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a look on the dark side

Auf dem diesjährigen Kongress der Modern Language Association gab es ein Panel mit dem schönen Titel: "The dark side of the digital humanities". Vier der Sprecher haben ihre Statements hier publiziert. Das Panel diente der Vorbereitung einer Konferenz zur 'Dark Side of the Digital', die im Mai an der University of Wisconsin stattfinden wird. Auch auf die Gefahr hin, Wasser auf die Mühlen der Skeptiker einer 'digitalen Kunstgeschichte' zu gießen, möchte ich hier ein paar der Bemerkungen von Richard Grusin, dem Veranstalter der Konferenz (und Ko-Autor des Medientheorie-Klassikers 'Remediation') zur Diskussion stellen:

 

"it is no coincidence that the digital humanities has emerged as “the next big thing” at the same moment that the neoliberalization and corporatization of higher education has intensified in the first decades of the 21st century."

 

"institutional support for digital humanities by administrators, foundations, and legislators can work to conceal or compensate for reduced support given to the traditional humanities, and as such can contribute to the undermining of the liberal arts in higher education."

 

Grusin nutzt diese Beobachtungen aber nicht für eine generelle Kritik der digital humanities, sondern als Aufforderung zur klaren Positionierung: "it is important that digital humanists make a concerted effort to ensure that administrators, foundations, and legislatures are able to distinguish the scholarly goal of creating new modes of knowledge production from the instrumental goal of delivering college education more cost effectively"

 

"It is crucial for the humanities to preserve the opportunity for students and scholars to work slowly, privately, and independently of the pressures of socially networked media to constantly update others on what one has just written or thought—if for no other reason than that the unquestioned emphasis on collaboration, openness, and sharing is aggressively marketed and sold by tech media companies to sell more devices and services and by corporate social media companies to generate massive data sets to be mined for purposes of commerce and security."

 

Hier liegt auch meiner Meinung nach die Herausforderung, und hier könnte die Kunstgeschichte ihre skeptische Grundhaltung sinnvoll geltend machen: nicht in Form genereller Ablehnung, sondern indem sie solche Überlegungen bei der Auswahl digitaler Technologien und der Konzeption von Lehrprogrammen und Forschungsprojekten berücksichtigt. Den Geisteswissenschaften kommt die Aufgabe zu, sich kritisch und informiert an der Entwicklung und Evaluierung digitaler Lehr- und Forschungsinfrastrukturen zu beteiligen und ihre eigenen Vorstellungen von einer digital gestützten Forschung und Lehre zu entwickeln und zu vertreten. Nur so können diese eben nicht auf Kosten, sondern zur Unterstützung und Verbesserung traditioneller Lehr- und Forschungsformate (denn keiner wird leugnen wollen, dass hier an vielen Stellen Verbesserungsbedarf besteht) eingeführt werden.

 

1 Kommentar(e)

  • Hubertus Kohle
    16.01.2013 20:21
    Interessant

    Immerhin wird in den USA schon über die dark site diskutiert, bevor in Europa irgendeine andere Seite überhaupt angekommen ist. Manches von dem, was hier gesagt wird, ist natürlich absolut diksussionswürdig. Aber die Dinge liegen doch komplizierter. Wenn Franco Moretti "distant reading" auf Basis von big data propagiert, dann macht er das von einer entschieden marxistischen Weltsicht ausgehend, was insofern plausibel ist, als hier das Individuum vom Kollektiv ersetzt wird. Mit Neoliberalismus hat das nun wirklich nichts zu tun!

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