blog.arthistoricum.net

Apocalypse now

Seitdem FAZ-Mitherausgeber Frank Schirrmacher verkündet hat, dass er mit den neuen Medien nicht zu Rande kommt ("Payback"), schießt die Frankfurter Allgemeine aus allen Rohren gegen das Internet. Es verblödet, es nützt totalitären Machthabern, es errichtet den Orwellschen Überwachungsstaat. Heute auch wieder: Ein Neurobiologe erklärt uns, dass das Internet die Spiegelneuronen malträtiert. Dabei hatte ich mir gerade erzählen lassen, dass das mit den Spieglneuronen eigentlich auch schon wieder passé ist. Was man ergänzen sollte: Das Internet bedroht die gedruckte Zeitung. Damit kann man sich als Zeitungsherausgeber natürlich nicht zufrieden geben. Aber inhaltlich führt es doch zu einer merkwürdigen Schizophrenie: Auf den Wirtschaftsseiten der FAZ kann es gar nicht modernistisch genug zugehen, Deutschlands einzige Chance als rohstoffarmes Land wird in der technologischen Aufrüstung gesehen, im Feuilleton will man das Rad zurückdrehen. Daher zum Schluss auch noch mal meine Empfehlung: Nicht immer nur das Feuilleton und die Seite Geisteswissenschaften in der FAZ lesen, sondern wenigstens auch mal einen Blick auf den Wirtschaftsteil werfen!

4 Kommentar(e)

  • Matthias Weiß
    06.05.2010 11:13

    Man sollte aber nicht außer Acht lassen, dass neben Altvorderen wie David Gelernter und anderen Überseeischen auch immer wieder Top-Typen aus dem Chaos Computer Club zu Wort kommen. Das muss man der FAZ hoch anrechnen, dass sie damit die kompetentesten Köpfe, der Aufklärung verpflichtet, aus der Nerd-Szene zu breitenwirksamer Stimme verhelfen. Man sollte ganz genau lesen, was diese Menschen in Sachen Datenschutz/-hygiene und informationeller Selbstbestimmung zu sagen haben. Denn die können von sich mit Fug und Recht behaupten, dass sie - im Unterschied zu Politikern - die Materie auch verstehen! Und dass letztlich der Bürger den kürzeren zieht, wenn er nicht die mindeste Aufmerksamkeit seinen Datenspuren schenkt, wenn er nicht Möglichkeiten zur Kontrolle der Regierung, von Unternehmen übernimmt, liegt auf der Hand. Ich kann nur sagen: Mehr davon, liebe FAZler.

  • Hans Mauser
    04.05.2010 18:15

    Dazu vielleicht ganz interessant: Wir sind das Netz! Netzkritik ist Selbstkritik
    URL: http://www.claudia-klinger.de/digidiary/2010/05/04/wir-sind-das-netz-netzkritik-ist-selbstkritik/

  • Saphi
    01.05.2010 15:47

    Im Grunde braucht man Herrn schirrmacher nur einmal bei einer der zahlreichen Diskussionsrunden beobachten, zu denen er dank seines Buches nun immer wieder eingeladen wird. Er wirkt und agiert dort erstaunlich hilflos, unispiriert und redundant. Gradezu selbst entlarvend. Aber die Menschen hatten ja auch apokalyptische Visionen, als die Eisenbahn erfunden wurde und mit rasendem Tempo von 60 km/h durch die Landschaft jagte. Wer die Meinungen und Kommentare Inder Presse liest, lacht sich heute scheckig...

  • Martin Warnke
    30.04.2010 22:09

    Wie wahr. Die Gutenberg-Galaxis ist so ein Druck-schwarzes Loch, dass sie selbst eigentlich klugen Leuten manchmal die Sicht nimmt.

Kommentar

Kontakt

Kommentar

Absenden