)

Peter Paul Rubens (weit über 1000)

Richard Serra (232)

Robert Mapplethorpe (6)

Robert Rauschenberg (430)

Vincent Van Gogh (702)

 

Die ARTstor Digital-Bibliothek versteht sich auch als zuverlässige technologische Plattform und Infrastruktur zur gemeinsamen Nutzung von hochauflösenden Bildern durch Hochschulen, Museen und Bibliotheken. Man kann die Bilder browsen, durchsuchen, auf den Computer herunterladen, und sie weiterhin auch drucken, per email senden und in PowerPoint Präsentationen einbauen. Die Benutzung der Bilder für akademische Veröffentlichungen wird auch berücksichtigt (s. das Programm IAP, „Images for Academic Publishing“).

2 Kommentar(e)

  • Angeles Torres
    10.10.2011 08:41

    Dear all,

    The word you have used in your article Digimodern, did you take it from the book Digimodernism by professor Alan Kirby? It seems to me that you are refering to his work ...if not I am recommending it to you and all who are interested in what's happening after the postmodernism...Digimodernism, author Alan Kirby, Continuum, 2009

  • Was Sie nicht erwähnt haben ist das geniale Präsentationswerkzeug, welches man nach Registrierung kostenlos beziehen kann. Dieses Programm hat einiges Potential in sich. Es kann einige Formate anderer Programme - etwa ppt, leider kein odt - öffnen und weiterverarbeiten.
    Das ArtStor eigene Programm verfügt auch über nette Spielzeuge, wie zum Beispiel Folien mit der Option vergrößerbare Bilder einzubauen oder gar ganz auf das Basteln von Folien zu verzichten (wenn man keinen Text braucht ganz nett) und einfach eine bessere Version einer Diaschau vorzuführen (ebenfalls mit vergrößerbaren Abbildungen).

    Leider - wie man an ihrer Auflistung an Suchresultaten entnehmen kann - sind einige Bereiche bei ArtStor doch noch recht dünn.
    Man darf sich doch nicht nur auf eine Suchmaschine verlassen. Es ist immer ratsam alles auzuschöpfen und mehrere Optionen zu nutzen. Manchmal findet man doch auch recht gute Resultate - man mag es ja gar nicht hören - über Google und Co.

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