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Kunstfälschungen

Kunsthistoriker haben sich in den zurückliegenden Fälschungsskandalen und Zuschreibungsschlachten nicht gerade mit Ruhm bekleckert. Wenn die meisten aufgrund von Fotos urteilen, darf man sich nicht wundern, dass die Urteile auf tönernen Füßen stehen und angezweifelt werden. Wenn ein Leonardo mit der Begründung abgeschrieben wird, der Madonna "fehle das typische Leonardo-Lächeln" oder andersherum zugeschrieben wird mit dem Hinweis auf das "tiefe Wissen um die menschliche Psyche", das in eben dieser Madonna zum Ausdruck käme, dann wird hier jedes Klischee über wissenschaftliche Fundierung in unserem Beritt bestätigt. (Vgl. hier) Ernst genommen wird es nur da, wo sich die zu erzielenden Preise auf diesem Weg verhundertfachen lassen. A propos verhundertfachen: Wenn das Honorar für den Gutachter in einem Verhältnis zum Verkaufspreis steht, dann raten Sie mal, wie verführerisch es für den Gutachter wird, ein Werk lieber zu- als abzuschreiben!

4 Kommentar(e)

  • Für mich ist Werner Spies nicht weniger Kunsthistoriker oder nicht weniger Kenner von Max Ernst nur weil er sich einmal geirrt hat. Allerdings war er auch nie der Halbgott, den das Publikum aus ihm gemacht hat. Ich glaube, man sollte "Kennerschaft" einfach mal runterschrauben und die Aura (die sich nicht selten auch aus dem Neid der anderen nährt) beiseite lassen. Ansonsten braucht der Kunstmarkt natürlich Kontrollmechanismen. Da stimme ich zu! Wie wäre es mit mehreren "Kennern" für Max Ernst, die nach dem Zufalls- oder Rotationsprinzip nach ihrer Meinung gefragt werden?

  • Es ist einfach: Die erwarteten Geldsummen machen blind. Und dass Vertreter unseres Faches sich durch gute Honorare locken lassen, kann man häufig erleben. Wenn man W.S. 2010 auf der Vorbesichtigung der Baseler Kunstmesse zwischen all den Reichen, Schönen und Bedeutenden des Kunstmarktes beobachtete, konnte einem schon der Gedanke kommen: Hier stehen Geschäft und Macht im Vordergrund.
    Das gilt übrigens auch für andere Fächer: die Philosophie, die Germanistik u.u.u.

  • Werner Reiter
    08.08.2011 11:13

    Generelle Verunsicherung bei Original und Fälschung.

