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Erdteilallegorien im Barockzeitalter – Eine Forschungsdatenbank

Ein Gastbeitrag von Dr. Marion Romberg vom FWF-Projekt "Erdteilallegorien im Barockzeitalter" am Institut für Geschichte der Universität Wien.

Link zur Datenbank Erdteilallegorien im Barockzeitalter

In der Renaissance – um 1570 – entwickelten Humanisten eine neue „Kurzform“ zur Darstellung der Welt: Personifikationen der vier Erdteile Europa, Asien, Afrika und Amerika. Die seit der Antike existierende Ikonographie der vier Erdteile wurde von Humanisten und ihren Künstlern insofern angepasst, als dass sie ein Vier-Kontinenten-Schema und einen weitestgehend fixen Attributenkanon vorgaben. Im Verlauf der nächsten 230 Jahren bis ca. 1800 wurde diese Ikonographie überaus erfolgreich eingesetzt. Alle bekannten Medien wurden verwendet um die vier Erdteile in der Öffentlichkeit zu verbreiten. Der Höhepunkt dieser Verbreitung wurde im 18. Jahrhundert erreicht. Als eine Bildsprache wurden die Erdteilallegorien mit Texten, mit Dogmen, mit Erzählungen und Stereotypen verbunden. Hierauf fragte sich das Projektteam: Welche Bedeutung hatten die Erdteilallegorien tatsächlich für den Barockmenschen?

In einem vierjährigen Forschungsprojekt (2012­–2016) ging das Projektteam u.a. dieser Frage nach. Zur Beantwortung wurde ein neuer innovativer Weg eingeschlagen. Erstens wurde ein klares Untersuchungsgebiet definiert, das sich auf den Süden des Heiligen Römischen Reiches konzentrierte. Zweitens lag der Fokus auf fest verankerte Darstellungen der vier Erdteile (Fresken, Stuck, Kanzeln etc.) innerhalb von Schlössern, Klöstern, Kirchen etc. Insgesamt wurden 407 Erdteilallegorien gefunden. Zur Erleichterung der systematischen Erfassung wurde eine Datenbank konzipiert, die unter http://erdteilallegorien.univie.ac.at öffentlich zugänglich ist. Die Datenbank ermöglicht es diese Grundlagenforschung für eine Bandbreite unterschiedlicher weiterführender Forschungsvorhaben zu nutzen.

Weitere Ergebnisse dieses Forschungsprojektes finden sich in dem auf Englisch herausgegebenen Sammelband „The Language of Continent Allegories in Baroque Central Europe“ (Stuttgart 2016) und in der Dissertation von Marion Romberg „Die Welt im Dienst der Konfession. Erdteilallegorien in Dorfkirchen auf dem Gebiet des Fürstbistums Augsburg im 18. Jahrhundert“ (Stuttgart 2017).

Continent allegories in the Baroque age – a research database

During the late Renaissance – around 1570 – humanists developed a new “shorthand” way of representing the world at a single glance: personifications of the four continents Europe, Asia, Africa and America. While the continent allegory as an iconic type had already been invented in antiquity, humanists and their artists adapted the concept by creating the four-continent scheme and standardized the attributes characterizing the continents. During the next 230 years until ca. 1800, this iconic scheme became a huge success story. All known media were employed to bring the four continent allegories into the public and into people’s homes. Within this prolonged history of personifications of the continents, the peak was reached in the Late Baroque, and especially the 18th century. As a pictorial language they were interwoven with texts, dogmas, narratives and stereotypes. Thus the project team find himself asking: What did continent allegories actually mean to people living in the Baroque age?

Notably – though not exclusively – this question is the topic of a research project on continent allegories carried out between 2012–2016. The project team approached the subject in a new and systematic fashion: Firstly, a clearly defined geographic area consisting of the southern part of the Holy Roman Empire from Freiburg in the Breisgau to the eastern frontier of Lower Austria including Vienna was chosen. The northern limit of the study area is constituted by the Main River, the southern one by South Tyrol. Secondly, the project studied continent allegories in immovable media like fresco, stucco and sculptures within abbeys, palaces, parks and gardens, townhouses and – most importantly – in churches. The systematic survey conducted by the project team identified 407 instances of continent allegories in the south of the Holy Roman Empire. To facilitate the systematic and detailed analysis of all identified instances of continent allegories, a database was developed and is now open access: erdteilallegorien.univie.ac.at. This database allows the use of the collection of sources for various research interests: iconography and iconology, reception of aesthetics, cultural history, social history, history of identity, history of science, etc.

Further results of this research project can be found in the in English published anthology “The Language of Continent Allegories in Baroque Central Europe“ (Stuttgart 2016) and in the doctoral thesis by Marion Romberg “Die Welt im Dienst der Konfession. Erdteilallegorien in Dorfkirchen auf dem Gebiet des Fürstbistums Augsburg im 18. Jahrhundert“ (Stuttgart 2017).

Prof. Dr. Wolfgang Schmale, Universität Wien
Dr. Marion Romberg, Universität Wien
Dr. Josef Köstlbauer, Universität Bremen

2 Kommentar(e)

  • Ulrich Becker
    03.10.2019 11:15
    Erdteilallegorien

    Hatte ich einmal darauf hingewiesen - auch wenn es out of area, dafür aber ikonografisch bzw stilistisch sehr nahe ist: Ein erstklassiger Kandidat wäre der Erdteil-Luster im Designmuseum Gent (B), dem ehemaligen Stadtpalais des Textilfabrikanten de Coninck, den der flämische Bildhauer Allaert Mitte des 18. Jhs., geschnitzt hat. Siehe Website des Museums.

  • Stefan Bartilla
    23.10.2016 23:30
    Dr.

    "Erstens wurde ein klares Untersuchungsgebiet definiert, das sich auf den Süden des Heiligen Römischen Reiches konzentrierte."

    Das ist zweifellos ein lobenswertes Projekt. Zum Süden des Heiligen Römischen Reiches gehören aber doch auch Böhmen und Mähren, die auf jeden Fall ein Teil der mitteleuropäischen Barockkultur sind. Beim Ausschluss dieser Länder aus der Datenbank gaben vermutlich eher pragmatische Gründen als klar definierte Gebiete den Ausschlag.

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