blog.arthistoricum.net

Email

Haben Sie mit lokalen Email-Clients auch folgende Erfahrung gemacht? Irgendwann werden die Dateien zu groß, und die Funktionsfähigkeit ist eingeschränkt. Oder es geht gar nichts mehr.  Dann löscht man alles und archiviert die alten Daten irgendwo. Oder noch nicht einmal das. Und wenn man sie nach Jahren reaktivieren will, weiß man nicht, ob sie überhaupt noch lesbar sind. Geht man über einen kommerziellen Anbieter wie hotmail oder gmx, sieht das anders aus, aber es ist verdammt schwierig, alle dort gespeicherten alten mails auf den eigenen Rechner zu exportieren. Sollte die Vermutung der Skeptiker stimmen, dass auf diesem Weg Geschichte verschwindet, weil ganze Briefwechsel im Nirwana untergehen? Vielleicht ist etwas dran an der Strategie, wichtige mails auszudrucken und ganz traditionell abzuheften ...

16 Kommentar(e)

  • keimelion
    28.10.2009 06:56

    Na ja, die Frage war eigentlich wie man mit der Email, von der wir nicht wissen, was sie ist, aber annehmen können, dass sie Informationen trägt, verfährt. Zur Zeit ist es so, dass über ihren Verbleib (aufheben oder löschen) individuell entschieden wird, dass sie auf festen (und begrenzten) Datenträger gespeichert wird, und dass diese Aufgabe (auf Server) weiterdelegiert wird. D.h., dass die Wahrscheinlichkeit klein ist, diese Informationen in ferner Zukunft sinnvoll abrufen zu können. Viel eher wird man künftig wissen, dass sich beispielsweise tapfere Daker vor rund 2000 Jahren der römischen Besatzung in den Westkarpathen widersetzt haben (s. Trajanssäule), als dass wir heute Emails - welchen Inhalts auch immer - ausgetauscht haben. Diese Erkenntnis baut mich nicht gerade auf. Vielleicht ist aber ihr Wahrheitsgehalt auch weniger absolut, als ich gemeinhin anzunehmen geneigt bin.

  • Thorsten Wübbena
    26.10.2009 10:47

    Ich hoffe, dass der link diesmla nicht "herausgefiltert" wird: http://www.freitag.de/kultur/0940-kommunikation-emails-medien-medienkompetenz

  • Thorsten Wübbena
    25.10.2009 19:48

    Hier ein (vielleicht leicht) off-topic-link zu einem Artikel, in dem uns der Autor Mathias Mertens aufklärt: "Wir wissen noch gar nicht, was E-Mail eigentlich ist.".

  • keimelion
    20.10.2009 15:13

    uuups!?! tschuldigung! war nicht so gemeint. ich habe vergessen, dass man von überall alles lesen kann. sorry!

  • Anika Meier
    20.10.2009 12:19

    Wie darf ich das mit dem Exil verstehen, lieber keimelion? Unsere Laune ist in der Tat sehr gut, hier ist es aber mindestens genauso schön.

  • keimelion
    20.10.2009 05:48

    Mir ist das hier zu düster. Ich gehe ins Exil zu artefakt-sz. Da ist die Laune besser. Tschüss.

  • Mit Sicherheit nicht. Für mich stellt sich aber eher die Frage, wie aussagekräftig all diese Informationen für dieses Fach sein werden? Ich tippe mal auf Null, wenn das so weitergeht, wie bisher. Ob die Welt dadurch besser wird, wage ich zu bezweifeln.

    Was glauben Sie, wer sich in hundert Jahren für Ihr Schuhkarton mit Briefen interessieren wird? Und selbst wenn das jemand tun wird, wie lange glauben Sie, dass er sich damit beschäftigen wird? Vorausgesetzt er wird sich damit mehr als nur eine halbe Stunde beschäftigen, was glauben Sie, wird er mit einer aus dem Kontext gerissenen Briefbox
    machen?

