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Museum 2.0

 

Ich habe hier vor einer Weile mal über Peter Weibels revolutionäre Ideen zur Besucherbeteiligung bei der Konzeption von Ausstellungen geschrieben. Ein ganz klein wenig hat man den Zuruf Weibels im Kölner Wallraf-Richartz-Museum berücksichtigt. In einer interessanten Ausstellung (Panoptikum) mit Depotwerken aus dem Museum - dabei sind Bilder, die manchem kleineren Museum zur Ehre gereichen würden - durften die Besucher ihr Lieblingsbild küren, das demnächst dann für mindestens ein Jahr in der laufenden Ausstellung gezeigt wird. Weibel hat sicherlich Größeres im Sinn gehabt - aber ein Anfang ist in Köln gemacht!

Ich habe hier vor einer Weile mal über Peter Weibels revolutionäre Ideen zur Besucherbeteiligung bei der Konzeption von Ausstellungen geschrieben. Ein ganz klein wenig hat man den Zuruf Weibels im Kölner Wallraf-Richartz-Museum berücksichtigt. In einer interessanten Ausstellung (Panoptikum) mit Depotwerken aus dem Museum - dabei sind Bilder, die manchem kleineren Museum zur Ehre gereichen würden - durften die Besucher ihr Lieblingsbild küren, das demnächst dann für mindestens ein Jahr in der laufenden Ausstellung gezeigt wird. Weibel hat sicherlich Größeres im Sinn gehabt - aber ein Anfang ist in Köln gemacht!

 

15 Kommentar(e)

  • Tut mir leid: das Ergebnis der oben erwähnten Umfrage ist für mich kein Beispiel für die Demokratisierung des Geschmacks sondern - um bei den Wörtern von Christian Demand zu bleiben, dessen Beitrag ich nun auch gelesen habe - Beispiel der "autoritativen Theorie des Geschmacks", die sich offensichtlich wider Erwarten durchgesetzt hat. Dieses Gemälde von Firl entstammt einer Zeit, in der tatsächlich Museumsbestand nach autoritativen Kriterien ausgewählt wurde. Das ist aber m.E. schon sehr lange nicht mehr so, zumindest nicht mehr in dem Maße, in dem es noch vor 100 Jahren war. Die ausgefallensten Kunstwerke finden in Museen ihren Platz und ich kann bei bestem Willen, auch bei einem Bestand wie jenes des Kölner Wallraf-Richartz-Museums heute keine autoritativen Kriterien ausmachen. Deshalb: wenn ein solches Bild gewinnt, verstehe ich die Welt nicht mehr. Ich bin auch für Demokratie, aber irgendwie holt man sich bei so lediglich "zaghaft" offenen Türen ohne zu wollen die Autorität wieder rein, die man eigentlich für erledigt gehalten hatte. Deshalb bleibe ich auch dabei: dagegen hilft nur Weitermachen! Interaktivität mit dem Publikum bis zum Schluss, dann pendelt sich das auch wieder ein. Halb offen geht wie man sieht nicht mehr, also bleibt nur: ganz offen! :)

  • >dass die Thematik Anklang findet...

    Das hat mich ehrlich gesagt auch überrascht. Aber ob die Thematik wirklich eine so große Rolle bei der Auswahl gespielt hat? Man sollte immerhin Platz 2 und 3 nicht außer Acht lassen.

  • "manchmal können Argumente und Historisierungsversuche doch auch ein erstes Urteil überwinden, oder nicht?"
    Auf jeden Fall. Ich war allerdings perplex, wie schnell das Umschwenken vollzogen war; ohne dass ich mich damals intensiver mit Rembrandt auseinandergesetzt hätte; dass man sein Urteil ändert, wenn man sich mit einem Künstler länger beschäftigt, ist ja verständlich.

    Bei dem Firle wundert mich übrigens mehr, dass die Thematik Anklang findet, als dass das Bild gefällt. Realistische Darstellungsweise, interessante Beleuchtung, seifenopertaugliche Gesichtsausdrücke.

