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Deutsche Digitale Bibliothek

Nachdem die - angeblich im Interesse der Autorinnen und Autoren produzierten - Proteste der Bundesregierung gegen googles-Buchdatenklau gewirkt haben und in Zukunft das schon jetzt erheblich angloamerikanisch dominierte Internet noch stärker amerikanisiert wird, holt man hierzulande zum Gegenschlag aus. Ich bin mir noch nicht sicher, welches der beiden Bonmots hier eher zutreffen wird, aber entweder wird es so kommen, dass "der Berg kreisst und ein Mäuschen gebiert" oder "der Tiger springen und als Bettvorleger landen wird". Schon die Vollmundigkeit der Ankündigung lässt aufhorchen und Skepsis aufkommen: Dreißigtausend deutsche Kulturinstitutionen sollen ihre Sammlungen digitalisieren und der Deutschen Digitalen Bibliothek bzw. dem europäischen Kulturportal Europeana zur Verfügung stellen. Klingt gut, ist aber eine dieser typischen Luftblasen, die gerne mal aus Politkermund quellen. Das zur Verfügung gestellte Geld ist ein Witz und dient dem Aufbau des Portals, nicht aber der Digitalisierung selber. Im übrigen dürfte das Problem darin liegen, dass die meisten dieser Kulturinstutionen noch gar nicht viel in der Richtung getan haben und das mit der Begründung, es fehle an Geld,  auch in Zukunft nicht hinlänglich tun werden. Abgesehen vom fehlenden Geld dürfte im übrigen auch der Wille häufig nicht vorhanden sein. Ein großes Problem besteht nämlich darin, dass man in den genannten Kulturinstitutionen eigentlich ungern die Kontrolle über die eigenen Besitztümer abgibt, was ja bei Digitalisierung und Publikation im Internet unweigerlich geschehen würde. Also: ich würde gerne mal auf googles Vorstandsetage Mäuschen spielen und sehen, wie man sich da vor Lachen vor diesem deutschen Kulturtiger ausschüttet. Allerdings: Aufhorchen lässt immerhin die Einsicht, dass der Beauftragte für Kultur und Medien im Internet das Medium identifiziert zu haben scheint, das in Zukunft dem breiten Publikum eine Einsicht in die reichhaltigen Traditionen deutscher und europäischer kultureller Produktionen vermitteln kann.

4 Kommentar(e)

  • Robert Raml
    10.12.2009 07:31

    Die Maus wird springen, sich zu einem Tiger aufblasen, noch weiter, zu einem Elefanten, die Politiker werden die Leuchtkörper schwenken und Megaphone, sie werden sich ins Licht stellen, den fliegenden Elefanten bunt anmalen, ein Jahr, noch ein Jahr, noch ein Leuchtkörper, noch ein Politker, und dann wird die Blase das bleiben, was sie von Beginn war: eine Luftblase!

  • Von wegen. Viele Kulturinstitutionen sind längst auf dem Weg - MUSIS, digiCult, BAM-Portal, Kalliope etc. grüßen schön. Die Verknüpfung mit google-Books hat eher was mit der Logik von Pressemitteilungen zu tun und mit der unglücklichen Bezeichnung "Bibliothek" - und den Kulturinstitutionen per se Kontrollwahn zu unterstellen, führt ebenso weit, wie der Vorwurf, universitäre Forschung sei reine Selbstbefriedigung im Elfenbeinturm.

    Ob europeana als Portal überhaupt je wird funktionieren können, sei dahingestellt - aber im Rahmen der Konkurrenz der EU-Länder um Selbstdarstellung in diesem Portal (hochpolitische Eben) werden durchaus auch Fördergelder für Ditigalisierung, bzw - was bei vielen Institutionen, die schon seit Jahren digitalisieren, derzeit verstärkt auf dem Plan steht - zur inhaltlichen Erschließung der Digitalisate bereitgestellt.

  • François Bry
    09.12.2009 06:37

    Als Informatiker hatte ich gar nicht wahrgenommen, was da angekündigt wurde.

    Ich lese nicht nur die Nachrichten aus dem angloamerikanisch geprägten Web, sondern auch einiges aus deutschsprachigen Länder.

    Wenn aber kein Geld für die Digitalisierungvorhanden ist, ist es kein Wunder, dass ein Informatiker davon nicht hört...

  • ... hört, hört- ich hätte nicht vermutet, dass der verfasser gerne die gestalt des kleineren tieres annehmen würde... was freud wohl dazu sagt?

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