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BHA und die fachbibliographische Situation der Kunstgeschichte

Noch bevor eine offizielle Stellungnahme erfolgt ist, verbreitet sich in den Newsforen die Nachricht, daß das Getty Research Institute sein Engagement bei der Bibliography of the History of Art (BHA) zum Jahresende aus wirtschaftlichen Gründen beendet, mit der Folge, daß dieses derzeit als kostenpflichtiges Datenbankangebot über Provider vertriebene, seinerzeit aus der Fusion von RILA und RAA hervorgegangene Produkt sein Erscheinen einstellen könnte, sofern nicht eine andere Institution einspringt. Bereits vorher war die Kooperation mit dem französischen CNRS in die Brüche gegangen. Hierzu ist zu wissen, daß die Datenerfassung für die BHA durch eigene Mitarbeiter dezentral in ausgewählten internationalen Kunstbibliotheken erfolgt, also auf der Basis der dort aufgebauten Bestände, jedoch leider ohne jede datentechnische Synergie. Bei aller Sorge, die die Nachricht gerade in amerikanischen Fachkreisen auslöst,  muß doch betont werden, daß die Kataloge der Kunstbibliotheken seit langem eine ausbaufähige Alternative bieten. Benutzt man etwa den internationalen Meta-Katalog artlibraries.net , kann man ermessen, mit welchem hohem Aufwand in zahlreichen Institutionen die Erschließung auch der in Zeitschriften, Kongreßbänden, Festschriften und Ausstellungskatalogen enthaltenen Aufsatzliteratur betrieben wird: Da gibt es z.B. ca. 330.000 Aufsatznächweise der British Architectural Library (RIBA), London,  ca. 740.000 des Kunstbibliotheken-Fachverbundes Florenz-München-Rom, ca. 570.000 (wenn auch ohne thematische Erschließung) der von dem Zeitschriftenlieferanten Swets unter zusätzlicher Mitarbeit von Bibliotheken wie SLUB Dresden und UB Heidelberg gefütterten Aufsatzdatenbank OLC-SSG. In Deutschland erschließen etwa auch die Kunstbibliothek Berlin, die Kunst- und Museumsbibliothek der Stadt Köln und die Bibliothek des Germanischen Nationalmuseums Aufsätze. Wenn das eventuelle Verschwinden der BHA tatsächlich so dramatische Folgen für das Fach hätte wie zumindest in den USA befürchtet, sollte man umso intensiver prüfen, ob nicht ein adäquates und wirtschaftlich ungefährderteres bibliographisches Angebot de facto nicht bereits existiert, wenn auch nicht in der Form eines hinsichtlich Vokabular, Indexierungsintensität und Auswahl koordinierten eigenen Angebotes. Die laufenden Bemühungen um eine maschinelle Verlinkung der internationalen 'Authority files' (Projekt VIAF) sowie die Entwicklung der Suchmaschinentechnik lassen dieses Angebot m. E. mit ein bißchen gutem Willen als durchaus realistisches Ziel erscheinen. Auch ohne eigens erstellte Abstracts in englischer Sprache, freilich mit Digitalisaten von Inhaltsverzeichnissen und täglicher Datenbankaktualisierung ist der Katalog der deutschen kunsthistorischen Forschungsinstitute www.kubikat.org, dessen Listen ausgewerteter gedruckter und elektronischer Zeitschriften online sind, eine Leistung, die sinnvoll kooperativ ausgeweitet werden könnte.

2 Kommentar(e)

  • Georg Hohmann
    07.04.2010 14:29

    Vielen Dank für den Hinweis. Ich habe der Verfügbarmachung des BHA durch Getty gerade einen eigenen Artikel gewidmet.
    http://blog.arthistoricum.net/bha-online/

  • Rüdiger Hoyer
    01.04.2010 16:16

    Eine gute Nachricht aus dem Getty Research Institute, dem der Dank der Community gebührt:

    DATE: April 1, 2010
    FOR IMMEDIATE RELEASE

    THE GETTY PROVIDES FREE ACCESS TO THE BHA ON ITS WEBSITE

    LOS ANGELES—As of April 1, 2010, the Bibliography of the History of Art (BHA) will be available free of charge on the Getty Web site at http://library.getty.edu/bha. Free Web access to BHA is an advantage not only to all traditional users of the database but also to such potential users as institutions in developing countries and independent scholars worldwide, who until now have been unable to afford access to the BHA. Since ending its collaboration with the Institut de l’Information Scientifique et Technique (INIST)–CNRS in December 2007, the Getty has been searching for partners to continue the production and distribution of BHA. This process has been complicated, and with no suitable arrangement immediately available, the Getty decided to act on its commitment to the scholarly community by providing access to BHA directly from its own Web site.

    “The Bibliography of the History of Art has been an indispensable resource for scholars and students for many years. We are delighted to announce that BHA will be available on the Getty Web site. We remain firmly committed to making the present BHA accessible to all,” says Thomas Gaehtgens, Director of the Getty Research Institute.

    BHA on the Getty Web site offers both basic and advanced search modules, and can be searched easily by subject, artist, author, article or journal title, and other elements. To search BHA, please visit, http://library.getty.edu/bha. Note that the database search includes the International Bibliography of Art (IBA), covering the years 2008 and part of 2009. The Répertoire de la litterature de l’art (RILA), one of the predecessors of BHA, with records that cover 1975-1989, will be online by May 1.

    Additional information is available at www.getty.edu.

    Beth Brett
    Senior Communications Specialist
    The J. Paul Getty Trust
    1200 Getty Center Drive, Suite 400
    Los Angeles, CA 90049
    direct: 310.440.6473
    fax: 310.440.7722
    bbrett@getty.edu
    www.getty.edu

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