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Wohin damit? – Platzmangel in Kunst- und Museumsbibliotheken

von Antje Gegenmantel (Museum für Moderne Kunst, Frankfurt am Main)

Über Geschenke freut sich jeder. Wirklich jeder? Da gibt es eine kleine Berufsgruppe, die tut sich oft etwas schwer damit. Häufig klagen Bibliothekar*Innen über Platzmangel, der die Annahme von Buchgeschenken fast unmöglich macht. Eine Kollegin stapelt ihren Neuzugang platzsparend in Umzugskisten. Eine andere bietet Bestände über ELTAB an und nimmt im Schriftentausch keine neuen Titel an.

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Zum Beispiel: Schweiz

Ein Blick über die Grenze zeigt, dass die Schweizer deutlich weniger Raumprobleme haben. Bei der Studienreise der AKMB  2019 besuchten wir u.a. das Medien- und Informationszentrum der Züricher Hochschule der Künste. Aus 39 verschiedenen Standorten wurden 2014 im Toni-Areal, einer ehemaligen Milchfabrik, die verschiedensten Fachrichtungen zusammen geführt und haben viel Platz. Ähnlich ist die Situation der Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften in Winterthur. In der ehemaligen Halle 87 der Dieselmotorenfabrik Sulzer ist 2015 ein moderner Medien-, Informations- und Lernort entstanden, eben auch mit reichlich Platz. Die Biblioteca dell’Accademia di architettura in Mendrisio muss sich über zu wenig Raum auch keinerlei Sorgen machen. Im Februar 2021 zog die Bibliothek in ihre neuen Räume in den Palazzo Turconi und nun hat 1.500m² zur Verfügung. Auch bei unserem Kollegen Thomas Rosemann, Leiter der Bibliothek des Kunsthaus Zürich, gibt es kein Kopfzerbrechen über den Standort von neuen Medien, denn die Kunst wird  in naher Zukunft in einen Neubau ziehen und die Bibliothek darf sich im „alten“ Kunsthaus ausbreiten. Neben den individuellen Raumlösungen gibt es in der Schweiz seit 2016 eine kooperative Speicherbibliothek. Hier werden die Publikationen unter optimalen klimatischen Bedingungen in Hochregalen gelagert und voll automatisiert verwaltet. Durch einen Kurierdienst steht die Literatur den Benutzern weiterhin zur Verfügung. Ein Teil der Zeitschriften geht in den Besitz der Speicherbibliothek über. Nur das beste physische Exemplar wird behalten, aber nicht mehr ausgeliehen, sondern ausschließlich digital zur Verfügung gestellt.

... und in Deutschland

 Einen Speicherverbund findet man auch in Deutschland. So haben sich die SuUB Bremen, SUB Hamburg, die TIB Hannover, die UB Kiel, das MIZ Lüneburg und die UB Rostock zu dem „Speicherverbund Nord“ zusammengeschlossen. Mehrfach vorhandene, aber wenig genutzte Medien werden abgebaut, die Archivierung verteilt und die Bereitstellung gemeinsam gesichert. 

 

bw Last Copies

Der Gedanke, Mehrfachexemplare zu reduzieren, spielt auch bei „bw Last Copies“, einem Projekt im Rahmen des Förderprogramms „Wissenschaftliche Bibliotheken gestalten den digitalen Wandel (BW-BigDIWA)“ die entscheidende Rolle. Das Konzept besteht darin, Printmedien durch Kooperation auszusondern und dennoch die Literaturversorgung sicher zu stellen. Das Projekt wird zwischen September 2019 und August 2021 umgesetzt. Ziel ist die Etablierung eines kooperativen Bestandsmanagements in baden-württembergischen Bibliotheken. Dafür sollen gefährdete Titel im Verbundkatalog sichtbar gemacht werden, um so eine Aussonderung seltener Bestände zu verhindern. Es soll eine Lastenverteilung bei der Archivierung und eine Unterstützung beim Aussonderungsworkflow geben. Dazu gibt es standardisierte Verfahren und der Bedarf der jeweiligen Einrichtung wird berücksichtigt. Im Fokus stehen bisher Monographien, die älter als 10 Jahre sind.

Ein ausführlicher Bericht dazu ist für Heft 2/2021 der AKMB-news geplant. Wir dürfen gespannt sein und freuen uns, dass das Problem „Raumnot“ angegangen und möglicherweise zeitnah gelöst wird. Schließlich kann das Projekt auch Vorbild für Bibliotheken sein, die nicht in Baden-Württemberg sind.

 

 

1 Kommentar(e)

  • Felix Stenert
    12.03.2021 10:40
    Ausmisten!

    Was spricht dagegen, sich von Bestand zu trennen, der nicht genutzt und/oder am Ort noch vorhanden ist? Solange ein Exemplar über den Leihverkehr verfügbar ist, sollte das keine Kopfschmerzen bereiten.

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