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CIHA Kongress

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Soeben ging der Internationale Kunsthistorikertag in Nürnberg zu Ende (Die Herausforderung des Objekts). Da er zeitgleich mit dem letzten Semester ausgerechnet in Bayern lief, waren Teilnehmer aus der unmittelbaren Umgebung unterrepräsentiert. Ich konnte selber auch nur am Freitag. Bei solchen Mammut-Kongressen hat man ja immer die Qual der Wahl. Ich habe mir die Dürer-Sektion ausgesucht, ein Thema, von dem ich eigentlich gar nichts verstehe. Es ging da nicht nur um Dürer, insofern war der Untertitel: Das Objekt als Schlüssel zum Subjekt eigentlich fast noch treffender. Sehr genau wurde dieses Motto in dem Vortrag getroffen, der mir der Höhepunkt der ganzen Sektion zu sein schien (diese begann allerdings schon am Donnerstag und soll auch da schon geglänzt haben), Daniela Bohdes Vortrag zu Status und Funktion altdeutscher Zeichnungen. Sie stellte dabei leisie, aber deutlich vernehmbar die zur Zeit geläufige These vom "selffashioning" des Künstlers in Frage, in dem sie - bei aller Modernität - in gewisser Weise eine Fortsetzung des längst überwunden geglaubten Ausdrucksparadigmas sah, mit dem eine alte Kunstgeschichte vor allem die altdeutsche Kunst traktiert hat. Ansonsten drängte sich der Eindruck auf, dass man sich doch immer noch sehr an deutschen Mythisierungen der altdeutschen Malerei abarbeit. Bei Thomas Schauerte, der zur Gruppe der Nürnberger Radikalentmythisierer gehört, die sogar Dürers erste Italienreise in Zweifel ziehen. Oder bei Susanne Meurer, die im "yearning for biography" im Fall Grünewalds (bei dem schon der Name falsch ist), eine verständliche, aber irreführende Sehnsucht nach Identitäsbildung erkannte. Auch Dagmar Hirschfelders Analyse von Dürers später Zeichnungproduktion zur Ausbildung von Gefälligkeitsnetzwerken in den Niederlanden konnte beeindrucken. Insgesamt wird man die Frage nach dem Objekt als Schlüssel zum Subjekt wohl verneinen müssen!   

4 Kommentar(e)

  • Margarete Kaufmann
    04.08.2012 18:18
    Gerhard Liedtkes Bericht vom CIHA (Audio)

    Im letzten "Kulturjournal" (BR2-Radio) vor der Sommerpause liefert Gerhard Liedtke einen lustig-polemischen Eindruck für alle Daheimgebliebenen.
    Dabei ist gleich zweimal zu hören, wie sich Thomas Gaehtgens vom Getty Research Institute L.A. mächtig versemmelt, wenn er ein Statement zu Kopie und Original abgibt mit dem Schwung in einem Atemzug zu "Schülern, die Meistern nachstreben und wie irgend möglich dem Meister so nahe wie möglich kommen müssten" - ähh - "diese Vorstellung gibt es im asiatischen Raum, zum Beispiel in China. Während wir sagen: ja, der Künstler muss eine Originalität haben." [zu Sendungsbeginn ab 1:55 bis 2:40 und nochmals im Beitrag ab 26:40].
    Da bleibt zu fragen, welche "Schüler" da Gaehtgens im Geiste hat, wenn er solch eine Pauschalaussage ins Mikro wirft. Sicher hat er bei Vorträgen der vielen asiatischen Kunsthistoriker hineingehört und einiges nur recht oberflächlich behalten, wenn er dann zu solch einer starren Aussage kommt. Und auch noch schnell einen Zusammenhang zu Original und Kopie herstellt - materielle Schachtel zu materieller Schachtel: weil man ja so ein Verhältnis von Schüler und Meister in Analogie setzen kann! Da bleibt kein Platz für "Originalität", oder nicht doch eher: kein Sinn für die feine Beobachtung, was die Entwicklung eines Schülers in asiatischen Schulungswegen ausmacht. Wie wenn es da nicht das "Aufblühen eines Wesens" geben würde, das sich in den Künsten zeigt? Es verwundert, dass Gaehtgens in Los Angeles so viel näher am asiatischen Raum sich nicht besser darin auskennt.
    Dafür - und da hätte er in dem Beitrag bevorzugt reden sollen - berichtet er von dem kürzlich eröffneten Getty Research Portal [ab 36:22] und der Dehierarchisierung durch access open, wenn alles Wissen zugänglich sein und am eigenen Schreibtisch zur Verfügung stehen wird [bis Ende 40:40]

    http://www.br.de/radio/bayern2/sendungen/kulturjournal/22-07-2012kulturjournal100.html

  • Spielerische Fechtszenen

    Das erinnert mich an die spielerischen Fechtszenen, die Albrecht Dürer am Rande einer Aldini-Ausgabe des Aristoteles (Organon) gemalt hat. :) In diesem Zusammenhang stelle ich fest, sicher anhand von Wikipedia, dass "polemikós" mit "feindselig" übersetzt wird und "Krieg" "pólemos" heißt. Schwierig... :)

  • Eine Kritik
    28.07.2012 08:50
    Wenn Polemik Kopfnicken hervorruft

    Scheinbar kann man auch mit den besten (polemischen) Vorsätzen doch nur Zustimmung generieren.. ;)

  • Albrecht Dürer

    Vielen Dank für diesen Einblick in den CIHA Kongress mit diesem spannenden und zugleich sehr sensiblen Thema der Dürer-Forschung! Anhand von ART-Dok konnte man in den letzten Jahren die diskreten Wandlungen leicht vernehmen. Umso erfreulicher die jetzige Konzentration innerhalb der internationalen Tagung auf den Nürnberger Maler. Auch wenn Sie "nichts davon verstehen", ist das Wesentliche sehr gut vermittelt worden. Vielen Dank! :)

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