    Also ich wäre da nicht so optimistisch. Wir leben in Zeiten, in denen man sich bei Facebook täglich hunderfach befreundet, um sich Tag darauf ebenso vielfach wieder zu entfreunden. Schauen Sie sich doch die Berichte in diesem Blog an! Wir sind heute
    bereits nicht viel mehr als eine Zahl in globalen Statistiken und entwickeln als solche schwer nachvollziehbare Theorien über Bilder,
    deren Entstehungszusammenhänge uns abhanden gekommen sind. Wir schreiben Fiktionen, die nur wenige lesen, weil sie in einer kryptischen Sprache verfasst sind.

    Sicher sollte man nicht verallgemeinern und niemanden zu etwas zwingen, was er nicht tun möchte. Ich tue mich auch nicht leicht mit dem neuen Medium und vermisse vor allem die
    Gegenständlichkeit der konkreten Welt. Aber was ist denn die Alternative? Aufgrund willkürlich aufgestellter Selektionskriterien und im Namen einer psychotischen Zukunftsvision potentielle Erinnerungsstützen des kollektiven Gedächtnisses abzuschaffen?

    Es klingt in dieser Form vielleicht ein wenig übertrieben, aber das alles hatten wir doch schon. Ehrlich gesagt, verstehe ich nicht ganz, was es nun zu vertreten gilt: individuelle Freiheit bei gleichzeitigem Anspruch auf wissenschaftliche Qualität? Wie soll das gehen? Schreiben wir jetzt Literatur (mit Fiktionen, die die Lücken füllen) oder betreiben wir Wissenschaft (und bemühen uns um Vollständigkeit)? Wie auch immer... Angst war noch nie ein guter Ratgeber.

  • Albrecht Pohlmann
    18.10.2009 22:18

    Bei dieser Diskussion, die mir von unbekümmertem Fortschrittsoptimismus geprägt zu sein scheint, ist es dringend notwendig, auf die bisher ungelösten Probleme der Langzeitarchivierung hinzuweisen! Ich hoffe, wie alle Diskutanten, daß diese Probleme gelöst werden. Wahrscheinlich werden sie es auch. Man sollte aber nicht "selbstverständlich" (= ohne darüber nachzudenken) davon ausgehen, daß dies auch der Fall sein wird.
    Als Laie entgehen mir sicher Aspekte, oder ich habe irgendetwas überhaupt nicht begriffen. Trotzdem versuche ich, ein paar Probleme zu kennzeichnen:

    1. die materiellen Träger. Festplatten, CDs usw. sind aus relativ unvergänglichen Trägermaterialien hergestellt (wohl eher ein Umweltproblem, sie zu beseitigen). Über das Alterungsverhalten dieser Kunststoffe ist allerdings - verständlicherweise - noch nicht sehr viel bekannt. Ebenso wenig darüber, inwieweit die Alterung (z. B.: Gilbung oder gar Trübung durchsichtiger Schichten) sich auf Lesbarkeit auswirkt. Die Haltbarkeit der informationsenthaltenden bzw. der Schutzschichten erscheint ebenfalls nicht unbegrenzt. Zerkratzte CDs kennt jeder.

    2. Das Internet beruht auf der Vielzahl vernetzter Datenträger. Was aber geschieht, wenn durch Krieg, Naturkatatstrophen usw. erhebliche Teile davon ausfallen? Halten wir das Ganze nur für unverwundbar, weil die Serverfarmen in z. Zt. sicheren Gebieten stehen?

    3. Die Abhängigkeit von elektrischer Energie. (...)

    4. Das Problem der Migration (= Möglichkeit, Daten in fortgeschrittenere Lesetechnik zu konvertieren) - wird heute grundsätzlich mitbedacht, aber tatsächlich immer und für alles, was an digitalen Daten vorhanden ist? Wer garantiert, daß das "Wesentliche" konvertiert wird (ist nicht zu garantieren, da es zu viele verschiedene Prioritäten gibt). - Kennt jemand von Ihnen noch die 8-Zoll-Disketten, die aussahen wie Single-Schallplatten und auch ungefähr so dick waren?

