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ebooks

Vor gut einem Jahr hat Hubertus Kohle in diesem Blog versucht, die Diskussion über ebooks anzustoßen. Ich würde hier gerne noch einmal anschließen um aktuelle Erfahrungen mit der Nutzung von Fachbüchern als ebooks auszutauschen. Die Vorteile liegen ja auf der Hand (Sofortlieferung und oft günstigerer Preis / Entlastung des Bücherregals und des Reisegepäcks / Nachschlage- und Suchoption im Buch), die Schwachstellen sind bei verschiedenen Formaten unterschiedlich. Die meisten Bücher, die mich interessieren, gibt es (wenn überhaupt als ebook) für den Kindle, aber das ist ja offensichtlich als proprietäre Lösung von Amazon eigentlich die schlechteste Variante. Zudem hat das Kindle-Format noch weitere Schwachstellen, oder zumindest Aspekte, die eine Umgewöhnung erfordern oder verbesserungsfähig sind:  

1.      Fehlende Seitenzahlen: Können wir hier einfach davon ausgehen, dass die Angabe von Positionen in Zukunft die Angabe von Seitenzahlen ersetzt?

2.      Problem der Exzerpte und Annotationen:  Copy- und Paste funktioniert nicht. Ich kann auch nicht meinen Studierenden einen Auszug zur Verfügung stellen (nur über den Umweg von Screenshots). Exzerpieren heißt hier, innerhalb des Programms Markierungen und Notizen zu erstellen (das ist auf dem klassischen Kindle-Reader sehr umständlich – da ist das Kindle-App für den Rechner sehr viel angenehmer), die man dann ja in der jeweiligen Spalte wie ein Exzerpt lesen kann.  Die Exzerpte sind dann aber nur über die Kindle-Software zu lesen und ich kann sie nicht bei meinen anderen Exzerpten abspeichern. Zudem ist die Markierungs- und Notizfunktion alles andere als ausgereift  - so wäre es z. B. schön, wenn Kapitelüberschriften automatisch dazuschaltbar wären. Die Einbindung in Literaturverwaltungsprogramme (z. B. zotero) habe ich noch ausprobiert, befürchte aber, dass es hier auch keine Schnittstellen gibt?  

 

Aber die wichtigste Frage ist wohl, wie die Zukunft aussehen kann. Die Bayerische Staatsbibliothek hat ja schon eine ganz ansehnliche ebook-Sammlung, die ich einfach per Login lesen könnte (wenn Titel dabei wären, die mich aktuell interessieren). Heißt das letztlich, dass der Kauf von Fachbüchern durch Privatpersonen (selbst als ebook) ohnehin ein Auslaufmodell ist?

Damit erübrigt sich aber noch nicht die Frage, was ich mache, wenn ich heute ein Buch lesen will, das es nur als Druckversion oder fürs Kindle gibt. Kaufe ich es trotzdem in der Kindle-Version, in der Vorahnung, dass ich es mittelfristig freiwillig oder unfreiwillig entsorge, weil das Format veraltet ist? (Sollte ich dann screenshots von meinen Exzerpten/Markierungen erstellen, um zumindest diese zu sichern…?) Und: ist das ein Problem angesichts der Tatsache, dass ich möglicherweise mittelfristig auch alle Bücher aus meinem Bücherregal zumindest entsorgen könnte (!), weil ich auf alle über meine Bibliothekskennung (oder gleich als Open Access) Online-Zugriff habe? Oder: kaufe ich dann doch lieber die Printversion, um das proprietäre Kindle-Format nicht auch noch zu unterstützen und damit am Leben zu erhalten?

15 Kommentar(e)

  • Lars Blunck
    12.01.2013 19:03
    Qualitätssicherung

    Was ich ergänzen möchte: Katja Kwastek hat mit dem Hinweis auf Lektorat und Redaktion von Büchern einen wichtigen Punkt genannt, den es zu ergänzen gilt: Denn auch bei Druckveröffentlichungen fällt ein gescheites Lektorat und damit die Sicherung von Qualität zunehmend weg; ja, bspw. publizieren Studierende inzwischen ihre (bisweilen hanebüchenen) Seminararbeiten flotterhand als book on demand, abrufbar bei amazon (gehört das dann zum Forschungsstand und zur zu konsultierenden Sekundärliteratur? Anders gefragt: Wann ist welche Publikation wissenschaftlich relevant? Gilt übrigens für alle Internet-Texte). Wichtig ist also, gleich ob ebook, open access, book on demand oder konventionelles Buch, Qualitätsstandards zu wahren. Dafür muss einerseits ein Bewusstsein, andererseits müssen Verantwortlichkeiten geschaffen werden; es macht ja keinen Sinn, wenn einige „Autoren" für die Qualitätssicherung "bezahlen“ (H. Kohle) und andere meinen, die neuen Publikations- und Distributionswege für billig zu habende Publikationen nutzen zu können. Die neuen Publikationsformen und -formate sind also nicht nur Segen, sondern können zum Fluch werden, wenn nicht endlich Standards definiert werden (ich weiß, Herr Kohle, für kunstgeschichte-ejournal.net sei das gewährleistet). Der Verband und das ZI sind hier längst aufgerufen, scheinen die Rufe des nimmermüden Kohle aber nicht recht zu hören/hören zu wollen.

