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CfP "Bilder sichtbar machen. Visualität in Philosophie, Literatur, Film und Bildender Kunst"

Katharina Simon (wissenschaftliche Mitarbeiterin Graduiertenschule Sprache und Literatur, Klasse für Literatur) und Katharina Rajabi (wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl Lüdemann, Germanistik) möchten auf folgenden
Call for Papers für den den interdisziplinären Graduiertenworkshop "Bilder sichtbar machen. Visualität in Philosophie, Literatur, Film und Bildender Kunst" an der LMU München im kommenden Mai 2017 aufmerksam machen:

5.-6. Mai 2017, Ludwig-Maximilians-Universität München

Der interdisziplinäre Doktoranden-Workshop an der LMU München möchte Promovierende der Literaturwissenschaften, der Film- und Kunstwissenschaften und der Philosophie über Fragen nach dem Zusammenhang zwischen Sehen, Lesen, Denken und Schreiben ins Gespräch bringen. Wir suchen hierfür noch weitere Teilnehmer, die sich im Rahmen ihrer Projekte mit dieser Thematik auseinandersetzen.

Wie bezeichnen Bilder, wie kann man Bilder lesen? Was geschieht, wenn Visuelles Eingang in den (vor Augen liegenden) Text findet oder durch den Text evoziert wird?

Zwei Themenkomplexe sollen also fokussiert werden: die Signifizierungsmechanismen des Visuellen und die Darstellung des Visuellen in Texten, in die es zunächst im Modus des Entzugs transponiert wird. Das Verweisungssystem der Bilder erstreckt sich über Wahrnehmung(en) und Kontexte und konstituiert sich im Zusammenspiel von (medienspezifischen) Selektions-, Vermittlungs- und Deutungsprozessen. In der Überführung des Visuellen in Text wird Sichtbares ausgeschrieben und auserzählt, und damit im Sprachlichen zugleich bewahrt und ausgestrichen. Optisch wahrnehmbare wird zur gedachten, zur erzählten Visualität.

Die Fragestellung ist an der Schnittstelle zahlreicher Diskurse situiert (Ekphrasis, Imagination, Mimesis, Paragone, Idolatrie/Ikonoklasmus, Adaption), Modelle der Zeichentheorie, der Inter- und Transmedialitätstheorie sowie spezifischer Medientheorien bieten ebenso Anknüpfungspunkte wie Theorien der Intertextualität, die sich im visuellen Bereich auch als Ikonographie oder Genre fassen lässt. Die Frage nach dem Transparentwerden der Bilder oder ihrer Auflösung in Bedeutung spricht Diskurse der Immersion ebenso an wie der Melancholie und Theorien des Unbewussten. Zu den angrenzenden Untersuchungsfeldern zählen außerdem die Materialität der Schrift (Handschrift/Signatur, Kalligraphie, Rebus) und Störphänomene wie etwa Verzerrung, Blindheit und Wahnsinn. In den letzten Jahren werden diese Fragen über den Begriff der Visualität verhandelt. Wir wollen darauf aufbauend diskursübergreifend nach Methoden und Figuren fragen, die Bildobjekte und Texte unter diesem Aspekt beschreibbar machen.

Uns interessiert dabei, wie neue Konzeptionen von Text und Bild die Ausgangsfragestellung beeinflussen, die diese Forschungsgegenstände als Diskursschnittstellen, als politisch vereinnahmt, in sich gebrochen und in ihrem dekonstruktiven Potential begreifen. Wie lassen sich die vorausgehenden Theorien vor diesem Hintergrund wiederlesen?

Auch eine räumliche Perspektive auf die betrachteten Phänomene und Fragestellungen scheint uns wesentlich: Wie und wo lässt sich Raum im Text, Gemälde oder Film verorten, wo wird er im Bild sichtbar, wo zwischen den Bildern oder über die Beziehung zum Außenraum konstruiert, und wie wird er durch Blickbeziehungen konstruiert oder werden diese in ihn eingeschrieben? Ebenfalls relevant erscheint uns die Rolle von Emotion in Signifikationsprozessen: Wie hängt diese mit dem visuellen oder sprachlichen Signifikanten zusammen, ergibt sich hier eine Möglichkeit, die oft beschworene Bild-Text-Dichotomie zu komplizieren? Auch eine politische Dimension soll mitgedacht werden, hier bieten Gender und Postcolonial Studies zentrale Anknüpfungspunkte: Die materiellen Produktionsbedingungen des Kinos sind hier ebenso angesprochen wie den Blickbeziehungen und Raumbeziehungen eingeschriebene Hierarchien.

