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CORPUS CRANACH als umfangreichstes Werkverzeichnis einer Altmeisterwerkstatt öffentlich zugänglich

Mit mehr als 2.500 dokumentierten Werken wird in der Universitätsbibliothek Heidelberg eines der umfangreichsten Werkverzeichnisse der Kunstgeschichte im Internet öffentlich zugänglich gemacht.
 

1932 publizierten die Kunsthistoriker Max J. Friedländer und Jakob Rosenberg ein Werkverzeichnis der Gemälde aus der Werkstatt von Lucas Cranach dem Älteren und seiner Söhne. Insgesamt sind darin etwa 850 Werke genannt, ohne dass dieser Œuvrekatalog Anspruch auf Vollständigkeit erheben könnte. Trotz einer weit fortgeschrittenen Forschung und zahlreicher neuerer Publikationen ist es bis heute nicht gelungen, ein umfassendes Verzeichnis aller relevanten Werke zusammenzustellen. Gerade ein solches Verzeichnis bildet jedoch die Grundlage für die weitere Erforschung nicht nur der Malerwerkstatt Cranach, sondern auch der Reformations- und Kunstgeschichte, deren Verlauf durch die Cranach-Werkstatt maßgeblich mitgestaltet wurde.


Die über 2.500 heute noch erhaltenen Einzelwerke um den Hofmaler des sächsischen Kurfürsten Friedrichs des Weisen, Lucas Cranach den Älteren, der von 1504 bis 1553 in Wittenberg gewirkt hat, dokumentieren die wohl produktivste und umfangreichste Bildermanufaktur der Renaissance. Berücksichtigt man die beträchtlichen Gemäldeverluste durch Kriege und andere Umstände, so dürfte die Zahl der ursprünglich angefertigten Kunstwerke bei möglicherweise über 5.000 gelegen haben.
 

Mit der Gründung des virtuellen Forschungs-Instituts www.cranach.net werden seit Herbst 2009 systematisch Daten zum umfangreichen Werk der Cranach-Werkstatt erhoben und ausgewertet. Hierzu dient eine mediawiki-Software, wie sie auch bei Wikipedia zum Einsatz kommt. Auf der Arbeitsplattform können angemeldete Wissenschaftler selbstständig Ergänzungen einpflegen. Durch diese Arbeitsweise beschleunigt sich der wissenschaftliche Diskurs und damit auch der Erkenntnisgewinn erheblich.


Als wissenschaftliches Projekt wird das virtuelle Institut von der Universitätsbibliothek Heidelberg nachhaltig bereitgestellt und gehostet. Begleitet wird das innovative Forschungsprojekt von den Lehrstühlen für Kunstgeschichte der Akademie der Bildenden Künste Stuttgart (Nils Büttner) und der Universität Trier (Andreas Tacke).


Innerhalb des Instituts cranach.net werden unter Leitung des Heidelberger Kunsthistorikers Michael Hofbauer systematisch gesammelte Daten online archiviert, verknüpft und zu themenbezogenen Werklisten zusammengefasst.


Der vollständige Bestand von über 14.000 erfassten Dokumenten steht aus rechtlichen Gründen nur angemeldeten Nutzern offen, wobei die Anmeldung zur wissenschaftlichen Nutzung unkompliziert und bei Interesse jederzeit möglich ist.

Um die Werklisten auch der Öffentlichkeit und der fachübergreifenden Forschung zur Verfügung zu stellen, wird seit 2010 zeitgleich an der Publikation CORPUS CRANACH gearbeitet. Im Januar 2011 wurden im ersten Band des Werkkorpus bereits 270 Zeichnungen online und in Buchform publiziert.


Mit der Veröffentlichung der Gesamtübersicht von fast 2.400 Gemälden stellt cranach.net nunmehr die wohl umfangreichste Werkmonografie zur Verfügung, die je über einen Altmeister verfasst wurde. Darin sind nicht nur Werke dokumentiert, die dem Meister selbst oder seinen engen Mitarbeitern zugeschrieben werden, sondern auch die Werke von Epigonen oder Fälschern. Auch sind die Werklisten nicht traditionell in der zeitlichen Chronologie ihrer Entstehung gelistet, sondern nach Motiven. Dadurch wird ein direkter Vergleich möglich, der bislang nur ansatzweise in Ausstellungen oder mit aufwändigem Literaturstudium durchgeführt werden konnte.


Ergänzend dazu verfasst die Universitätsbibliothek Heidelberg unter Leitung von Maria Effinger neben einer Cranach-Bibliografie aus rund 1.500 Werken eine online-Ressource mit Cranach-Literatur.


Die Arbeitsweise als digitales Institut und die ergebnisoffene Dokumentation des rasch wachsenden Datenpools setzen neue Maßstäbe nicht nur bei der Bearbeitung von Werkverzeichnissen, sondern weisen auch der sich zunehmend digitalisierenden Kunstgeschichte den Weg in die Zukunft.


Im Rahmen eines öffentlichen Experten-Gesprächs werden am 22. und 23. September unter dem Titel Cranach 2.0 Arbeitsweisen und Inhalte von cranach.net erläutert und diskutiert. Begleitet wird die Fachtagung durch Vorträge von namhaften Wissenschaftlern.


CORPUS CRANACH ist ab sofort online abrufbar unter: http://www.corpus-cranach.de
 

Weitere Informationen unter: http://www.arthistoricum.net/themen/wvz/cranach-online/
 

Kontakt

Dr. Michael Hofbauer
Schloss-Wolfsbrunnenweg 48
69118 Heidelberg
E-Mail: info@cranach-research.de
 

Prof. Dr. Nils Büttner
Staatliche Akademie der Bildenden Künste Stuttgart
Lehrstuhl für Mittlere und Neuere Kunstgeschichte
E-Mail: nils.buettner@abk-stuttgart.de
 

Dr. Maria Effinger
Universitätsbibliothek Heidelberg
E-Mail: effinger@ub.uni-heidelberg.de

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