    • Hubertus Kohle
      14.01.2013 17:10
      Ergänzung

      Ich verweise in diesem Zusammenhang auf die weittragenden Überlegungen von Anne Lipp, die in der DFG an entscheidender Stelle sitzt, was das elektronische Publizieren angeht:
      http://rkb.hypotheses.org/369
      Gleichzeitig hier auch noch meine Einladung zu der Veranstaltung: Es sind noch wenige Plätze frei!

    • Katja Kwastek
      14.01.2013 09:57
      Kunsthistorikertag Greifswald

      Fragen der wissenschaftlichen Evaluierung und Qualitätsfilterung von Online-Quellen werden eines der Themen des Forum Digitale Kunstgeschichte auf dem Kunsthistorikertag in Greifswald im März sein (Sa 23.03., 16.30-18.30)

    • Hubertus Kohle
      12.01.2013 22:10
      Mit den Standards ist das so eine Sache

      Wollen Sie die Leute an der Veröffentlichung ihrer dämlichen Seminararbeiten hindern? Geht nicht. Also bleibt nur eine Heuristik der nachträglichen Qualitätsfilterung. Die wichtigste Aufgabe der Wissenschaft in den nächsten Jahren. Im Ernst!
      Schön von Ihnen auf diesem ungewöhnlichen Weg zu hören, lieber Herr Blunck!

  • Holger Simon
    10.01.2013 21:52
    Grundlagen zu eBooks

    Wer sich wirklich mal informieren möchte über eBooks und einsteigen will in diese Welt, dem empfehle ich http://www.ebooklabs.de/joomla/index.php/download. Denn wir unterscheiden mindestens 4 verschiedene Formate/Medien, die alle unter eBook laufen (pdf, ePUB, folio, App) und alle haben andere Funktionen.

  • Thomas Moser
    10.01.2013 16:18
    Veraltete Formate

    Wenigstens sollte es kein Nichtkaufkriterium sein, dass ich einem etwaigen Veralten des Formates aus dem Weg gehen möchte: Software wie Calibre konvertiert inzwischen sogar in und aus dem KF8-Format (und freilich zahllosen weiteren). Ich denke es ist unwahrscheinlich zukünftig auf bestimmte Erscheinungstypen nicht mehr zugreiffen zu können. Wenn ich mir heute eine Schallplatte kaufe kann ich auch mp3s daraus machen.

    • Thomas Moser
      11.01.2013 10:13
      Aber...

      das hätten Sie nicht getan, wenn Sie zahllose Platten zum wissenschaftlichen Arbeiten genutzt hätten (um den Vergleich einmal zu strapazieren).

    • Hubertus Kohle
      11.01.2013 08:43
      Meinen letzten Plattenspieler ...

      habe ich allerdings vor 25 Jahren entsorgt!

  • Hubertus Kohle
    10.01.2013 13:36
    In der Tat

    Manchmal sind bei kindle auch Seitenzahlen dabei. Das ist offenbar eine Autoroption.

    Aber das Grundproblem ist natürlich ein entscheidendes: Die Alternative zum jetztigen Publikationswesen ist nicht irgendein kommerzielles und restiktiv gehandhabtes Programm im Internet (wie kindle), sondern open access. Das Grauenhafte an der öffentlichen Diskussion ist, dass ebook mit open access gleichgesetzt wird. Wir müssen unbedingt darauf achten, open access zu publizieren (was man auch in einem Verlag machen kann). Und sei es zusätzlich zu einer amazon-Edition. Sonst ist die Zukunft noch geschlossener als es die Vergangenheit schon war!

    • Hubertus Kohle
      12.01.2013 09:55
      Vielleicht ein Missverständnis

      Nur um nicht falsch verstanden zu werden. Ich weiß natürlich, dass das Publizieren Geld kostet - und ich weiß auch, worauf Stefan Fitzner mit seinen Bermerkungen anspielt :), aber mir schiene eine grundsätzliche Umorientierung wichtig, die in der open-access-Diskussion im übrigen zuletzt immer deutlicher favorisiert wird: Nicht Leser/in soll bezahlen, sondern Autor/in. Dann ließe sich auch für die Verlage eine Rolle finden, die sich zwar in manchem vom Überkommenen unterscheidet, in anderem aber vielleicht sogar heilsame Effekte hätte. Ob die Verlage das schaffen? Ich fürchte eher, dass sie die alten Modelle einfach ins Internet übertragen, und dass damit nichts gewonnen ist. Also: Ich appelliere an alle, ihre eigenen Produktionen (zumindestens auch) open access zu stellen. Wer jetzt sagt, dass ihm/ ihr das als Autor/in zu teuer ist, den darf ich mal sanft daran erinnern, dass auch bisher locker 10.000 Euro Druckkostenzuschüsse angefallen sind - oder mehr