    5. Google ist auch bloß irgend so 'ne Firma! Man könnte sich zwar vorstellen, daß es irgendeine globale Lösung zur Datenrettung bzw. zum fortgesetzten, ungehinderten Datenzugriff geben wird, wenn die pleitegehen ... aber ist das sicher? (Daß die pleitegehen, kann man sich momentan schwer vorstellen - aber gibt es irgendein kapitalistisches Unternehmen [oder ein staatliches ...], was grundsätzlich dagegen gefeit wäre?)

    Das sind, wie gesagt, so Ansichten eines Laien. Dem immerhin klar ist, daß die alten Datenträger wie Papier auch zahlreichen Fährnissen ausgesetzt waren und sind. (Besser sind da schon in Stein gemeißelte Schriften ...) Übrigens sind 20 oder 25 Jahre nun wirklich kein besonders langer Zeitraum, um daran die Dauerhaftigkeit eines Mediums zu ermessen.

  • Georg Hohmann
    15.10.2009 22:03

    Mir scheint in der Frage der Archivierungswürdigkeit in den "Neuen Medien" ein neues Zeitempfinden zu herrschen. Es ist nicht so, dass "alles" der Vergessenheit anheim fällt, es wird nur schneller (per Basisdemokratie=Social Network) und ökonomischen Überlegungen entschieden, was archiviert wird. Prominentes Beispiel: Das News-Archiv. Als Google es (aus ökonomischen Interessen = Markenbildung) erwarb, war das Geschrei groß, doch ich erinnere mich nicht, dass irgendeine "memory institution" diesen Job hätte übernehmen wollen. Im News-Archiv ist elektronische Kommunikation seit ihrer Entstehungszeit gespeichert, und wer weiß, was dort in 10-15-20 Jahren noch zu entdecken ist. Meine eMails speichert zur Zeit ebenfalls Google, wer weiß, wie lange noch. Aber gibt es Alternativen? Wenn jemand meine eMail auf seinem portablen Harddrive speichert, und wird dieses in 100 Jahren gefunden, ist das genauso, als würde man einen Schuhkarton mit meinen Briefen finden. Vor einigen Tagen wurde die erste DE-eMail an den Adressaten der ersten eMail in Deutschland versandt. Nach 25 Jahren weiß man sogar noch den Adressaten und den Inhalt. Zufall?

  • Ioana Herbert
    29.09.2009 05:59

    Ich habe die elektronische Post fast ganz aufgegeben und bin zur snail-mail zurückgekehrt.

  • I. Blochel
    28.09.2009 13:30

    Meine ganz prosaische Methode: Kopiere regelmäßig alle Mails in ein Textdokument. Da ich beim Wechsel des Textverarbeitungsprogramms (bzw Upgrade, z.B. bei einer neuen Betriebssystems-Version) ohnehin alle meine Textdateien öffne, um zu testen, ob sie sich mit der neuen Umgebung vertragen (und sie ggf. in einer neuen Formatversion zu speichern), erledige ich das so für die Mails gleich mit.

    Ebenso mache ich es z.B. mit einigen Forenbeiträgen. Oder Tweets.

  • keimelion
    28.09.2009 05:57

    Ja. Nur sind die 10 Prozent, die Sie (in weiser Voraussicht) aufheben möchten, vermutlich nicht die gleichen 10 Prozent, die Ihre Nachkommen von Ihrer Korrespondenz werden lesen wollen. Wenn ich heute neben der ziemlich banalen Korrespondenz eines absolutistischen Fürsten an seine Mätresse auch die Briefe seiner geistreichen Tante an ihre Mutter hätte, stünde ich mit meiner Fragestellung weniger hilflos da. Deshalb plädiere ich dafür, dass man lieber mehr als weniger aufhebt, zumal im Internet (noch?) kein Platzmangel herrscht. Sie können auch das tun, wovon Herr Pohlmann berichtet. Sie mieten eine Domain, stellen Ihre Post da rein und verwalten sie, wie Sie es für richtig halten. Alles andere (wer, was, wann, warum einsehen darf) kann dann auch ein Nachlassverwalter klären, soweit Sie Ihre Korrespondenz nicht schon zu Lebzeiten der Öffentlichkeit zugänglich machen wollen. Das Passwort sollte man vielleicht noch aufschreiben... Aber ich höre jetzt auf, sonst heißt es wieder, ich würde spotten.