Wir wollen in diesem Workshop versuchen, eine geeignete Verbindung zwischen theoretischer Abstraktion und konkreter Analyse zu finden: Wir freuen uns über Beiträge, die einzelne Arbeiten aus Film und Bildender Kunst sowie literarische und philosophische Texte in genauer Analyse auf ihre Struktur und die sich daraus ergebenden theoretischen Implikationen hin befragen, geeignet scheinen uns hier Filme, Photographien, Objekte der Bildenden Kunst oder Texte, die besonders ungewöhnlich oder besonders präzise bestimmte Signifikations- oder Übertragungsprozesse des Visuellen zeigen oder inszenieren. Diese sollten im 19. bis 21. Jahrhundert entstanden sein, begründete Ausnahmen sind allerdings ebenfalls willkommen. Vorstellbar wären beispielsweise Beiträge mit Rücksicht auf die folgenden Fragestellungen:

(Audio-)visuell basierte Gegenstände

  • Wie bezeichnen filmische, photographische, gemalte Bilder, wo beginnen sie zu bezeichnen (abstrakte Kunst), wie und wo verschränken sich ihre einzelnen Bedeutungsebenen (z.B. bei dokumentarischem Material im Spielfilm)? Wie gestaltet sich das Verhältnis dieser verschiedenen Signifikationsprozesse auf der Mikroebene und in der Gesamtstruktur? Lassen sich Typologien ausarbeiten?
  • Um welche Art von Zeichenhaftigkeit handelt es sich hier genau (neben den Unterscheidungen ikonisch – indexikalisch – symbolisch, image dénotée – image connotée, bezieht sich das auf weitere standardisierte Formen des Zeichenhaften wie Premonition, Symptom, Sinnbild)?
  • Welche Rolle spielen Kontexte (diesseits und jenseits des Sichtbaren und Geschriebenen), wie sind diese in die künstlerischen Objekte eingeschrieben?
  • Wie gestaltet sich die Rolle des Betrachters?
  • Welche Formen von Räumlichkeit entfalten sich innerhalb dieser zwei- und dreidimensionalen Objekte und in Wechselwirkung mit ihrem räumlichen Umfeld?

Textuell basierte Gegenstände

  • Was sind die jeweils spezifischen Mechanismen und Funktionsweisen der Bewegung des Ausschreibens des Visuellen im Textuellen? Wie zeigen sich verschiedene Arten von Visualität (Bilddarstellungen, Blickkonstellationen, Perspektivik, Raumordnungen) in Texten, wie treten sie also in Texten in Erscheinung und welche Wirkungsweisen ergeben sich daraus?
  • Wie funktionieren hier ekphrastische Verfahren sowie Narrativierungen und Fiktionalisierungen des Bildhaften? Welche Rolle spielen für die sprachliche Darstellung von Blickverhältnissen Fragen nach narrativer Perspektivierung, nach Subjekt und Objekt des Sehens, nach der Gestaltung von Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit?
  • Wie realisiert sich darüber hinaus die Visualität der Literatur (etwa in Sprachbildern, Tropen)?
  • Wie entwerfen Texte Räume, wie kann diese Räumlichkeit beschreibbar gemacht werden?
  • Wie wird das Geschriebene durch den Leser imaginiert?

Theoretische Reflexionen

  • Wie wird Visuelles gedacht und wie wird visuell gedacht?
  • Wie werden Formen des visuellen Repräsentierens und optische Strukturen im Denken durch Sprache überhaupt erfasst?
  • Und gibt es bestimmte Konzepte, die nur über und als visuelle Konstruktionen denkbar sind?
  • Wie sähe eine reflektierende Verknüpfungsweise aus, die genuin visuell funktioniert?
  • Welche Rolle spielt Emotion in diesem Kontext?
  • Wie wird Bildlichkeit als Metapher oder Modell verwendet?
  • Wie lassen sich Reflexion und Signifikationsprozesse vor dem Hintergrund von Narration und Metaphorik verstehen?
  • Wie ist das Verhältnis von Wahrnehmung und Reflexion?
  • Wie haben sich Zuschreibungsdiskurse historisch verändert?

Die Teilnehmer präsentieren ihre Beiträge in öffentlichen Vorträgen von ca. 30 Minuten (mit anschließender 15-minütiger Diskussion), in zwei geschlossenen Seminarsitzungen soll außerdem die Thematik anhand ausgewählter Texte diskutiert werden. Bitte senden Sie Ihr Abstract (200-400 Wörter) mit einer Kurzbiographie (max. 300 Wörter) bis einschließlich 1. Januar 2017 an die folgenden beiden Adressen: katharina.rajabi@germanistik.uni-muenchen.de und katharina.simon@campus.lmu.de. Rückfragen zu Themenvorschlägen sind natürlich jederzeit möglich.

Fahrt- und Übernachtungskosten können im Rahmen des Budgets übernommen werden.

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