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Das 19. Jahrhundert in der Kunst

Täuscht der Eindruck, oder steht das 19. Jahrhundert aktuell nicht mehr so im Zentrum der Kunstgeschichte wie noch vor 10 oder 20 Jahren? Als Ende 2007 im Musée d'Orsay/Paris, dem Gral der Kunst des 19. Jahrunderts, eine Tagung zum Thema mit dem anspruchsvollen Untertitel „Bilan et perspectives" stattfand, stellten verschiedene Beiträger etwas melancholisch fest, zur Zeit würde etwa die Barockforschung und - sowieso - die Erforschung der Kunst der Moderne und der Gegenwart viel intensiver betrieben. Woran mag das liegen?

Ein Vorschlag: Die 68er haben das 19. auch deswegen entdeckt, weil es ihnen um eine Geschichte des Bürgertums und der Emanzipation des Künstlers (kaum der Künstlerin) ging. Das ließ sich für die Kunst von David bis zum frühen Picasso hervorragend bewerkstelligen. Weniger klar scheint mir, warum zur Zeit etwa der Barock mehr im Vordergrund steht. Negativ formuliert dürfte es mit einer tendenziell entpolitisierten Kunstgeschichte zu tun haben, positiv vielleicht mit einer Neubewertung rhetorischer Bildsprachen, die im Kontext postmodernen Selbstbewusstseins aufgewertet wurden. Aber vielleicht hat es auch nur mit der Tatsache zu tun, dass in dem Feld momentan international einfach gute Leute arbeiten. Für das Interesse an der modernen und zeigenössischen Kunst dürfte ein externer Faktor entscheidend sein: Die ungeheure, bislang häufig vernachlässigte Begeisterung der Studierenden.

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