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Schlaglicht: Vom Durchpausen altmeisterlicher Raritäten

In der Graphiksammlung Joseph Hellers (1798–1849) finden sich zwischen Holzschnitten, Kupferstichen, Radierungen, Handzeichnungen und anderen Techniken immer wieder Durchpausen altmeisterlicher Raritäten. Während manche auf dünnes und durchscheinendes Papier gezeichnet und dadurch offensichtlich sind, ist ein Teil von ihnen derart originalgetreu, dass ein näheres Hinsehen erforderlich ist.

 

Heller, der selbst aktiv publizierte, kannte manch eine künstlerische Seltenheit nur aus der Literatur bzw. durch die Erzählung ihm bekannter Kunstliebhaber. Um dennoch das Erscheinungsbild für sich und seine Leserschaft zu erschließen, gab er Annoncen in fachspezifischen Zeitschriften auf. Am 2. März 1822 reagierte der Basler Universitätsbibliothekar Daniel Huber (1768–1829) auf eine dieser Heller'schen Anzeigen, indem er schrieb: 

In Folge Ihres zugleich geäußerten Wunsches erhalten Sie hier eine Copie der auf unserer Bibliothek vorhandenen Handzeichnung, nebst einem Facsimile der Handschrift, welches beides gut ausgeführt ist. Hr. Deputat Huber, der [...] Chef der Kunsthandlung Birmann u. Huber hat die Gefälligkeit gehabt, dieses besorgen zu lassen, ohne daß es die mindesten Kosten verursachte.

(vgl. Brief von Huber an Heller, dat. 02.03.1822)

 

Für das Faksimile des Affentanzes, den Albrecht Dürer 1523 auf einen Brief an Felix Frey zeichnete (Basel, Kunstmuseum, Inv.-Nr. 1662.168), bedankte sich Heller in seiner Publikation von 1827, da sich kaum Vorsteher von Bibliotheken und Behörden auf seine öffentliche Anzeige hin gemeldet hätten (vgl. Heller Dürer 1827 II.35).

 

Neben Durchzeichnungen von Unikaten sammelte Heller auch welche, die nach raren Druckgraphiken gefertigt wurden, die er schlichtweg nicht erwerben konnte. Hierzu zählt das Holzschnitt-Wappen Dürers aus dem Jahr 1523, das Heller 1827 als „selten” bezeichnete (Heller Dürer 1827 II.731.1938). Auch der aus vier Stöcken bestehende Holzschnitt Die große Säule mit Satyr ist ein interessantes Beispiel: Bereits im 19. Jahrhundert begegnete das Werk den Verfassern von Verzeichnissen sehr selten, oftmals nur die beiden abschließenden Stücke mit Satyr bzw. Putten, sodass vielfach an der ganzheitlichen Existenz, aber auch an der Urheberschaft Dürers gezweifelt wurde. In der Heller-Sammlung finden sich zwei Durchpausen der beiden mittleren Holzschnitte, die offenbar zur Vervollständigung des Heller'schen Exemplars angefertigt worden sind.

 

Das diese Art Sammlungen temporär zu vervollständigen keine Eigenart Hellers gewesen ist, zeigt ein Briefwechsel mit dem Bremer Senator und Gründer des dortigen Kunstvereins Hieronymus Klugkist (1778–1851). Er bat den Bamberger 1840 darum, „einen fleißigen gewissenhaften Zeichner” zu beauftragen, der für ihn bestimmte Stücke aus der Heller-Sammlung kopieren sollte, die ihm zu diesem Zeitpunkt noch fehlten (vgl. JH.Comm.lit.5 der Staatsbibliothek Bamberg).

 

Kontakt
Dr. Franziska Ehrl
Universitätsbibliothek Heidelberg

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