  • Hubertus Kohle
    05.01.2012 08:32

    @ibd
    Stimmt. An Christian Demand habe ich in diesem Zusammenhang auch gedacht. Ich empfehle zudem "Die Beschämung der Philister". Aber Achtung: Das Buch des neuen Herausgebers vom "Merkur" ist politisch in hohem Maße unkorrekt!
    Und noch zur Verteidigung des Kunstgeschichtsstudiums: Für unreflektierte Kanonisierung bin ich auch nicht, aber manchmal können Argumente und Historisierungsversuche doch auch ein erstes Urteil überwinden, oder nicht?

  • Ich zweifele nicht daran, dass "der Firle" gefallen hat. Kitsch (auch gehobener Kitsch) findet immer Anklang. Ich nehme mich dabei gar nicht aus, zumal ich Fr. Boucher sehr schätze. Die Frage ist nur, wie man das vermittelt, das Kunst eine Spur weiter liegt? Ich unterhalte mich aber auch gerne über Kinscht. Eine sehr interessante und auf jeden Fall viel zu wenig ernst genommene und besprochene Kategorie.

  • Vermutich gefällt der Firle einfach...

    Ich möchte hier an den höchst interessanten Vortrag "Haltung! Wie viel Ethos braucht Design?" von Christian Demand erinnern - nachlesbar hier:
    http://www.designkritik.dk/haltung-wie-viel-ethos-braucht-design-christian-demand/

    Persönliches Beispiel aus dem Bereich der Kunstgeschichte: mit 18 Jahren, knapp vor Abitur, fand ich Rembrandts Radierung "Landschaft mit drei Bäumen" ausgesprochen misslungen und hässlich. Ein Jahr später, nach gut einem Semester Kunstgeschichtsstudium fand ich sie herausragend. Hatte ich mit 18 trotz großen Interesses an Kunst noch keinen Blick für die Qualitäten Rembrandts? Oder bin ich im kanonzentrierten Münchener Kunstgeschichtsstudium einfach umgepolt und auf den Kanon getrimmt worden? Eine seit nunmehr zwei Jahrzehnten unbeantwortete Frage.

  • ... vielleicht haben viele unbewusst oder auch tatsächlich Liebermann oder Uhde darin gesehen? so würde sich das jedenfalls teilweise erklären. das könnte sein...

  • ok, Hauptsache man macht irgendwie mit der Interaktivität weiter und bezieht die Besucher auch weiterhin mit ein. Dann werden sich mit Sicherheit in einem Jahr und bei einer neuen Präsentation viele andere Stimmen melden. Dann relativiert sich ja das Ganze auch wieder. Wer weiß, wie es jetzt ausgestellt war, dass es so viele beeindrucken konnte? Der Versuch des Museums ist auch noch lange nicht zu Ende mit diesem Ergebnis, also nennen wir es nur "Zwischenstand". :)

  • Hubertus Kohle
    04.01.2012 10:03

    Stimme wieder Hefele zu. Das Bild ist auch nicht viel schlechter als ein Uhde oder ein Liebermann, und wenn wir an der einen oder anderen Stelle mal dem Publikum nicht immer nur vorgeben, was gut ist, sondern es selber bestimmen lassen, dann ist das vielleicht Demokratie!

  • Franz Hefele
    04.01.2012 09:47

    Nun ja, mit Verlaub, aber ein "Desaster" bzw. eine "Katastrophe" sehe ich da nicht heranziehen. Es geht bei der ganzen Sache ja überhaupt nicht um das Gemälde von Firle; das Projekt selbst ist als zaghafter Versuch zu würdigen, neue Ideen in die "altehrwürdige" Institution Museum zu integrieren. Die zwei, drei oder vier für ein Jahr abzuhängenden Bilder anderer Maler, die womöglich bedeutender sind, werden da zu verkraften sein.