    • Katja Kwastek
      11.01.2013 15:13
      Was kostet Redaktion?

      ich würde hier gerne noch ergänzen: ein gutes Buch ist auch deshalb ein gutes Buch, weil es redaktionell betreut wurde. Leider müssen dass ja schon im Printbereich immer öfter die Wissenschaftler unter sich ausmachen, bzw. die redaktionelle Bearbeitung wird auf ein Minimum reduziert, weil für eine verlagsseitige Redaktion kein Geld vorhanden ist. Das führt dann zu so absurden Situationen, dass deutschsprachige Wissenschaftler englische Aufsätze von deutschsprachigen Kollegen oder Kolleginnen korrekturlesen müssen, mit entsprechendem Ergebnis. Aber vielleicht könnte in Zukunft gerade Redaktion und/oder Layout das 'Buch' ausmachen, egal ob ebook oder analog? Denn - das zu Holger Simons Beitrag - escience hat natürlich viele Seiten und interaktive Diskussionsforen haben großen Wert, sind aber vielleicht doch einfach etwas anderes. Zeichnet sich das 'Buch' nicht eher gerade dadurch aus, das es eine inhaltlich abgeschlossene Einheit bildet, deren Inhalt im positiven Sinne bereits ein bisschen 'abgehangen' ist (im Unterschied zum Blogbeitrag) - d. h. das Ergebnis eines längeren Denk- und Forschungsprozesses?

    • Sebastian Fitzner
      11.01.2013 14:07
      Was kostet Gestaltung?

      Open acess ist kostenlos für die Leser. Das ist klar. Wenn die Wissenschaft aber Texte produziert und diese online stellen will, bedarf es mehrerer Akteure. Vor allem, das wird gerne vergessen, Graphiker oder Typographen. Die Frage ist doch, wer das bezahlt. Die Universitäten oder Institute etwa, an denen die meisten Wissenschaflter arbeiten? Open acess Publikationen die - entschuldigung - als schnöde Times- oder Arial-PDFs daher kommen, können doch nicht ernsthaft die zukünftigen Medien unserer Wissensvermittlung sein. Dann doch lieber ein Verlag, der ein ebook layoutet, medial anreichert und dieses für einen fairen Preis anbietet. Und auch dieses wird doch wohl in den Katalogen, Bibliotheken und Suchmaschinen zu finden sein, oder nicht?

    • Hubertus Kohle
      11.01.2013 08:42
      Alles richtig

      Gemeint war, dass sich jetzt vieles in Richtung ebook bewegt und suggeriert wird, das sei dann open access. Dabei garantiert nur open access, dass die Veröffentlichung auch Teil des Netzes als Wissensgemeinschaft wird, das über die üblichen Suchverfahren erschlossen wird. open access ist ja nicht kostenlos, sondern kostet nur den Leser nichts, der frei darauf zugreifen kann. Insofern ist ein ebook, das von der Bibliothek - aber eben nur einem eingeschränkten Nutzerkreis - zur Verfügung gestellt wird, zwar besser als nichts, aber eben kein open access.

    • Holger Simon
      10.01.2013 22:04
      Welche Diskussion?

      Welche "öffentliche Diskussion" meinst Du, in der eBook und open Access gleichgesetzt wird? Ich kenne nur den Versuch der Verlage wenigstens Ihre Aufwände für die Produktion der eBooks wieder hineinzubekommen und eine Nicht-Diskussion in der Kunstgeschichte, weil sie - sorry - gar nicht wissen, was wirklich ein eBook ist. Spannender ist doch die Frage: Welchen Mehrwert erhalten wir durch eBooks? Lesen kann ich auch ein Buch! EBooks bieten Multimedialität und Interaktivität. Die Kunstgeschichte kann endlich räume in 3D und Filmen zeigen und zugleich ist der Leser nicht nur Rezipient, sondern kann auch aktiv eingreifen. Das wird Wissenschaft verändern, wenn der Leser als Autor wieder zurückschlägt.

    • Katja Kwastek
      10.01.2013 15:19
      Lizenzmodelle

      Wenn ich es richtig sehe, handelt es sich beispielsweise beim ebook-Angebot der BSB (http://www.bsb-muenchen.de/E-Books-Bestand-und-Benutzung.1633.0.html) um Lizenzmodelle, also nicht um open access (das wäre ja kostenfrei). Wenn ich aber mit Bibliothekskennung Zugriff auf ein Buch bekomme, ist das ja auch schonmal nicht schlecht, oder? Wenn ich es aber kaufen muss (und das gilt für Privatleute genauso wie für Bibliotheken), sollte gewährleistet sein, dass man vernünftig damit arbeiten kann und das Format einigermaßen standardisiert ist - das kann man doch von epub und pdf annehmen, oder? Bzgl. Seitenzahlen bin ich ambivalent - eigentlich sind layoutunabhängige Positionsangaben letztlich besser, denn es ist ja schon im Printbereich sehr aufwändig, ein Zitat wiederzufinden, wenn man zufällig eine andere Ausgabe in der Hand hat.

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