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Joseph und Josephine: Stielers Braut bei Neumeister versteigert

Das Meisterwerk der neuesten Neumeister Auktion (20.11.2013) war ein Bildnis der zweiten Ehefrau des Malers Joseph Stieler (1833), ein höchst interessantes Gemälde, bedeutend für München und ganz Bayern, sowie für den Künstler von größtem Interesse. Das auf 60.000 bis 70.000 Euro geschätzte Bild erreichte bei der Auktion 65.000 Euro. Der seinerzeit höchst gefeierte Münchner Porträtmaler malte seine zweite Frau Josephine als Braut mit Rosenkrönchen und weißem, spitzen- und schleifengeschmücktem Kleid (s. „Alte Kunst und Kunstgewerbe bei Neumeister“, in: FAZ, 16.11.2013).
Online Katalog: München, Neumeister Auktion (Alte Kunst) Nr. A362: http://katalog.neumeister.com/de/cmd/kat/h/202/a/A362/.

Fast ein halbes Jahrhundert jünger als Anton Graff (vgl. die aktuelle Ausstellung in Berlin: http://www.antongraffinberlin.de/ ) war Joseph Karl Stieler (1781-1858) von 1820 bis 1855 Hofmaler der drei bayerischen Könige, Maximilian I., Ludwig I. und Maximilian II. Besonders berühmt sind die im Auftrag König Ludwigs I. gemalten Bildnisse der ‘Schönheitengalerie’ in Schloss Nymphenburg (früher in der Münchner Residenz: http://de.wikipedia.org/wiki/Sch%C3%B6nheitengalerie ). Stielers Bildnisse von Goethe (1828), Ludwig I. im Krönungsornat (1826) und Katharina Sigl-Vespermann (Hofsängerin, 1828) sind heute in der Neuen Pinakothek ausgestellt.

Seit 1999 bis zum 2. November dieses Jahres war das Bild von Josephine Stieler im Museum Tegernseer Tal zu sehen. Früher hing das Werk 135 Jahre im Stielerhaus am Tegernsee. Es wurde jetzt von der Erbengemeinschaft Stielers (16 Personen) zum Verkauf gestellt. Als der Maler 1833 im Alter von 52 Jahren Josephine von Miller zur Frau nahm, befand sich Stieler auf der Höhe seines Ruhmes. Seine junge Braut sinniert in ihrem rüschenbehafteten Kleid vor einem nächtlichen, mondbeschienenen See. Dass es sich dabei um den Tegernsee handelt, lässt sich vermuten.

1833 heiratete Stieler in zweiter Ehe Josephine von Miller (1808-1890), die Tochter des Königlichen Rates und Advokaten Joseph von Miller. Josephine Stieler war ihren Stiefkindern und den drei eigenen Söhnen eine fürsorgliche Mutter. Sie war dichterisch und musikalisch über die Maßen begabt, eine seinerzeit beliebte Autorin. Ihre Erzählungen und Gedichte sind unter anderem in der Zeitschrift Deutsche Jugend erschienen.

Siehe: Ulrike von Hase, Joseph Stieler 1781–1858: Sein Leben und sein Werk. Kritisches Verzeichnis der Werke, München: Prestel-Verlag, 1971.

Post scriptum: Nach der Meldung von etlichen schriftlichen Angeboten (zwischen 50.000 und etwa 62.000 Euro) ging der Zuschlag an einen Telefonanbieter. Der geringe Preis wäre wahrscheinlich möglich für eine institutionelle Sammlung gewesen. Der höchst Preis für Stieler wurde 2011 bei Neumeister mit 115.000 Euro (Schätzpreis: 50.000-55.000) für ein Bildnis von Therese Alexandra Freifrau von Tettenborn (1815) erreicht. Damals in dem Ringen um das schöne aber im Vergleich recht bescheidene Ovalbildnis (66 : 54 cm) setzte sich der deutsche Kunsthandel gegen hartnäckige Konkurrenz, unter anderem gegen einen Vertreter der Hamburger Kunsthalle, durch.


 

 

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