blog.arthistoricum.net

Werkzeuge in der traditionellen Kunst - Arten (1)

Grundsätzlich lassen sich in der traditionellen Kunst drei Arten von Werkzeugen unterscheiden, die alle als Erweiterung der menschlichen Hand in ihren Fähigkeiten verstanden werden können:

 

1. abtragende Werkzeuge: also solche, mit denen Material entfernt wird, wie z. B. der Meißel des Bildhauers oder der Grabstichel des Kupferstechers.

 

2. verformende Werkzeuge: also solche, die das Material verformen, wie z. B. Modellierholz oder Radiernadel (bei der Kaltnadelradierung).

 

3. auftragende Werkzeuge: also solche, die auf ein Trägermaterial zusätzliche Substanz auftragen, wie z. B. Pinsel, Zeichenfedern oder Stifte.

 

Diese säuberliche Trennung läßt sich in der Praxis der zahlreichen Verfahren nicht aufrechterhalten, die Funktionen der Werkzeuge mischen sich oder verlieren in mehrstufigen Verfahren ihren direkten Charakter: so kann das Modellierholz auch zum An- oder Abtragen der Modelliermasse verwendet werden, bei den Ätzverfahren wird mit der Radiernadel das Material - hier: der Asphaltlack - herausgekratzt und nicht nur, wie bei der direkten Arbeit im Metall, verdrängt.

 

Bei den Ätzverfahren ließe sich denn auch fragen, ob die Säure nicht auch in gewisser Weise Werkzeugfunktion innehätte: je nach Konzentration und Einwirkzeit läßt sich mit ihr die Tiefe der Ätzung beeinflussen.

 

Auch Pinsel können abtragende oder verdrängende Funktion haben, wenn mit Zwinge oder Stiel Farbsubstanz wieder herausgekratzt oder wenn beim Aquarell Partien ausgewaschen werden.

 

Die Kategorisierung läßt auch eine Reihe weiterer Instrumente außer acht, die zwar keine bild-, wohl aber strukturgebende Funktion haben, so wie das Rädchen für die Aufrauhung des Grundes bei der Schabkunst oder das Scharriereisen bei der Steinbildhauerei.

 

Betrachten wir nach diesen Unterscheidungen die Hand, so stellen wir fest, daß sie in mehr oder weniger vollkommener Weise die drei Grundfunktionen selbst erfüllt: Fingerkuppen und -nägel vermögen Material bis zu einem gewissen, sehr niedrigen Härtegrad abzutragen, sie vermögen es ebenso zu verdrängen und zu verformen - viele Plastiker verwenden bloße Hand und Werkzeug im Wechsel. Ebenso lassen sich Farben oder Modelliermasse mit dem Finger auftragen oder verwischen - es gibt zahlreiche Beispiele in der Malereigeschichte für letztere Funktion.

0 Kommentar(e)

Kommentar

Kontakt

Kommentar

Absenden