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Immer zu früh - und dann plötzlich zu spät

Vor ein paar Wochen habe ich hier am Zentralinstitut für Kunstgeschichte einen Vortrag über die "Bibliothek in 15 Jahren" gehalten. Dass die ziemlich anders aussehen wird als die heutige, dürfte auf der Hand liegen. Allerdings befürchtete ich, dass das dem insgesamt einigermaßen konservativen Publikum dieser alt-ehrwürdigen Institution nicht so ganz klar sein würde. Egal, in meiner Vision von der Bibliothek blieb kein Stein auf dem anderen. Papier kam dort nur noch sekundär vor, alles digital, was sonst? Und was passierte? Direkt nach dem Vortrag meldet sich ein berühmter Kollege (Name spielt keine Rolle, aber ich kann immerhin so viel verraten, dass er heute eine Zierde der deutschen Kunstgeschichte an einer prominenten Institution in Übersee ist) und meinte: Na ja, das was ich da visioniere, sei doch sowieso irgendwie klar, allenfalls wäre ich noch ein wenig zurückhaltend in der Darstellung der dramatischen Entwicklungen gewesen. Es ist schon verrückt: Jetzt muss ich mir seit 10 Jahren anhören, dass meine Vorstellungen von den auch für die Kunstgeschichte relevanten zukünftigen medialen Bedingungen an den Haaren herbeigezogene oder doch zumindestens dysfunktionale Utopien seien, und jetzt kommt einer, der das Gegenteil behauptet und mich als Passatisten darstellt. Wo war wohl der Punkt, an dem das Ganze umgeschlagen ist?

5 Kommentar(e)

  • Anika Meier
    09.09.2010 19:19

    Heidelberg kann auch anders: http://blog.arthistoricum.net/artefakt-2/

  • Hubertus Kohle
    07.09.2010 19:03

    ach ja, die Heidelberger Geisteswissenschaften ... aber das ist anderswo genauso! Motto: Steter Tropen höhlt den Stein!

  • Bleistifterin
    07.09.2010 18:21

    Wo war der Turning Point? Na, im Ausland.

  • Simon Gruening
    07.09.2010 16:24

    Ich versuche gerade das hier von Ihnen vor einigen Tagen bereits Erwähnte in den Heidelberger Geisteswissenschaften zu verbreiten (also wissenschaftliches Bloggen und Social Networking). In den meisten Fällen stoße ich dabei auch immernoch auf schiefe Blicke und Ablehnung.
    Meine apokalyptische Vorstellung sieht derzeit leider so aus, dass die deutschen Geisteswissenschaften in naher Zukunft international nur noch unter "ferner liefen" gehandelt werden, wenn sie nicht bald den Allerwertesten hoch bekommen und mal aus ihren Elfenbeintürmchen raus kommen.

  • Sibylle Reymann
    07.09.2010 10:13

    Nicht zu spät, aber dringend notwendig!
    Wir leben inzwischen im Zeitalter der Digitalisierung, die in allen Bereichen um sich greift. Auch die Geisteswissenschaften müssen das erkennen und es zu nutzen wissen!
    Sich der modernen Technik verschließen, heißt im internationalen Vergleich auf der Strecke bleiben.
    Die Zeit ist mittlerweile das wichtigste Gut - auch für den Geisteswissenschaftler. Mit modernster Technik kann diese Zeit nicht nur intensiver, sondern auch effektiver genutzt werden.
    Wir müssen vorwärts denken - unserem Fach zu Liebe!
    ...Und zumindest in diesem Punkt sollten wir doch ein gemeinsames Ziel verfolgen.

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