  • Das kommt dann auch noch hinzu: dieser Schinken soll "mindestens ein Jahr", so das Versprechen des Museums, in der Dauerausstellung gezeigt werden! Bin mal gespannt, wie das Museum das ohne multimediale Hilfe, die die ganze Katastrophe ein wenig vielleicht mindern könnte, machen will? Da wird aber die digitale Kunstgeschichte massiv einspringen müssen, damit es nicht in ein totales Desaster mündet... :(

  • Hubertus Kohle
    04.01.2012 07:02

    @hefele: völlig d'accord. Meine Neigung, Dinge überzupointieren, ist vielleicht kontraproduktiv.
    Übrigens ist der Firle riesig groß und wird die armen Kölner Museumsleute dazu zwingen, mindestens drei Bilder aus der Daueraustellung zu entfernen!

  • Ja? Ich weiß es nicht. Wenn ich solche "Ergebnisse" sehe, kann ich nicht umhin, mich zu fragen, was die Kunstgeschichte in den letzten 50-60 Jahren gemacht hat und mich mit schlecht zu fühlen. Aber vermutlich ist das eine unangemessene Reaktion und ein ausgefallener Selbstbezug. Auf jeden Fall, bekannt oder unbekannt, es wurden Werke gezeigt von Anthonis van Dyck, von Gustave Courbet oder von Frederick Sandys. Ich meine, Frederick Sandys sagt mir auch nicht ungemein viel, aber der Ausschnitt eines Pastells wurde für das Plakat der Ausstellung ausgewählt. Dann schaut man vielleicht bei wikipedia nach, wenn es sonst nichts anderes gibt, sieht was er sonst so noch gemalt hat und entdeckt einen Pre-Raphaeliten. Bei Walther Firle - mit Verlaub - gibt es nichts zu entdecken. Ich will nicht sagen, dass jedes noch so "schlechte" Bild von Gustave Courbet besser ist als eines von Walther Firle, aber in gewissem Sinne schon. Courbet hat - abseits jeder Ideologie - einfach mehr als nur "Gefühl" gesehen, ich denke, darüber können wir uns einig sein. Diesen so kleinen Unterschied in so vielen Jahren nicht vermittelt zu haben, finde ich schon traurig. D.h. ich finde es eigentlich als Zeugnis für dieses Fach ziemlich niederschmetternd, aber ich will es nicht so laut sagen. Entschuldigung! :(

  • Franz Hefele
    03.01.2012 21:36

    Sicherlich ist Weibels Essay durchweg inspirierend und so mancher Museumsbesuch lässt ohne Zweifel den Eindruck entstehen, man habe es doch mit einer mittlerweile etwas angestaubten Institution zu tun, die - was auch immer das nun genau heißen soll - ein wenig aus der Zeit gefallen ist. Was mich jedoch gestört hat, war Weibels doch arg linear auftretender Zukunftsentwurf. Die jüngere Generation wächst mit den Möglichkeiten interaktiver Einflussnahme auf und weiß sie zu schätzen; dass aber darum gleich tradierte, nicht interaktive Ansätze zukünftig keine oder kaum mehr Anschlussfähigkeit besitzen sollen, geht mir zu weit. Stattdessen scheint die eigentliche Herausforderung zu sein, ein komplexes Amalgamat von traditionellen, einkanaligen Praktiken einerseits und interaktiver Beteiligung der Konsumenten andererseits zu realisieren - also Parallelität statt Ablösung. Vermutlich meint Weibel eben dies - auch wenn der revolutionäre Gestus seines Textes einen manchmal anders denken lässt. Zaghafte Schrittchen, wie hier die des Wallraf-Richartz-Museums, sind da zumindest ein Anfang - unabhängig vom Ergebnis: von Herrn Firle habe ich wirklich noch nie etwas gehört, aber das muss ja nichts Schlechtes sein.

  • Wobei man aber über das Ergebnis geteilter Meinung sein darf. Ich zitiere von der Webseite des o.g. Museums:

    "Nun ist das Wettrennen entschieden:
    Der erste Platz geht an das Salongemälde "Vergib uns unsere Schuld" von Walther Firle aus dem Jahr 1898. Den 2. Platz hat Christian Rohlfs` „Waldweg im Winter“ errungen. Und den 3. Platz belegt der "Gähnende Mönch" von Carl Spitzweg."

    Sehr schön! :)

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