    Der große Irrtum vom Kunstexperten Werner Spies, weltweit hochdekoriert als Experte der Sammlung von Werner Jäger hat gezeigt, wie verunsichert die Experten am internationalen Kunstmarkt tatsächlich sind – wenn es um hochkarätige Kunst geht. Wenn man doch einen Fehler macht, gibt es sicher keiner zu.
    Werner Spies eine Institution mit allen Ehren, wie man in der Fachwelt sagt,
    der hunderte Fälschungen von Max Ernst aus dem Verkehr gezogen hat,
    ist selbst als Fachmann mit seiner Weisheit den Fälschern gewaltig auf dem Leim gegangen. Erst wenn so hochkarätige Experten wie Werner Spies als Experte in der Kunst einen Fehler machen, wird man hellhörig in dieser Branche.
    Das dies die Öffentlichkeit erst erfährt, hat man nur den aufmerksamen Medien zu verdanken. Bis dahin muss schon sehr viel passiert sein, bis so ein gravierender Skandal erst einmal öffentlich gemacht wird. Gewöhnlich dauert es viele Jahre, da ein jeder am Gewinn mitmischt, der nur eine Möglichkeit sieht
    dabei zu sein, wie jetzt im Fall Werner Spies bekannt wurde. Bis man erwischt wird arbeitet man in dieser Branche, Hand in Hand. Und niemand schadet den anderen, vor allem den Fälschern nicht richtig, denn die braucht man um neue Ware zu bekommen. Geld stinkt gewöhnlich in dieser Situation überhaupt nicht!
    Darüber hinaus gibt es sehr viele Kunst - Investoren als Spekulanten und Lobbyisten, die durch geputschte „ Kunst – Rating „
    ökonomisch alles im Auge behalten. Durch ihre Glaubwürdigkeit entsteht erst ein Kunstmarkt, dadurch schützt sich die Wertsphäre nach außen.
    Für den Laien ist die Kunst zunächst ein Buch mit sieben Siegel, wobei der
    Sprach – un – kundige dann zum Kunst – Banausen erklärt wird. 
    Der Künstler Max Ernst hat in seiner Kunstrichtung unzählige Varianten von Motiven geschaffen, sodass es Kunstfälscher sehr leicht haben Werke die im Werksverzeichnis nicht aufgelistet sind zu fälschen. Weil einige dieser Werke offensichtlich keiner kennt, wird ganz einfach der Stil des Künstlers imitiert,
    der später von einem Experten mit einem Zertifikat als Echt bezeugt wird. Da keiner das Gegenteil behauptet oder gar angezweifelt wird, da ja die Expertise von einem internationalen Fachmann wie Werner Spies stammt, halten sich viele mit dieser Angelegenheit aus Sicherheit heraus. Wie gesagt: „ Keine Krähe hackt der anderen ein Auge aus „ alle Wege sind nach Oben offen!
    Ich kenne einen Fall von einem Künstler, der in den 60iger Jahren einen Zyklus mit Aquarell Bildern machte. Danach hatte er nie mehr mit dieser Technik gearbeitet, da er auch mit einer anderen Technik weltberühmt wurde.
    Was ich sagen will ist: Der Künstler bekam zu dieser Zeit als der Aquarell – Zyklus entstanden ist einen Sohn. Erst 40 Jahre später tauchten einige Aquarelle aus dieser Zeit wieder auf. Jedoch der Sohn von dessen Künstler sagte: „ Aquarelle hat mein Vater nie gemacht, obwohl der Stil dieser Werke ihm sehr vertraut war.
    Zum Glück lebt sein Vater als Künstler noch, und kann somit diese Echtheit seiner Werke auch bezeugen. Wenn nicht einmal sein Sohn die Echtheit, sowie den Bestand dieser Aquarelle seines Vaters bestätigen konnte. Wie kann erst ein Fachmann Werner Spies nur beim hinschauen eines Kunstwerks erkennen ob es ein Original oder eine Fälschung ist! Denn wie man in diesem besagten Fall weiß, auch ein Künstler verändert im Laufe seines Künstlerlebens seinen Stil in der Kunst, oder er probiert mal was Neues aus. Wenn dies dann zu Lebzeiten des Künstlers nicht dokumentiert wurde, wird es für die Nachwelt sicherlich zu Streitigkeiten zwischen Sammlern, Galerien, Museen oder gar bei den Erben kommen. Um dann die Glaubhaft eines Kunstwerks bei einer Expertise zu beweisen oftmals unmöglich macht, kann man als Künstler noch zu Lebzeiten gegen Schutzmassnahmen vorbeugen.
    Das man später nicht mehr sagen muss: Wie kann man sich nur so irren, meint
    www.fingerprint-on-art.com zu diesem heiklen Thema, dass in der Kunst immer ein Thema bleiben wird.

  • Ich frage mich auch inzwischen ernsthaft, wie weit der Textfetischismus noch gehen kann? Auf dem Hintergrund der jüngsten Attentate in Norwegen ist das auch keine theoretische Frage mehr sondern bedenkliche Realität. So viel Mangel an Distanz bei der Lektüre von Texten ist für mich schwer nachvollziehbar. Auch im Falle hier angesprochener kunsthistorischer Gutachten: es ist ja nur ein Gutachten! Und irren ist menschlich. Die Verkettung so vieler Aspekte bei der Vermarktung eines Kunstwerks, das viele Geld, das immer eine Rolle spielt, schließlich die aus meiner Sicht vollkommen unangemessene Bedeutung eines Gutachtens (nicht mehr als ein Stück Papier unterzeichnet von einem heute bedeutenden und morgen vergessenen Namen)... Das alles scheint mittlerweile eine eigene Dynamik entwickelt zu haben, die niemand allein mehr verantworten, geschweige denn kontrollieren kann. :(

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