  • Hubertus Kohle
    27.09.2009 06:16

    Grundsätzlich hat keimelion sicher recht. Aber wenn man mal annimmt, das 90 % des email-Verkehrs absolut archivierungsunwürdig ist, wäre es vielleicht doch nicht so schlecht, wenn man den Rest ausdruckte. Es sei denn, jemand erklärt mir eine sichere, nachhaltige und vor allem einfache Archivierungsmethode für die Dateien.

  • keimelion
    26.09.2009 08:56

    Die Absicht, zu spotten, lag mir fern. Vielmehr wollte ich die von Professor Kohle angedeutete Machtlosigkeit im täglichen Kampf mit dem neuen Medium aufgreifen und durch eine Übertreibung die ganze Dimension des Dilemmas verdeutlichen. Mich gruselt es auch und schon lange, dass der Orkus des Internets täglich so viele Daten dem aktiven Gedächtnis der Gemeinschaft entzieht. Doch zweifele ich daran, dass der Rückgriff auf traditionelle Methoden der Archivierung hier noch etwas bewirken kann. Wollen Sie sämtliche Emails, die Sie täglich rausschicken, ausdrucken und abheften? Da dürfte ziemlich schnell ein ganzes Gebäude unter dem Gewicht des Papiers zusammenbrechen. Oder wollen Sie eine Auswahl treffen? Und nach welchen Kriterien bitte? Welche auch immer diese heute wären, kann man davon ausgehen, dass, bei dem vorliegenden Datenfluss weltweit, sie morgen nicht mehr gültig sind. Dabei liegt m.E. gerade im elektronischen Datenaustausch unglaublich viel Potential für die Kunsthistorigraphie der Zukunft. Wenn von einem zeitgenössischen Künstler mehr als nur (geistlose) Rechnungen und (schlechte) Chroniken übrig bleiben, wird man vielleicht in der Kunstgeschichte der Zukunft etwas differenziertere Diskurse lesen können.

  • Albrecht Pohlmann
    24.09.2009 20:08

    Neulich kam ich mir fast wie ein Archäologe vor, bloß weil ich auf die Seite von amerikanischen Fotoenthusiasten geraten war, die ihre Internet-Forumsbeiträge über Experimente mit alten fotografischen Verfahren seit Anfang der 1990er Jahre archiviert und ins Netz gestellt hatten. - Aber wie viele tun das? Also bei allem Spott - mir kommt dieses "Gedächtnis der Welt" ziemlich vergeßlich vor. Das Problem der Langzeitspeicherung ist überhaupt noch nicht gelöst, und mir scheint es mitunter, als machten wir uns auch vor lauter Begeisterung über den Fortschritt nicht viele Gedanken darüber (von einer Minderheit der Archiv- und BibliotheksmitarbeiterInnen abgsehen).

  • keimelion
    24.09.2009 06:03

    Das kann vor allem dann hilfreich sein, wenn man später die eigene Korrespondenz in einer digitalisierten Fassung im Netz veröffentlichen will, um davon eine Paper-Ausgabe auf den Markt zu bringen, die man dann herunterladen und ausdrucken kann und sie ins Regal just neben den ersten Ausdrucken der bereits verschickten und digitalisierten Emails stellen darf. Ich glaube, das nennt sich "Selbstreferenzialität des Mediums".

Kommentar

Kontakt

Kommentar

Absenden