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Abriss des Eiffelturms

Seit über 120 Jahren bereichert der Eiffelturm das Stadtbild von Paris bzw. verunstaltet er die Silhouette der Stadt, wie zahlreiche Künstler und Gelehrte schon bei seiner Errichtung 1889 meinten. Nun muss die unverkleidete, marode Eisenkonstruktion abgetragen werden. Rost und Korrosion sowie witterungs- und nutzungsbedingte Materialermüdung haben nicht nur den sichtbaren 300 Metern stark zugesetzt, auch die Verfassung der vier Fundamentblöcke bedrohen die Standfestigkeit des Wahrzeichens und Revolutionsdenkmals (vgl. dazu u. a. Kohle 2000, 2001 u. 2002).

 

Freilich kommt die Diagnose – bestätigt durch moderne Computertomographie – nicht überraschend: Gustave Eiffel hatte den Stahlfachwerkbau nicht für die Ewigkeit errichtet, sondern zum Jubiläum der Revolution und als Attraktion der Weltausstellung. Daher sollte er schon 1909 wieder abgerissen werden. Aufgrund seiner Funktion als Rundfunkstation war er aber schon damals unentbehrlich geworden.

 

Bis zum Herbst soll der Ingenieurbau nun komplett demontiert und innerhalb von drei Jahren, bis zu seinem 125jährigen Jubiläum am 1. April 2014 wieder aufgebaut werden. Neben der momentan ins Auge gefassten Komplettdemontage gibt es auch Überlegungen zur schrittweisen konservatorischen Rundumerneuerung, was jedoch wesentlich teuerer kommen dürfte. In einem Deutschlandradio Kultur-Interview zog der Arichitekturkritiker Nikolaus Bernau den Vergleich mit Eisenbahnbrücken, die wie zahlreiche andere Zeugnisse der Industriearchitektur heute nur noch auf alten Photographien zu bewundern sind (vgl. z. B. die Großhesseloher Brücke).

 

Bei einem Gebäude von darart eminenter Bedeutung für das kollektive Bewusstsein einer Stadt und einer ganzen Nation, wird man sich wohl auf hitzige Diskussionen gefasst machen können. Schließlich ist der Eiffelturm aufgrund seiner ikonischen Qualitäten in unseren Köpfen als Symbolbild eingebrannt. Auch im Falle des französischen Nationalsymbols wird darüber hinaus die Frage der Teil-, oder Totalrekonstruktion noch kontrovers verhandelt werden. Man kann also gespannt sein, ob man den Turm beim nächsten Parisaufenthalt noch einmal wird bewundern können oder nicht. Laut Statikern könnte man dem rostigen Riesen noch ein paar Jahre Galgenfrist einräumen.

 

P.S. Als ich heute Vormittag die Meldung im Radio gehört habe, hatte ich für einen Moment das Gefühl, dass es sich um einen Aprilscherz handeln könnte.

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