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Millennium Park Chicago II: Anish Kapoors 'Bohne'

Das 'Cloud Gate', vom Amerikanischen Volksmund bereits "The Bean" getauft, ist eine organisch geformte, ca. zehn Meter hohe und zwanzig Meter breite Skulptur aus poliertem Edelstahl, die - laut Information auf der Website des Millenium Parks - an einen Quecksilbertropfen erinnern soll - der Kunsthistorikerin erscheint es vor allem, als hätte Kapoor hier eine gelungene Anleihe bei Tony Cragg gemacht.

 

 

Wie der Titel suggeriert, strebte Kapoor wohl primär - wie in all seinen Spiegelprojekten - die Spiegelung des Himmels an. Die Bezeichnung als Tor macht jedoch deutlich, dass es auch um materielle (Architektur referenzierende) Form und um eine Einbeziehung der Besucher geht. Tatsächlich spiegeln sich in der geschwungenem Form, die in der Mitte einen Durchgang erlaubt, zwar in phantastischer und immer wieder neuer Weise sowohl der Himmel als auch die Chicagoer Skyline, vor allem aber die Besucher des Parks. Dies führt dazu, dass das Cloud Gate wohl zur Zeit der Ort mit der höchsten Foto-Dichte der Stadt ist, sieht man sich hier doch nicht nur auf verschiedenste Weise verzerrt, sondern kann sich selbst in seiner Wahrnehmung dieser Verzerrungen fotografisch festhalten. Beobachtet man das rege Treiben um die Skulptur ein wenig, so scheint es  fast, als müssten wir den im Februar vorgestellten möglichen Definitionen von Medienkunst noch eine weitere hinzufügen, die der „Kunst für Medien". Muss man doch fragen, ob die Einladung zum fotografischen Spiel mit der Skulptur die fotografierenden Besucher nicht eigentlich zum Teil der Arbeit macht, womit sie dann eine partizipative Medien-Installation wäre?

 

Ich will damit keineswegs, wie es scheinen könnte, zwanghaft vollständig analoge Arbeiten als Medienkunst vereinnahmen. Vielmehr offenbart Kapoors Skulptur ähnlich wie Plensas Brunnen eine Selbstverständlichkeit der medialen Durchdringung unserer Kultur, in Anbetracht derer man eben nicht ausschließen möchte, dass eine Arbeit bereits im Hinblick auf die durch sie ermöglichten massenhaften individuellen und kollektiven fotografischen Bildinszenierungen und Selbstporträts erstellt worden sein könnte.

 

1 Kommentar(e)

  • Matthias Weiß
    07.08.2009 10:08

    Ich bin anderer Auffassung, ansonsten ließe sich auch good old Mona als "Medienkunst" auffassen. Ich denke, da reicht es nicht, zu konstatieren, dass biomorphe Spiegelflächen den Finger am Auslöser reizen. Nächster Punkt: Woran partizipieren die Fotografen denn? Sie fotografieren auf den optischen Reiz und die prominente Platzierung hin. Auch der eine oder andere Arp lässt vergleichbare Erfahrungen zu. Es fehlt eine künstlerische Gestaltung einer partizipativen Oberfläche, beispielsweise ein Interface zum Upload oder was immer sich in Digitalien oder mit Kommunikationsschnittstellen denken und realisieren ließe. Überdies reflektiert das Werk ja nichts Mediales, weder einen Diskurs noch Prozesse. Es ist in meinen Augen eine Plastik wie sie klassischer nicht sein könnte. Jedoch die Dimensionen, ja die sind schockierend.

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